Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
einen Moment, um ihre Kräfte zu sammeln. Die Brückencrew hatte Furcht; man sah es ihr an. Sämtliche Besatzungsmitglieder hatten Bammel. In unterschiedlichen Abstufungen schienen sie allesamt an der gleichen Furcht zu leiden, die Sorus bei Ciro Vasaczk hervorgerufen hatte.
    Aber gerade jetzt mußte Sorus einen selbstbewußten Eindruck machen; hatte sie zu wirken, als wäre sie ihrer Sache völlig sicher. Retledge verstand ihre Stimme genauso gut zu deuten, wie sie seine Stimme kannte.
    »Ich habe wirklich gesagt«, erwiderte sie, »daß ich keinen Ärger möchte. Das heißt, wenigstens nicht im Einflußbereich des Labors. Von anderen Aspekten mal ganz abgesehen, lege ich keinen Wert darauf, womöglich bei meinem nächsten Besuch unwillkommen zu sein.«
    Unwillkürlich blickte sie Milos Taverner an; doch seine Miene gab nichts preis. Er trug noch immer die Sonnenbrille, die sie ihm vor einiger Zeit ausgehändigt hatte. Hatte er vergessen, sie abzusetzen? Konnte ein Amnioni etwas vergessen? Doch auch wenn er sie abgenommen hätte, wäre aus seinem teigigen Gesicht und den fremdartig gewordenen Augen nichts zu ersehen gewesen. Gemetzel an Menschen hatten für ihn keine Signifikanz mehr.
    »Aber ich habe auch erklärt«, fügte Sorus hinzu, »daß es der größte Fehler meines Lebens gewesen ist, Succorso das Leben zu schenken.« Sie schwieg kurz. »Ich möchte, daß du mir dabei hilfst, diesen Fehler zu korrigieren.«
    Die Funkwellen schwirrten durch ein halbes Dutzend oder mehr Relaisstationen, bevor sie Retledge erreichten. Durch die Entfernung und störende Statik klang seine Antwort sonderbar tonlos.
    »Wie könnte ich dazu beitragen?«
    »Mit der Erlaubnis zur Umkehr und mit der Beantwortung einiger Fragen«, erklärte sie.
    »Welcher zum Beispiel?« erkundigte Retledge sich aus der Weite des Dunkels.
    »Zum Beispiel: Ist er inzwischen abgeflogen? Wie lang ist es her? Und welchen Kurs habt ihr ihm zugewiesen?«
    Wo in diesem ruhelosen Tumult zum Untergang verurteilter Felsbrocken verbarg sich die Posaune? Wieviel Zeit hatte Sorus, um alles zu vollbringen, was die Amnion von ihr verlangten?
    »Chatelaine, du weißt« – Statikgeräusche verzerrten Retledges Stimme –, »daß wir derartige Informationen nicht bekanntgeben. Wir bieten hier ein stationäres Ziel. Unsere Artillerie ist ein gewisser Schutz, aber wir benötigen darüber hinausgehende Sicherheit. Darum tun wir aus grundsätzlichen Erwägungen alles, was wir können, um zu jedem Raumschiff, das uns besucht, gute Beziehungen zu haben. Auch wenn die Kapitäne dieser Schiffe untereinander keine ausgesprochene Freundschaft pflegen.«
    Ließ sich seiner Entgegnung Ärger anhören? Sorus konnte es nicht unterscheiden. Für alle Fälle verlieh sie ihrem Ton einen beschwichtigenden Anklang.
    »Dafür habe ich natürlich volles Verständnis, Retledge. Dummerweise stehe ich trotzdem vor einem Problem. Es ist abzusehen, daß Succorso die Absicht hat, mich zu überfallen. Er bleibt für mich eine Gefahr, solang er lebt.« Sie gab ihrer Stimme einen sanfteren Klang. »Was kann ich dir anbieten, damit du dich dahin durchringst, mir zu helfen?«
    Milos Taverner lauschte ihr, als wäre er blind.
    »Chatelaine«, versicherte Retledge, »du erhältst die Erlaubnis zur Rückkehr, wenn dir wirklich daran gelegen ist. Kursdaten und Flugverkehrsinformationen folgen.«
    Der Steuermann starrte auf seine Kontrollkonsole, bis die codierten Daten eingingen. »Alles da, Kapitänin«, meldete er halblaut. Anscheinend war Retledge nicht verstimmt.
    Dennoch verzichtete er nicht auf eine Warnung. »Solltet ihr allerdings anstreben, hier euren Streit mit Kapitän Succorso auszutragen, verschwendet keine Zeit mit dem Rückflug. Wir möchten in euren albernen Zank nicht hineingezogen werden. Dann fliegt weiter und laßt uns in Ruhe. Ende.«
    Die Verbindung zur Kommunikationszentrale knisterte und erlosch.
    Du selbstgerechte Schweinebacke, dachte Sorus wüst. Verflucht noch mal, merkst du nicht, in welcher Verzweiflung ich stecke? Glaubst du, ich täte irgend etwas von all diesem Quatsch, hätte ich eine Wahl? Du bist schon so gut wie tot. Es würde dich nichts kosten, mir Hilfe zu leisten.
    Einen Moment später machte Schmerz in ihren Fingern sie darauf aufmerksam, daß sie die Fäuste ballte.
    Fahrt doch allesamt zur Hölle!
    »Auf den festgelegten Kurs einschwenken«, befahl sie mit einem Seufzer dem Steuermann. »Alle Sorgfalt beachten, aber Kurskorrektur so schnell ausführen, wie

Weitere Kostenlose Bücher