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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Interkom-Mikrofon.
    »Mikka, Ciro und Vector, gebt acht.« Sie gab sich keinerlei Mühe, um ihre Wut zu mäßigen; oder das Beben der Furcht und des Kummers zu unterdrücken, das ihre Stimme durchzog. »Ich habe wenig Zeit. Ihr wolltet informiert werden. Momentan kann ich euch nur das Folgende mitteilen…«
    Doch anscheinend verebbte während des Sprechens ihre Erregung; oder ging in der hochgradigen Konzentration auf, die sie jetzt wieder auf die Kommandokonsole richtete. Bei Satz um Satz klang ihre Stimme ruhiger, erneuerte sich die Kluft, die sie von Davies trennte.
    »Wir hatten einen Schußwechsel mit einem anderen Raumschiff, der Freistaat Eden. Es ist uns von Kassafort bekannt. Wir nehmen an, daß es mit der Sturmvogel kooperiert. Wir haben auf die Freistaat Eden gefeuert, und sie hat zurückgeschossen. Das war das erste Gefecht, die erste Hoch-G-Belastung, die ihr gespürt habt. Wir haben uns abgesetzt. Angus wußte nicht recht, wie er sie abweisen sollte, also sind wir in Gegenrichtung geflogen. Der Sturmvogel entgegen. Angus war der Meinung, einen Kampf mit ihr könnten wir eher durchstehen. Als wir ihr begegnet sind, haben wir’s mit Ausweichmanövern versucht. Aber dann ist der Pulsator-Antrieb ausgefallen. Weil wir nicht mehr bremsen konnten, sind wir mit einem Asteroiden kollidiert. Jetzt hat Angus sich auf eine andere Taktik verlegt. Auf welche, wissen wir nicht. Aber die Sturmvogel ist geblendet, wenigstens für ein paar Minuten. Die Posaune kann ein Dispersionsfeld erzeugen, das einen Materiekanonen-Strahl in Distorsion umformt. Momentan sieht die Sturmvogel uns nicht, und wir können sie nicht sehen. Also sind wir sicher, bis die Sturmvogel wieder Scanningresultate erhält. Dann dürfte sie voraussichtlich versuchen, uns zu kapern.«
    Rauh pflügte Morn die Hände durchs Haar, als müßte sie ihre Gedanken aus der Nähe der Kommandokonsole vertreiben, um die Informationen beenden zu können.
    »Falls Angus uns noch mitteilt, welchen Plan er verfolgt, und ich dazu die Zeit finde, erfahrt ihr’s von mir. Auf alle Fälle sorgen Davies und ich dafür, daß Sorus Chatelaine uns nicht in ihre Krallen bekommt. Sollte uns keine andere Alternative mehr offenstehen, will ich versuchen, dem Ponton-Antrieb eine Rückkoppelungsschleife zu programmieren, so daß wir die Sturmvogel, sobald sie nahe genug heran ist, vielleicht mit uns in die Tach reißen. Wir könnten das Hyperspatium nicht mehr verlassen, aber sie auch nicht. Behaltet die Nerven. Noch sind wir nicht erledigt.«
    Grob schaltete sie das Mikrofon ab und schenkte ihre volle Aufmerksamkeit wieder der Kommandokonsole.
    Fortgesetzt starrte Davies zu ihr hinüber. Er hatte das Gefühl, sie schon seit Stunden voller Schrecken oder Verwunderung zu beobachten. Doch als sie »dem Ponton-Antrieb eine Rückkoppelungsschleife zu programmieren« sagte, wurde seine Fassungslosigkeit mit einem Schlag umgemünzt.
    Die unbehebbare Identitätsdiskrepanz, die unter seinen Einwänden und Widersprüchen schwelte, unterzog sich einer sonderbaren, quasi tektonischen Verschiebung. Klar, eine Rückkoppelungsschleife. Warum hatte er nicht daran gedacht? Wenn sich in den Bordsystemen noch genügend residuelle Energie fand, hinlängliche Ladung in den Akkumulatoren…
    Eigentlich hätte die bloße Vorstellung einer solchen Handlungsweise ihm Schaudern einjagen müssen. Wenn Morns Hyperspatium-Syndrom ihr die Selbstvernichtung befahl, konnte sie den Ponton-Antrieb als Vernichtungswerkzeug benutzen und ihren sicheren Tod herbeiführen.
    Aber es grauste ihn nicht: seine tiefe Furcht verwandelte sich in Staunen. Daß Morn wußte, wie sich die Posaune vernichten ließ, war nur zum Teil ein auslösender Faktor seiner inneren Veränderung; lediglich der Katalysator. Überwiegend geschah sie infolge der Einsicht, daß er, wenn Morn eine Rückkoppelungsschleife zustande zu bringen wußte, es gleichfalls konnte. Er war selbst dazu fähig, das Raumschiff zu vernichten.
    Das bedeutete, falls Morn ums Leben kam oder wahnsinnig wurde, blieb ihm trotzdem eine Gelegenheit, um das Raumschiff und seine Freunde vor der Sturmvogel zu retten. Er hatte die Möglichkeit, es ihnen allen zu ersparen, in Amnion transformiert zu werden. Er hatte die Chance, sich dem Zugriff der Amnion zu entziehen.
    Im Zustand plötzlicher Erleuchtung erkannte er die wahre Natur der Leidenschaft, die seinem blutgierigen Rachedurst in bezug auf die Sturmvogel/Liquidator und Sorus Chatelaine zugrunde lag. Seine Wildheit

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