Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
den Kommandosessel schnallte.
    Er wußte nicht, was ihn stärker entsetzte: von Angus verlassen worden zu sein oder Morns Hände an der Tastatur des Kommandopults. Erinnerungen ans HyperspatiumSyndrom schwirrten ihm durch den Kopf, verhängnisträchtig wie ein Schwarm Raben: Klarheit und Untergang schienen mit Schwingen gegen die Innenwände seines Schädels zu stoßen.
    Wenn Morn unter Hoch-G-Belastung geriet, sprach das Universum zu ihr, gebot ihr die Selbstvernichtung; und sie gehorchte. So war die Natur des Lapsus beschaffen, den die seltsame Physik des Hyperspatiums im Gewebe ihres Gehirns evoziert hatte. Sie blieb dagegen machtlos. Die Stimme des Universums überwältigte jedes andere Bedürfnis, jeden sonstigen Wunsch.
    Aber natürlich stand die Posaune vor keiner hohen G-Belastung. Jetzt nicht und vielleicht nie wieder. Irgendwie hatte Angus den Pulsator-Antrieb demoliert oder sonstwie funktionsuntüchtig gemacht. Er hatte den Interspatium-Scout so wuchtig gegen den Asteroiden gelenkt, daß das Raumschiff fast aufgeborsten wäre.
    Anschließend hatte er die Flucht ergriffen, als hätte sein Interncomputer oder die alteingesessenen Schrecken seiner Seele ihm befohlen, das Weite zu suchen und sich andernorts auszutoben.
    Succorso ist verrückt. Aber er ist verdammt auch ’n Genie.
    Was, zum Teufel, sollte das bedeuten? »Gütiger Himmel, Morn«, ächzte Davies so dumpf, daß er sich selbst kaum verstand. »Tu’s nicht. Bitte nicht.«
    Anscheinend hörte sie ihn nicht. Oder es scherte sie nicht, was er sagte. Angestrengt konzentrierte sie sich auf die Kommandokonsole, ihre Finger huschten leicht und flink über die Tasten und Schalter, während sie sich darauf besann, was sie an der Polizeiakademie über Interspatium-Scouts der Kompaktklasse gelernt hatte. Das Haar baumelte ihr ungepflegt über die Davies zugewandte Gesichtshälfte, verbarg ihre Miene vor ihrem Sohn.
    »Morn…« Er mußte sie irgendwie zur Vernunft bringen. Irgendeine Möglichkeit, um sie zur Zurückhaltung zu überreden, mußte es geben; auf irgendein Zureden oder irgendeine Mahnung hatte sie doch einfach einsichtig zu reagieren. Davies’ Herz und alle seine Synapsen glühten, als hätte er das Zonenimplantat im Hirn und die Funktionen des Kontrollgeräts auf maximale Leistung gestellt, so daß sie ihn mit artifiziellem, rasereiartigem, unbeherrschbarem Drang nach immer nur dem Äußersten erfüllten; als stäke er noch in ihrem Leib, wände sich und zappelte im unfreiwilligen Tanz, zu dem die Emissionen des Z-Implantats ihn zwangen.
    »Morn«, setzte er, angetrieben von Noradrenalin, nochmals an, diesmal lauter. »Morn, hör zu! Wir müssen die Lage anders anpacken, erfolgversprechender. Es sieht ganz so aus, als ob Nick und Sib gescheitert seien. Wahrscheinlich sind beide tot. Und Angus hat sich verpißt. Nur wir zwei sind übrig. Mikka, Vector und Ciro liegen angeschnallt in den Kojen und sind wehrlos.« Und ebensowenig können sie uns helfen. »Alles hängt jetzt von uns beiden ab. Egal wie wir nun vorgehen, es sollte wenigstens eine gewisse Erfolgsaussicht bestehen. Sie haben es nicht verdient zu sterben, nur weil du am Hyperspatium-Syndrom leidest.«
    Morn erübrigte kaum Aufmerksamkeit für ihn. »Du glaubst«, raunte sie durch die filzigen Haarsträhnen, »ich sei der Sache nicht gewachsen.«
    »Ich hält’s für zu gefährlich«, rief Davies, dessen Anspannung und Zerrüttung zu groß waren, als daß er die Ruhe hätte bewahren können, »um so ein Risiko einzugehen.«
    Morn rückte. »Ich auch.« Ihre Hände prüften einen Computerbefehl auf seine Wirksamkeit. »Aber hast du eine bessere Idee?«
    Sie war unzugänglich geworden: ihre geballte Konzentration entrückte sie bis an den Rand der Taubheit. Das Ausmaß der Kluft, die sie rings um sich aufgerissen hatte, flößte ihm tiefe Betroffenheit ein. Vor einigen Augenblicken hätte er noch mehrere Alternativen vorzuschlagen gewußt. Jetzt jedoch schien sein Gehirn so leer zu gähnen wie sein offenstehender Mund. Seine Not war so schaurig, daß er keine Antwort über die Lippen brachte.
    »Angus ist nicht ausgerissen«, beteuerte sie so gelassen, als spräche sie aus einem anderen Sonnensystem zu ihm. »Er hat irgend was vor… Irgend etwas, das dermaßen ausgeklinkt ist, daß er’s selbst nicht hinkriegt, es zu erklären. Dafür muß er uns hier auf der Brücke haben… Er braucht unsere Hilfe. Oder kannst du etwa sämtliche Kontrollen des Raumschiffs allein bedienen?«
    Aus

Weitere Kostenlose Bücher