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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Morn.
    Mikka gab Ciro mit einem Schubs zu verstehen, daß er ihr folgen sollte. Sib und Vector befanden sich schon unterwegs zum Ausgang.
    Während Davies über ihm die Brücke durchquerte, gewahrte er flüchtig ein weiteres Mal die krasse Qual in Angus’ Augen.
    Auch sein Vater brauchte ihn.

 
DAVIES
     
     
    Einerseits brauchte Angus ihn; doch gleichzeitig würde er ihn, falls er ihm beizustehen versuchte, also gegen Nick handelte, ohne zu zögern töten.
    Nein. Darüber nachzudenken konnte Davies sich momentan nicht leisten. Eines nach dem anderen. Noch zwanzig Minuten, bis die Posaune in die Tach überwechselte. Zwanzig Minuten Frist, um Mikkas, Vectors und die eigenen Verletzungen zu verarzten. Zwanzig Minuten Zeit, um irgendwo in der straff abgerundeten Schutzhülle ihres Körpers Morn anzusprechen.
    So behutsam wie nur möglich legte er den unversehrten Arm um sie und bugsierte sie in die Richtung der Konnexblende.
    Allerdings ergaben sich, weil er mit dem einen Arm Morn umfing und den anderen Arm gebrochen hatte, bei den erforderlichen Bewegungsabläufen Schwierigkeiten. Ungeschickt wollte er am Oberende des Aufgangs bremsen, indem er ein Bein um ein Geländer schlang, doch die Massenträgheit bewirkte, daß er übers Geländer torkelte und ihm ein Aufprall an den Stufen drohte. In dieser Verfassung war er nutzlos, nutzlos, er war nicht einmal noch fähig, sich unter Nullschwerkraftbedingungen fortzubewegen, bestimmt zog er sich neue Verletzungen zu, wenn er aufschlug…
    Sib Mackern schwang sich hinter Davies den Aufgang empor. Im letzten Moment gelang es Sib, seine Schulter zwischen Davies und die harten Stufen zu schieben. Grelle Blitze der Pein schossen durch Davies’ Sicht, als beim Anprall seine und Morns gemeinsame Masse die gebrochenen Knochen stauchte. Dennoch milderte Sibs Körper einen Großteil des Aufpralls.
    Anscheinend war Sib unversehrt. Während Morn und Davies von der Treppe zurückwuchteten, sprang Mackern gleichzeitig aufwärts. Mit einer Hand packte er das Geländer, die andere Faust klammerte er an Davies’ Bordmontur.
    »Danke«, nuschelte Davies ins lichte Flammen der Phosphene.
    Sib ersparte sich eine Antwort. Ein Ausdruck des Jammers hatte sich seinem Gesicht eingekerbt.
    Sibs Zugriff gestattete Davies das Beibehalten der Richtung, während er Morn zum Krankenrevier beförderte.
    In seiner Brust schwoll ein Druckgefühl an: möglicherweise hatte er innere Blutungen. Weil neurale Eruptionen ihm die Sicht beeinträchtigten, glich der Korridor für ihn einem langen, düsteren Tunnel, der ins Dunkel mündete. Das kleine Krankenrevier der Posaune lag in der Nähe des Hecks, abgesondert von den durch die Besatzung stärker frequentierten Bereichen zwischen Kombüse und Steuerbrücke, zwischen Kabinen und Lift. Irgendwie mußte es möglich sein, dort hinzugelangen. Schmerzen waren nur Schmerzen: er müßte dazu fähig sein, sie für ein, zwei Minuten zu mißachten.
    Angus’ Z-Implantate und Computer erklärten seine Schnelligkeit, aber nicht die übermenschliche Kraft seiner Schläge. Körperkräfte wie ein wahrer Goliath. Er mußte zudem andere Hilfsmittel verfügbar haben.
    Unvermutet hob Morn den Kopf. Ehe Davies merkte, daß sie sich regte, hatte sie schon den Arm ausgestreckt und einen Haltegriff erhascht.
    Verdutzt krallte Sib Mackern sich instinktiv in Davies’ Bordmonrur. Beide rotierten sie im Halbkreis um Morn und gelangten am Schott zum Halt.
    »Morn?« krächzte Davies. Dann riß er in plötzlicher Panik den Kopf herum, sein Blick erforschte den Korridor. Er wollte nicht riskieren, von Nick belauscht zu werden, ihm etwaige Einlassungen Morns preiszugeben. Wo hing das nächste Interkom-Gerät? Natürlich, vor jeder Kabinentür befand sich ein Apparat: hier, da, dort. Weitere Geräte sah Davies in größerer Entfernung. Aber sie waren alle ausgeschaltet. Die Lämpchen der Betriebsanzeige leuchteten nicht.
    »Morn?« raunte Davies ein zweites Mal. Einen Moment lang empfand er eine so kindliche Furcht, daß er sich sorgte, er müßte in Tränen ausbrechen.
    Sie schaute ihn kurz an, warf ihm einen raschen Blick inständiger Bitte um Beistand zu. Danach wandte sie das Gesicht ab.
    In Mikkas Begleitung erreichten Vector und Ciro den Hauptkorridor. Doch sobald sie Morn sahen, grapschten sie nach Haltegriffen oder hielten sich einer am anderen fest, taten alles, um sich abzubremsen. Gleich darauf scharten sie sich um sie, Schulter an Schulter mit Davies und Sib.
    »Morn…« Mikka

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