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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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unverkennbar. Er spitzte die Lippen und pfiff leise durch die Zähne. »Also hat unser teurer Godsen Frik vor seinem Abgang doch noch die Tugend der Treue entdeckt. So etwas hätte ich nicht für möglich gehalten.«
    »Und genau darum ist er ermordet worden«, konstatierte Warden in barschem Ton. »Weil er plötzlich diese Tugend entdeckt harte.«
    Hörst du auch gut zu, Hashi? Verstehst du, was ich dir sagen will?
    »Aha«, nuschelte Hashi Lebwohl, während er die Implikationen durchdachte. »Dann verdient er es vielleicht doch, daß man um ihn trauert.«
    Warden Dios rang sich dazu durch, eindeutig klarzustellen, auf was es ihm ankam. »Passen Sie auf, Hashi, daß Ihnen nicht das gleiche zustößt.«
    Der DA-Direktor reagierte mit einem Lächeln, bei dem seine blauen Augen ihren kalten Ausdruck beibehielten. »Ich habe keine Furcht. Frik befand sich in einer völlig anderen Situation als ich. Niemand außer Ihnen hat je irgendeine Veranlassung gehabt, an meiner Verläßlichkeit zu zweifeln.«
    Er deutete eine Verbeugung an, ehe er zur Tür ging und darauf wartete, daß sein Chef sie ihm aufmachte.
    Aber als die Schlösser und Versiegelungen sich öffneten, drehte er sich noch einmal dem Polizeipräsidenten zu. »Mir geht gerade durch den Kopf«, sagte er in grüblerischem Ton, »daß die Amnion mit der Schnellwachstumsmethode unmöglich ein Bewußtsein züchten können.«
    Warden geriet in Zeitnot. Und er hatte noch Entscheidungen zu treffen; Entschlüsse zu fassen, von denen etliche Menschenleben abhingen, nicht zuletzt sein eigenes Leben. »Zu der Erkenntnis bin ich auch schon gelangt«, bemerkte er unwirsch.
    Hashi Lebwohl ließ sich nicht beirren. »Nach allem, was wir über ihre Methodik auf anderen Gebieten wissen, dürfte es jedoch eine einleuchtende Annahme sein, daß sie eins zu kopieren imstande sind. Wenn Davies Hyland also eine Psyche hat, muß sie ursprünglich von jemand anderem stammen.«
    »Pfiffig gedacht«, grummelte Warden. »Und von wem? Etwa von Nick Succorso?«
    »Ich glaube nicht.« Hashi Lebwohl sann weiter über die Frage nach; jedoch waren seine Emanantionen ruhig geworden, und seine Stimme klang nach Zuversicht. »Können Sie sich vorstellen, daß Kapitän Succorso sich einem solchen Verfahren unterwirft? Bestimmt hätten die Amnion ihm keine Garantie geboten, daß sein Verstand bei dem Kopiervorgang intakt bleibt. Es kommt mir sogar reichlich unwahrscheinlich vor, daß Davies Hyland irgendeinem gewöhnlichen Menschen soviel bedeuten kann, daß er für ihn die Risiken eines derartigen Verfahrens auf sich nimmt.«
    Lebwohl warf Warden einen vielsagenden Blick zu, aber wartete nicht auf eine Antwort. Er streckte die Hand aus, öffnete die Tür; und im nächsten Moment war er fort.
    Doch er hatte Warden den dringend gesuchten Hinweis gegeben; nachdem die Tür sich hinter Lebwohl geschlossen hatte, lag im plötzlichen Schweigen die Lösung des Problems geradezu in der Luft, als böte er eine Wiedergutmachung an.
    Hashi Lebwohl, du gottverdammter Scheißkerl, du bist ein Genie.
    Davies Hyland mußte ein Bewußtsein haben; und zwar ein menschliches Bewußtsein. Andernfalls wäre es den Amnion nicht so wichtig, sich ihn zurückzuholen; keinesfalls dermaßen bedeutsam, um durch eine Hatz auf die Posaune offenen Krieg zu riskieren. Das war ein entscheidender Aspekt. Hätte er den Geist eines Amnioni, wäre er ihnen erst gar nicht abhanden gekommen.
    Woher also hatte er ihn? Wessen Geist hatte er?
    Wer mochte ihn als wertvoll genug erachtet haben, um die Gefahr des Wahnsinns oder eines völligen Zusammenbruchs in Kauf zu nehmen? Welcher Mensch brachte zu so etwas die Bereitschaft auf?
    Nur Morn Hyland kam in Frage.
    In Davies Hyland steckte das Bewußtsein seiner Mutter.
    Warden konnte es sich nicht leisten, sich nun in aller Ausführlichkeit darüber den Kopf zu zerbrechen. Er stand bedrohlich dicht davor, das Funkfenster zu Min Donner zu verpassen; die Befolgung der Befehle Holt Fasners zu versäumen. Und falls er lange genug zögerte, um sich neue Hoffnung einzureden, wühlte sie ihn vielleicht derartig auf – oder lähmten ihn Zweifel so stark –, daß ihm womöglich die eine, kleine Chance entging, die er noch sah.
    Klein? Sie war nicht klein: vielmehr war sie winzig. Unendlich winzig bis zum Nichtvorhandensein.
    Dennoch beabsichtigte er das Wagnis einzugehen. Andere Wege konnte er nicht mehr beschreiten.
    Er setzte sich im Sessel zurecht. Ans Computerterminal gehockt, formulierte er Holt

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