Amnion Omnibus
daher wußte sie um die Durchführbarkeit. Aber jeder Verfolger, der das Hyperspatium durchquerte, um die Käptens Liebchen einzuholen, hätte eine Überraschung erlebt: Das Raumschiff war längst weit von sämtlichen Trajektorien abgewichen, die man auf der Station für es errechnen konnte, und es wich ununterbrochen weiter davon ab. Schub aus Steuerdüsen schoß ins Vakuum, lenkte den Raumer ganz allmählich auf den Kurs, der ihn an sein eigentliches Ziel bringen sollte.
Nick Succorso beließ nur eine Minimalbesatzung für drei Posten im Kommandomodul: Schiffsführung, Scanning, Datensysteme. Für den Rest der Crew veranstaltete er eine Party.
Um die Rettung einer so wunderbaren, bemerkenswerten Frau wie Morn Hyland zu feiern, nannte er als Anlaß. ›Aus den dreckigen Greifern des widerwärtigen Düsenfickers Kaptein Thermogeil‹, sagte er.
Und zur Feier des ersten Urlaubs, den Schiff und Besatzung je hatten, fügte er hinzu. Die Vorräte der Käptens Liebchen enthielten eine beachtliche Auswahl von alkoholischen Getränken und Drogen aller Art. Es dauerte nicht lange, bis fast alle Personen an Bord entweder betrunken oder anderweitig berauscht vor sich hinduselten.
Das enthob Morn bis auf weiteres einer Reihe ihrer Probleme.
Doch Sauferei und sonstige Ausschweifungen dienten nur als vorübergehende Lückenbüßer, als eine Methode für Männer und Frauen, die kein Z-Implantat hatten, aber eine Übergangsperiode ertragen mußten. Sobald sie vorbei war und man die Nachwirkungen durchlitten hatte, sah Nicks Crew sich vor einer neuen Schwierigkeit.
Für sie galt es, sich etwas auszudenken, um die Zeit zu vertreiben.
Lange Flüge war sie nicht gewöhnt. Die Käptens Liebchen war eine Interspatium-Barkentine mit Ponton-Antrieb, kein Frachter, wie sie gemächlich innerhalb der Sonnensysteme verkehrten. Seit Nick sie flog, hatte sie aller Wahrscheinlichkeit nach nie mehr als einen Monat außerhalb einer Astro-Reede zugebracht. Die Besatzung mußte sich etwas einfallen lassen, um sich zu beschäftigen.
Und sie hatte mehrheitlich ein launisches Temperament. Sie setzte sich aus Illegalen zusammen, also Leuten, die es besser verstanden,
Kämpfe um ihr Leben auszufechten, als Langeweile zu bekämpfen. Sie verlor an einem ›Urlaub‹ ohne teuren Sex, Bars, Perversionen und all die anderen Attraktionen, die eine Weltraumstation bot, schnell das Interesse. Eine Woche unter dem Einfluß von Substanzen, die die Stimmung veränderten, des Ausschlafens und gegenseitigen Frotzeins war ihr recht. Danach jedoch begannen Reibereien und Mißvergnügen um sich zu greifen.
Ab und zu hörte Morn aus dem Korridor Geräusche, die nach Schlägerei klangen. Zu den unpassendsten Uhrzeiten quäkten per Rufanlage Obszönitäten durchs ganze Schiff, durchlärmten die Käptens Liebchen mit Zeugnissen abartigen Humors oder irrer Wutanfälle.
Die Crewmitglieder, die Morn zu sehen bekam, wenn Nick mit ihr die Kombüse oder das Kasino aufsuchte, wirkten täglich schlampiger, verrohter und mitgenommener.
Gegen Ende der zweiten Woche machte Vector Shaheed bei einem Zusammensein zu Nick eine seltsame Bemerkung. »Ich glaube, wir sind wohl soweit.« Nick grinste selbstbewußt und schüttelte den Kopf. »Noch nicht ganz.« Vector zuckte die Achseln und schob ab.
Einige Tage später wagte es Mikka Vasaczk, während Nick sich bei Morn aufhielt, vor der Tür aufzukreuzen. Nick ließ Morn nackt in der Koje um Atem ringen und rief seine Erste Offizierin herein.
Mikka betrat die Kabine wutentbrannten Blicks, aber ihr Unmut richtete sich nicht gegen Morn. Über einem Auge hatte Mikka einen Bluterguß von dramatischem Aussehen; ihr bluteten die Knöchel beider Fäuste. »Jetzt langt’s«, fuhr sie Nick an, ehe er ein Wort äußern konnte.
»Das verdammte nymphomane Nullwellenhirnchen, das du als Datensysteme-Drittoperatorin beschäftigst, hat mich mit ‘m Schraubenschlüssel geschlagen. Die Lusche behauptet, ich hielte die Männer von ihr fern. Ich. Bestünde die halbe Besatzung nicht aus deinen Ex-Liebchen, hätten wir keine solchen Probleme.“
Böse musterte sie Nick.
»Na schön«, meinte Nick zu Mikka, nachdem er Morn ein kurzes Lächeln zugeworfen hatte. »Dann ist die Meute jetzt offenbar für ‘ne kleine Disziplinierung reif. Ruf sie zusammen. Nimm ‘ne Knarre, wenn’s sein muß. Ob jemand pennt oder vollgesoffen ist, bleibt mir gleich. In einer Stunde halte ich der Bande ‘ne Standpauke. Wir scheuchen sie an die Arbeit.“
Seine
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