Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht
wurde grimmiger – »Sie dran.«
Succorso stieß einen Laut aus, der einem mißratenen Auflachen ähnelte. »Ach, sie nehmen ihn, keine Bange. Er ist ’n Mensch, deshalb ist er wertvoll für sie, egal in welcher Verfassung. Es geht ihnen darum, ihn zu untersuchen, sie möchten feststellen, welche Wirkung Morns Z-Implantat auf ihn hatte. Daran hat sich nichts verändert. Wenn die Resultate ihnen nicht in den Kram passen, können sie doch nicht mir die Schuld beimessen. Hier.«
Er griff in die Tasche und holte eine Id-Plakette an einer dünnen Kette heraus. »Das Ding gehört Morn. Zum Zeichen meines guten Willens laß ich’s bei Ihnen.« Belustigung oder Geringschätzung verzogen ihm den Mund. Mit dem Kinn wies er auf Davies. »Ich schaffe ihn zu den Amnion. Dann bringe ich Ihnen Morn.«
Die Id-Plakette stammte wirklich von Morn: Angus erkannte die eingeprägte VMKP-Insignie auf den ersten Blick.
»Falsch.«
Zu blitzartig, als daß Succorso es zu verhindern vermocht hätte, erhaschte er das Kettchen. Succorso spannte die Muskeln, als beabsichtigte er Angus anzuspringen. Doch nahezu unverzüglich zwang er sich zur Selbstbeherrschung. Möglicherweise gab die unnatürliche Schnelligkeit der Reflexe Angus’ ihm zu denken.
Angus umkrallte die Id-Plakette so fest, daß seine Faust bebte, wartete insgeheim nur auf einen Angriff Succorsos, hätte ihn am liebsten ausdrücklich dazu ermuntert. »Zuerst bringen Sie sie her«, zischte er ihm ins Gesicht. »Dann kriegen Sie den Jungen.«
Langsam streckte Davies einen Arm. Er preßte die Handfläche flach aufs Deck.
An Succorsos Wangenmuskeln fing ein Tic zu zerren an, straffte ihm die Narben, bis jede einzelne Zuckung einem knappen Feixen glich. »Beim Arsch der Galaxis, Taverner«, fragte er, ohne die Aufmerksamkeit von Angus zu wenden, »was ist hier eigentlich los?«
»Woher soll ich das wissen?« Taverner seufzte; sein Seufzen war nichts als ein verschleiertes Stöhnen. »Seit wir in der Parkbucht ankern, macht er, was er will.«
»Dann reden Sie ihm gut zu«, forderte Succorso durch die Zähne. »Sie könnten mich ruhig mal ’n bißchen unterstützen. Ich hab alles getan, was ich konnte, um Ihnen zu Reichtum zu verhelfen. Sie verplempern hier Geld, das Sie durch mich eingeheimst haben. Sie sind mir was schuldig, Taverner. Er ist doch von Ihnen aus ’m Knast befreit worden, oder nicht? Sie müssen doch irgendein Druckmittel gegen ihn in der Hand halten. Jetzt ist für Sie die Gelegenheit da, um sich mir erkenntlich zu zeigen.«
Milos Taverner schnippte seine Nik aufs Deck. Seine Hände zitterten, während er die nächste Nik hervorklaubte, sie entzündete. Trotzdem klang seine Stimme beinahe nach Selbstsicherheit, fast ruhig. »Sie sind schon ’n toter Mann, Succorso«, gab er zur Antwort. »Nur Dummköpfe zeigen sich Kadavern erkenntlich.«
Der Tic in Succorsos Wange verstärkte sich, indem sein Gehabe der Nonchalance den Charakter änderte: eine Art wachsamer innerer Stille kam über ihn. Nicht zum erstenmal erinnerte er Angus an eine biegsame, gefährliche Natter. Doch in seinen Augen standen ein gespenstischer Ausdruck der Bedrängnis, eine Andeutung des Verzweifelns. Er hätte ein Ertrinkender sein können.
Sein Blick huschte durch die Steuerbrücke, als suchte er nach einer Waffe. »Schönes Schiff«, kommentierte er anerkennend. »Sie haben sich ’n großen Gefallen getan, als Sie’s kaperten… Es macht viel mehr her als der andere Schrottkahn.«
Dann gelang es ihm, Angus’ feindseligen Blick erneut zu erwidern.
»Ich traue Ihnen nicht, Kaptein Thermogeil. Ich weiß zuviel über Sie. Wie können Sie von mir erwarten, Ihnen zu glauben, daß Sie unsere Abmachung nicht übern Haufen werfen, sobald Sie Morn wieder in Ihren Pfoten haben?«
»Ich erwarte es gar nicht.« Obwohl Angus die Faust auf das Kommandopult senkte, hoffte er noch immer, daß Succorso ihn angriff. »Vielleicht werden Sie genau das erleben. Diese harmlose kleine Gemeinheit ist Ihre Strafe, weil Sie mir verschwiegen haben, daß er mein Sohn ist… Weil ich von Ihnen nicht gewarnt worden bin. Er verläßt dieses Raumschiff nicht, bevor Sie Morn Hyland an Bord gebracht haben.«
Jetzt starrte Davies seine auf Deck liegende Hand an statt Succorsos Stiefel. Sichtlich schmerzlich, von Krämpfen steif, streckte er auch den zweiten Arm und ein wenig die Knie.
Succorso hob die Finger an die Wange und rieb sie sich, anscheinend ohne sich darüber im klaren zu sein. Düsternis erfüllte
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