Amnion 4: Chaos und Ordnung
»daß er auf Thanatos Minor in eine komplizierte Situation geraten mußte. Dort hielt sich nämlich schon ein Mann mit Namen Nick Succorso auf, mit seinem Schiff Käptens Liebchen. Er zählt zu Lebwohls weniger zuverlässigen Agenten. Meistens spielt er den Illegalen, tatsächlich ist er jedoch für die DA tätig. Aus diesem Grund hat er ein ›Antimutagen-Immunitätsserum‹ in seinem Besitz…«
»Ich hatte gar keine Ahnung«, knurrte Dolph, »daß es ein solches Mittel gegen Mutagene gibt. An sich ist so was eine zu hochbedeutsame Entdeckung, um sie geheimzuhalten.«
Mit düsterer Miene hob Min die Schultern. »Dazu äußere ich mich später. Lassen Sie mich eins nach dem anderen erzählen… Succorso flog von Station Potential nach Thanatos Minor. Fragen Sie nicht warum – ich weiß beim besten Willen nicht, was er sich dabei gedacht hat, zu den Amnion zu fliegen. Jedenfalls bin ich der Meinung, daß die Amnion dadurch von dem Medikament erfahren haben und daß Succorso dadurch über ihre biologischen Hochbeschleunigungsexperimente Bescheid weiß. Als nächstes muß es Succorso gelungen sein, einige Besatzungsmitglieder der Käptens Liebchen zu retten, bevor Thanatos Minor explodierte. Wäre das alles, reichte es den Amnion bestimmt nicht aus, um einen kriegerischen Konflikt zu riskieren. Aber Sie kennen ja die Meldung, Sie wissen, es kommt schlimmer. Kapitän Thermopyle hat gegenwärtig eine reichlich buntscheckige Gruppe von Leuten an Bord. Schon die Tatsache, daß zu ihnen auch Succorso gehört, ist eine beträchtliche Überraschung, berücksichtigt man, daß Hashi Lebwohl Kapitän Thermopyle nie in die Hand gekriegt hätte, wäre er nicht von Succorso in die Falle gelockt und wegen eines Verbrechens verurteilt worden, das er gar nicht begangen hat. Aber das ist noch nicht alles. Morn Hyland ist OA-Mitarbeiterin.«
Vor Verblüffung sackte Dolph das Kinn nach unten; doch Min ließ ihn nicht zu Wort kommen.
»Thermopyle hatte sie nach der Havarie des VMKP-Zerstörers Stellar Regent aus dem Wrack geborgen. Dann ist sie ihm von Succorso weggeschleppt worden. Einer von beiden muß sie geschwängert haben, und deshalb hat sie jetzt einen Sohn… Per ›Schnellwachstumsverfahren‹ hat sie ihn gekriegt, wie diese Methode auch aussehen mag.« Bei dieser Vorstellung wurde Min zum Kotzen zumute. »Anscheinend sind dabei Erscheinungen aufgetreten, die die Amnion nicht geahnt hatten. Jetzt wollen sie sich den Sohn zurückholen, weil sie glauben, er verkörpert den Schlüssel dazu, Amnion in menschlicher Gestalt zu replizieren. Und das wäre die einzige Waffe, die es ihnen ermöglichen könnte, uns zu vernichten.« Voller Grimm erwiderte sie Dolphs Blick. »Genügt Ihnen das? Nehmen Sie mir jetzt ab, daß die Posaune Schutz benötigt? Glauben Sie jetzt, daß die Amnion unter diesen Umständen bereit sind, einen Krieg zu riskieren?«
Ubikwe räusperte sich mit einem kehligen Laut. »An der Stelle der Amnion wäre ich allemal bereit… Und allmählich beschleicht mich das Gefühl, einer von denen zu sein.«
Min löste mit einer Willensanstrengung die Hand von der Waffe und hob den Kaffeebecher an den Mund. »Was soll denn das heißen?«
»Nein, erzählen Sie bitte die ganze Geschichte zu Ende«, entgegnete Dolph mürrisch. »Ich bin danach dran.«
»Na gut.« Versonnen schaute Min in den Becher, als könnte der bloße Anblick des Kaffees ihre Nerven beruhigen. »Wie Sie wollen.«
Was hat sich ereignet, während ich geschlafen habe? Was geht vor?
»Weshalb ich hier bin, hat einen recht einfachen Grund.« Wenigstens bei vordergründiger Anschauung. »Die VMKP braucht jemanden am Brennpunkt des Geschehens, der die erforderlichen Entscheidungen treffen und durchsetzen kann. Eine Person mit der Autorität, überall Unterstützung anfordern zu können. Und Sie sind hier, weil die Rächer das einzige abkömmliche Raumschiff war. Daß Thermopyle Massif 5 anfliegt, wußte ich nicht. Aber ich kann Ihnen sagen, wie es soweit kommen konnte, und ich habe meine Vermutungen, warum es dahin kam. Thermopyle ist ein Cyborg. Gleichzeitig ist er einer der miesesten Illegalen, die ich kenne – und das bedeutet natürlich, man darf ihn bei einer solchen Aktion nicht nach Gutdünken vorgehen lassen. Also hatte man ihm einen Begleiter mitgegeben, der ihn quasi am Zügel führen, gemäß den Veränderungen der Situation seine Programmierung modifizieren sollte. Dieser Begleiter war Milos Taverner, der Mann, der inzwischen zum Verräter
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