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Amnion Omnibus

Amnion Omnibus

Titel: Amnion Omnibus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Donaldson
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Erste Offizierin gab weder eine Antwort noch salutierte sie.
    Sie schwang die Hüften, drehte sich um und rauschte hinaus.
    Als seine Besatzung sich zusammengefunden hatte, redete Nick zu ihr über das allgemeine Verhalten und die Einstellung in einem Stil, als ob er die ganze Sache insgeheim als lächerlich erachtete. Dann befahl er die komplette Wartung beziehungsweise Überholung jedes Teils der Interspatium-Barkentine, bei dem diese Verrichtungen außerhalb einer Raumwerft erledigt werden konnten.
    »Damit habt ihr mindestens für zwei Monate zu tun«, rief er zum Schluß, »also fangt ihr am besten sofort an.« Dadurch bügelte er die Probleme an Bord des Schiffs für geraume Zeit aus. Nicht jeder nahm die Anordnung freudig auf, aber nicht einmal die unzufriedensten und mißgestimmtesten Besatzungsangehörigen mochten sich mit Nick Succorso anlegen. Und bald hatten sie zuviel zu tun, um noch weiteren Ärger zu verursachen.
    Unseligerweise erhöhten sich indessen Morns Schwierigkeiten um so drastischer.
    Vor allem, weil Nick von da an noch mehr Zeit für sie fand. Mit der Überwachung sämtlicher Tätigkeiten und Arbeiten konnte er Mikka beauftragen; selbst hatte er sich mit nichts zu befassen, als die Grenzen der Geschlechtlichkeit Morns zu erkunden. Es gab Tage, an denen er ihre Kabine kaum verließ.
    Zunächst blieb er nur zum Ausleben seiner Sexualität und zum Schlafen bei ihr; das war schlimm genug. Nach und nach jedoch, in dem Maße, wie er sich an Morns Empfänglichkeit und Anschmieg samkeit gewöhnte – er anfing, ihnen zu trauen –, zeichneten sich tiefere Bedürfnisse ab. Immer häufiger unterhielt er sich mit Morn; während Tage zu Wochen wurden, redete er mit ihr stets mehr. Sie mußte ihr schwarzes Kästchen unter der Matratze verstecken und hoffen, daß er es nicht fand; er ließ ihr so wenige Gelegenheiten, um sich ein-und auszuschalten, daß sie am Kontrollgerät die meisten Funktionsänderungen vornehmen mußte, wenn er schlief.
    Manchmal spürte sie in ihm eine so tiefverwurzelte Sehnsucht, daß sie buchstäblich bodenlos zu sein schien, einen derartig starken Wunsch nach eigener Tüchtigkeit oder Männlichkeit, daß er wohl nur zeitweilig befriedigt werden, aber nie ganz Erfüllung finden konnte. Es zeigte sich nicht allein in der Art, wie er sich über Sexualität äußerte, sondern auch in der Weise, wie er sprach. Am meisten gefiel es ihm anscheinend, Geschichten zu wiederholen, die (wie er behauptete) andere Leute über ihn erzählten: Geschichten um Flucht und Rettung, Siege und Piratenakte, Freibeuterei, Tapferkeit und Abenteuer. Nie bestätigte er, diese Geschichten seien wahr, aber sein Behagen an ihnen blieb unverändert bestehen. Er brauchte sie, und der Drang, sie immer wieder zu erzählen, erwies sich als eine treibende Kraft, die ihn zu seinen Besuchen bei Morn bewog. Tatsächlich entfaltete diese Redseligkeit, je gründlicher Morn seine Lüsternheit befriedigte, sich fortwährend zwanghafter; je länger Morn zuhörte und auf ihn einging, um so besessener begehrte er sie.
    Sie widerte all das an; sie haßte ihn und verabscheute alles, was er tat.
    Bisweilen war ihr Ekel so intensiv, daß sie wach neben ihm lag, während er schlief, mit den Zähnen knirschte und sich ausmalte, wie herrlich es wäre, ihm den Bauch aufzuschlitzen, ihm die Hoden abzuschneiden.
    Trotzdem erduldete sie seine Nähe; beantwortete sie seine Berührungen mit leidenschaftlicher Hingabe; ermunterte ihn zum Reden. Sie merkte, was sein Verhalten bedeutete.
    Nämlich daß sie für ihn Wert erlangte.
    Ungeachtet ihres wachsenden Widerwillens sicherte sie ihr Überleben, indem sie ihm zugestand, was er wollte.
    Und diese Bindung hatte zumindest einen offensichtlichen Vorteil: Solange sie ihn zufriedenstellte, genoß sie im Raumschiff volle Freiheit.
    Solange er jederzeit über sie verfügen konnte, durfte sie gehen, wohin es ihr paßte, sich umschauen, wo sie wünschte. Niemand behinderte sie.
    Selbst Mikka Vasaczk blieb ihr konsequent aus dem Weg.
    Wenn sie ihre Bewegungsfreiheit ausnutzte, traf sie Vector beim Arbeiten im Maschinenraum an, oder Carmel und Lind bis zu den Ellbogen in Kabeln und Leitungen; Außenkameras übertrugen Aufnahmen von Besatzungsmitgliedern, die in EA-Anzügen auf dem Außenrumpf der Käptens Liebchen umherkrochen; regelmäßig war dieser oder jener Lift außer Betrieb, weil der Hilfstechniker, ein schlaksiger Jugendlicher mit wirrem Haar und unreiner Haut, den jeder ›Lumpi‹ rief,

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