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Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Titel: Amnion 5: Heute sterben alle Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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weit voraus«, antwortete sie mit brüchiger Stimme. »Wäre er jünger und wüßte, was wir wissen, könnte er den ganzen Kuddelmuddel vermutlich ohne uns bereinigen. Wir brauchten gar keinen Finger zu rühren.«
    Aber nach dem tatsächlichen Stand der Dinge brauchte er sie: Darüber wußte sie Bescheid. Allein hatte er nicht die geringste Chance; nicht gegen Cleatus Fanes Korruptheit und Maxim Igensards Ambitionen. Außer sie führte Warden Dios’ Weisung aus. Und selbst dann mochte alles vergeblich sein, falls Sicherheitschef Mandich und Hashi Lebwohl nicht rechtzeitig Beweise vorlegen konnten.
    Aber indirekt war ihr von dem alten VWB-Konzilsdelegierten geholfen worden. Irgendwie hatte er die Natur des waghalsigen Risikos verändert, das sie in Warden Dios’ Namen einging.

 
MORN
     
     
    Mit Morn Hyland als Kommandantin, während Davies auf der Brücke Wache hielt und Mikka Vasaczk den Steuermann überwachte, flog die Rächer trotz der Beschädigungen ihre Bahn durch die Leere des Alls in Richtung Erde.
    Die Schäden hätten den Polizeikreuzer nicht daran gehindert, die Entfernung zur Erde schneller zurückzulegen. Aber Morn untersagte es Emmett, dem Steuermann, stärkeren als Ein-G-Schub für Kurskorrekturen oder zwecks Beschleunigung zu benutzen. Sie haben die Hölle erlebt, hatte sie zu Min Donner gesagt. Wir auch. Wir haben alle Erholung nötig.
    Infolgedessen kamen sie nur langsam voran. Das Raumschiff lediglich in die Flugrichtung zur Heimat einzuschwenken, dauerte mehrere Stunden. Und ohne höhere Beschleunigung konnte die Rächer ausschließlich kurze Hyperspatium-Durchquerungen durchführen; sie mußte häufigere, begrenzte Sprünge vornehmen.
    Eine zusätzliche Einschränkung war die durch Drallverschiebung bedingte Navigationsinstabilität. Auch in dieser Hinsicht gab Morn Anweisungen, die die Zielgenauigkeit des Kreuzers beeinträchtigten und Zeit kosteten; sie veranlaßte die Beibehaltung der Bordrotation, wenn die Rächer in die Tach überwechselte. Das wäre unter jeglichen Umständen gefährlich gewesen. Bordrotation erhöhte die Massenträgheit des Raumschiffs und verringerte die Präzision, mit der es auf Steuerbefehle reagierte. Darum mußte man sich auf unerfreuliche Überraschungen beim Rücksturz in die Tard gefaßt machen. In diesem Fall vervielfachte allerdings die Tatsache, daß der Innenrumpf des Raumers keine exakte Längsachsendrehung mehr ausführte, das Risiko in relevantem Umfang. Dadurch unterlag die Orientierung im eigenen Interspatiumfeld leichten Abweichungen: Bei den Hyperspatium-Durchquerungen traten Navigationsfehler von 200.000 oder sogar 400.000 Kilometern auf, und der Steuermann mußte jede Diskrepanz korrigieren, bevor das Raumschiff den nächsten Sprung wagen konnte.
    Für diesen Entschluß nannte Morn die gleiche Begründung wie für die andere Entscheidung: Wir haben keine Eile. Wir sind müde und brauchen normale Schwerkraft. Und damit hielt sie sich an die Wahrheit. Menschliche Leiber waren für G-Bedingungen geschaffen. Andauernder Schwerkraftmangel ermüdete sie.
    Darüber hinaus war diese Region des Weltalls, argumentierte Morn, gründlich kartografiert. Und die Rächer blieb abseits der Hauptflugrouten, so daß kaum eine Wahrscheinlichkeit bestand, anderen Raumschiffen zu begegnen. Folglich verminderte sich die eigentliche Aussicht auf unschöne Überraschungen wesentlich.
    Den Rest ihrer Gründe behielt Morn für sich.
    So vertickte die Zeit langsam, war voll bleiernen Wartens, dehnte sich ringsum schwerfällig die kalte Weite. Angus Thermopyle betätigte sich aus nur ihm bekannten Motiven an Bord der Posaune und hatte sich der Unterstützung des kuriosen Paars Kapitän Ubikwe und Ciro Vasaczk versichert. Morns übrige Begleitung – Davies, Mikka, Vector – beschäftigte sich, so gut sich dazu Gelegenheit bot.
    Davies behielt aus diskretem Abstand argwöhnisch Min Donner im Auge. Mittlerweile war seine Ablehnung überwunden, die ihn zuvor von Morn entfremdet hatte: Inzwischen stand er vollkommen zu ihr. Beharrlich tat er, was er konnte, um sie zu schützen.
    Dennoch war er durch seine Anwesenheit auf der Rächer in eine neue, andere Art innerer Widersprüchlichkeit gestürzt worden. Morn war sich darüber im klaren, obwohl er nichts gesagt hatte. Ihre Erinnerungen konstituierten einen Großteil seines Bewußtseins, ihre Erlebnisse hatten es geprägt. Und dieser Teil seiner Psyche war, wie es in der Natur der Sache lag, von den Wandlungen, die Morn seit

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