Amok der Amazonen
auf die blitzende Theke. Dann wandte er
mir den Kopf zu und grinste mit einem Ausdruck, den man als vage Verlegenheit
hätte auslegen können.
»Ein unglückseliger Lapsus, das
gebe ich zu«, sagte er. »Aber was würden Sie denn sagen, wenn plötzlich so eine
dicke Berta Sie durch die Luft schleudert und Ihnen fast das Genick bricht ?«
»Ich weiß, was ich sagen würde.
Aber was sagen Sie ?«
»Das hat sie Ihnen nicht
erzählt ?«
»Nur daß Sie ihr drohten .«
Er schnaubte spöttisch. »Sie
weiß ganz genau, daß es mir mit der Drohung nicht ernst war .«
»Ich kann verstehen, daß man
sich zu einer unvorsichtigen Bemerkung hinreißen läßt, wenn man gerade von
einer feindseligen Amazone mißhandelt worden ist.
Aber wie unvorsichtig war es denn nun eigentlich ?«
»Ach, ich weiß nicht .« Er schüttelte den Kopf und griff nach einer Flasche
Bourbon. »Ich sagte etwa: >Sie verdammtes, frustriertes Weib, dafür bringe
ich Sie um .< «
»Sehr geistreich.«
»Na und? Ich war
fuchsteufelswild. Da legt man seine Worte nicht auf die Goldwaage .«
»Ach, und jetzt wollen Sie
behaupten, daß es Ihnen damit gar nicht ernst war ?«
»Natürlich war es mir nicht
ernst damit .« Er schenkte sich ein Glas Bourbon ein
und drehte sich zu mir herum. »Aber ich war nicht nur wütend, weil sie mich
niedergeschlagen hatte. Erbost war ich im Grunde wegen Linda. Wir hatten einen
Streit gehabt — verursacht durch diese verbitterte Männerfeindin — , und sie hatte mir gesagt, zwischen uns wäre alles aus.
Aber warum erzähle ich Ihnen das ?«
Er trank einen großen Schluck
aus seinem Glas und starrte mich kriegerisch an. Ich war nicht gekränkt, daß er
mir keinen Drink anbot. Irgendwo, sagte ich mir, muß man ja zu sparen anfangen.
»Sie erzählen mir das, weil Sie
sich vor Gericht werden verantworten müssen, wenn Sie jetzt keine einleuchtende
Verteidigung vorbringen können. Und das möchten Sie wahrscheinlich ebenso gern
vermeiden wie ich .«
»Wieso kümmert Sie das? Sie
sind doch Anwalt, und Anwälte werden für ihre Arbeit bezahlt. Im übrigen bin ich an Ihren
freundlichen Ratschlägen nicht interessiert — falls Sie mir das raten, was ich
glaube. Ich habe die Angelegenheit mit meinem Verlag besprochen, und wir sind
uns einig darüber, daß ich schreiben kann, was ich will, solange es lesenswert
und nicht verleumderisch ist. Die Zeitung hat, das wird Sie vielleicht
überraschen, auch einen Rechtsberater, und er liest alles, was ich schreibe.
Hinsichtlich der Bemerkungen, die ich Miss Holmes gegenüber persönlich im ersten Zorn gemacht habe, werde ich mich damit
verteidigen, daß sie provoziert wurden. Oder ich kann sie auch einfach
bestreiten. Linda und ich wollten heiraten. Sie war ein intelligentes,
vernünftiges Mädchen, ehe sie von den Wahnideen dieser Lesbierin — «
»Möchten Sie diese Behauptung
nicht lieber zurückziehen ?« erkundigte ich mich
ironisch.
»Warum? Es sind keine Zeugen
da. Ich kann sagen, was ich will, und es später bestreiten .«
»Und Sie glauben, daß Miss
Holmes lesbisch ist ?«
»Glauben? Das weiß ich .«
»Dann ist Linda — «
»Sparen Sie sich Ihre
voreiligen Schlüsse«, fuhr er mir hitzig dazwischen. »Linda ist eine völlig
normale Frau. Sie ist lediglich leicht beeindruckbar und hat sich von billigen
Parolen und gerissener Suggestion verwirren lassen .«
»Mit anderen Worten«, steuerte
ich hilfsbereit bei, »sie ist eine emanzipierte Naive .«
»Wirklich, jetzt habe ich von
Ihren sarkastischen Bemerkungen restlos genug. Ich beabsichtige, genau das
weiter zu tun, was ich bisher getan habe, ob mir das nun einen Prozeß einträgt
oder nicht. Und meine Zeitung steht ganz hinter mir. Okay?«
Er stellte sein leeres Glas auf
die Bar und schritt durch das Zimmer auf mich zu.
Ich zuckte die Achseln.
»Viel Lärm um nichts, finde
ich«, bemerkte ich verdrießlich. »Warum schreiben Sie nicht ein paar Artikel
über die Hippies und lassen die Frauen in Ruhe? Vielleicht vergißt Miss Holmes
dann die ganze Sache .«
»Ich will gar nicht, daß sie
sie vergißt. Sie richtet mit ihren radikalen Vorstellungen nichts als Ärger an.
Ich bin übezeugt , daß meine Beziehung zu Linda nicht
die einzige ist, die sie gestört hat. Und ich halte es für wichtig, alles in
meiner Macht Stehende zu tun, um ihrem Treiben einen Riegel vorzuschieben .«
»Vielleicht ließe sich Linda
eher bekehren, wenn Sie es einmal auf andere Art versuchten. So, wie Sie es
jetzt machen, treiben Sie sie
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