Amok der Amazonen
zu erklären, wo sie gewesen war, und blieb dann
sogar tagelang weg. Sie wurde unzugänglich und verschlossen. Zum erstenmal gab es Auseinandersetzungen und häßliche Auftritte in der Familie. Zunächst gab Mr. Thomas
den Amazonen gar nicht die Schuld daran; aber er wandte sich an die
Organisation, um sie um Hilfe zu bitten. Er meinte, da seine Tochter den
größten Teil ihrer Zeit mit den Frauen verbrachte, die der Bewegung angehörten,
würden sie am ehesten in der Lage sein, ihm in seinem Bemühen zu helfen, seiner
Tochter wieder näherzukommen. Er sprach dort mit einer Frau namens Virginia Lasser , die erklärte, sie kenne Belinda recht gut, und die
außerdem behauptete, Belinda wäre schon seit mehreren Wochen zu keiner
Versammlung der Amazonen mehr erschienen. Diese Frau war die Vizepräsidentin
der Ortsgruppe Manhattan .«
»War ?« Zum erstenmal glomm ein Funke von Interesse in mir
auf.
»Ich erzähle Ihnen ja alles.
Sie brauchen nur Geduld zu haben«, versetzte sie. »Bitte, unterbrechen Sie mich
nicht. Also, eine Woche später verschwand das Mädchen. Die Polizei fand keine
Spur von ihr — nichts gab auch nur den geringsten Aufschluß darüber, wohin sie verschwunden war. Keiner ihrer Freunde und Bekannten, von
denen der Vater wußte, konnte weiterhelfen. Die Amazonen hatten sie nicht
gesehen. Am dritten Tag nach Belindas Verschwinden war Mrs. Thomas in der Fifth Avenue beim Einkaufen und sah
dort im Menschengewühl Belinda. Sie rief sie an und versuchte, sie zu
erreichen, doch Belinda und eine andere Frau eilten davon und verschwanden am
Rockefeller Center .«
»Mein geschulter, juristischer
Verstand sagt mir, daß diese andere Frau Virginia Lasser war .«
»Warum müssen Sie mir immer
meine Überraschungen verderben ?« fragte sie ärgerlich.
»Ja, Sie haben natürlich recht . Mrs. Thomas beschrieb die Frau, und Mr. Thomas meinte, die Beschreibung erinnere ihn
an die Frau, mit der er gesprochen hatte. Er nahm daraufhin seine Frau mit ins
Büro der Amazonen und stellte sie Miss Lasser vor. Mrs. Thomas identifizierte Miss Lasser ,
und es herrschte großer Aufruhr. Die Polizei wurde gerufen, und Miss Lasser erklärte des langen und breiten ,
daß Belinda ihre Eltern haßte und nichts mehr mit ihnen zu tun haben wollte. Es
lief darauf hinaus, daß Miss Lasser sich bereit
erklärt hatte, dem Mädchen zu helfen, sich von seinen Eltern zu lösen, und daß
Belinda bei ihr gewohnt hatte. Als aber Belinda ihre Mutter gesehen hätte, da
hätte sie Angst gehabt, sie wäre entdeckt worden und war augenscheinlich
ausgezogen. Miss Lasser behauptete, sie hätte keine
Ahnung, was aus dem Mädchen geworden war. Die Polizei gab sich mit der
Geschichte zufrieden; ähnliches kommt ja fast alle Tage vor. Aber Mr. Thomas
wußte, daß die Frau log, denn er weiß, daß seine Tochter sich vor ihm und
seiner Frau niemals verstecken würde, wenn sie nicht vor irgend etwas Angst hätte oder sich irgendeiner
Dummheit schämte. Nichts hätte sie daran gehindert, jederzeit von zu Hause
wegzuziehen, wenn sie das gewollt hätte — ihre Eltern hatten sogar vor ihrer
Wandlung diese Möglichkeit mit ihr besprochen. Ihr Vater hatte sich erboten,
sie finanziell zu unterstützen, solange sie studierte. Sie konnte ihnen also
gar nicht aus den Gründen, die Miss Lasser angegeben
hatte, aus dem Wege gehen wollen. Da aber die Polizei weiter nichts unternehmen
wollte, beschloß Mr. Thomas, einen Privatdetektiv zu engagieren. Dieser
Detektiv forscht nun seit etwa zwei Wochen nach dem Mädchen. Er hat einiges
Interessante festgestellt. Doch inzwischen ereignete sich etwas Bedeutsames .«
»Virginia Lasser ist verschwunden«, warf ich müde ein.
»Ja, wollen Sie mir denn nicht
einmal die Pointe lassen ?«
»Was hat der Detektiv
festgestellt ?«
»Zunächst gelang es ihm, ihre
Spur bis zu einem Haus zu verfolgen, wo sie als Callgirl gearbeitet hatte.
Offenbar mußte er sich als Kunde ausgeben, um weitere Informationen einzuholen;
aber wenn er Ihnen auch nur im geringsten ähnelt, dann hat er das
wahrscheinlich mit philosophischer Gelassenheit ertragen .«
»Was für Informationen waren
das ?« fragte ich ungeduldig. »Vielleicht können Sie
mich diesmal überraschen .«
»Nun, so unwahrscheinlich ist
es gar nicht — nur daß Belinda heroinsüchtig war, einen hysterischen Anfall
bekommen und versucht hatte, sich das Leben zu nehmen. Daraufhin hat man sie in
den tiefen Süden verfrachtet .«
»Sonst noch etwas?«
»Nur, daß der Detektiv
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