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Amok: Thriller (German Edition)

Amok: Thriller (German Edition)

Titel: Amok: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Bale
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hinter sich hatte er in zwei Meter hohen Lettern ein einzelnes Wort in den Sand geritzt.
    SORRY.
     
    Es klopfte an der Tür. Sie fuhr zusammen und merkte erst jetzt, dass sie ganz weggetreten war. Sie konnte sich nicht einmal mehr erinnern, was sie gerade gedacht hatte. Der Mann stand immer noch auf dem Strand und starrte zur Pension herüber.
    Kate brachte ihr ein Thunfischsandwich und ein Glas Cranberrysaft. Als Julia protestierte, sagte sie nur: »Sie sollen regelmäßig essen, und Sie würden es ja sonst doch vergessen.«
    Julia nickte. Sie bedankte sich und sagte dann: »Kommen Sie doch mal und schauen Sie sich das da an.«
    Kate ging an ihr vorbei ans Fenster, wo sie mit schiefgelegtem Kopf und verschränkten Armen stehen blieb, als wollte sie den Mann dort draußen imitieren.
    »Das ist der Typ von heute Morgen«, sagte sie. »Was tut ihm denn leid? Dass er Sie belästigt hat?«
    »Nehme ich an«, erwiderte Julia mit bemüht neutralem Tonfall.
    »Sehr höflich für einen Pressefuzzi.« Kate musterte ihn eine ganze Weile. »Also, von der Bettkante stoßen würde ich ihn nicht.«
    Julia prustete. »Vielleicht sollte ich versuchen, herauszufinden, was er will?«
    »Tun Sie nichts Unüberlegtes. Essen Sie wenigstens vorher Ihren Imbiss.«
    Sie ging hinaus und zog vorsichtig die Tür hinter sich zu. Julia biss ein Stück von ihrem Sandwich ab und setzte sich aufs Bett. Der Winkel war sehr spitz, aber sie konnte ihn gerade noch sehen. Nach ein, zwei Minuten streckte er sich, drehte sich um und betrachtete die Botschaft, die er geschrieben hatte. Sie las deutlich die Frustration aus seiner Körperhaltung heraus.
    Schließlich drehte er sich wieder zur Pension um und hielt schützend die Hand über die Augen. Ohne dass sie so recht wusste, warum, stand Julia auf, trat ans Fenster und beugte sich vor, bis ihr Gesicht dicht vor der Scheibe war. Er sah sie und winkte ihr zögerlich zu. Dann hob er den Stock auf, suchte sich eine saubere Sandfläche und begann eine neue Botschaft hineinzuritzen.
    Julia lachte ungläubig auf. Sie wusste nicht recht, ob sie amüsiert oder beunruhigt sein sollte. Während er schrieb, bemühte sie sich, nicht zu raten, was dabei herauskommen würde, ertappte sich aber dennoch dabei.
    ICH
    Ich muss mich entschuldigen? , riet sie.
    ICH BIN
    … kein Journalist? Kein Unmensch? Nicht gekommen, um Sie noch mehr zu quälen?
    Doch als er zur Seite trat, um den Blick auf die Botschaft freizugeben, war es ein solcher Schock, dass sie sich fast an ihrem Sandwich verschluckt hätte.
    ICH BIN ES NICHT.

29
     
    Er weiß es, dachte sie. Er weiß von dem zweiten Täter, und er versucht mich zu beruhigen.
    Dann dachte sie: Wie kann er das wissen? Sie hatte es niemandem erzählt, nur der Polizei. Und die hatte ihr kein Wort geglaubt.
    Sie starrte aus dem Fenster. Der Mann ließ das Stück Holz fallen und kam auf die Pension zu, bis er direkt vor dem hinteren Grundstückszaun stand. Er bückte sich und hob eine schwarze Laptoptasche auf, kramte darin herum und zog einen dicken braunen Umschlag heraus, den er hochhob, um ihn ihr zu zeigen. Dann legte er den Kopf zur Seite, als wollte er fragen: Darf ich?
    Sei vorsichtig, warnte eine Stimme in ihrem Kopf. Es könnte eine Falle sein.
    Aber das glaubte sie nicht. Ihr Instinkt sagte ihr, dass er ihr etwas Wichtiges mitzuteilen hatte, und wenn sie auch längst nicht bereit war, ihm zu trauen, wusste sie doch, dass sie ihn unmöglich ignorieren konnte.
     
    Die Halle war leer, als sie unten ankam. Kate war wahrscheinlich in der Küche oder vielleicht in ihren Privaträumen. Julia schlich auf Zehenspitzen zur Eingangstür, wo sie sich an die Wand lehnte und wartete. Die Pose wirkte fast übertrieben lässig, aber der wahre Grund war, dass sie sich der Eitelkeit gebeugt und ihren Stock im Zimmer gelassen hatte.
    Eine Minute später kam der Mann um die Ecke getrabt. Er war größer, als Julia geschätzt hatte, mindestens einen Meter achtzig, und seine schlanke, breitschultrige Statur ließ vermuten, dass sich unter dem Sakko der durchtrainierte Körper eines Schwimmers verbarg. Sein dichtes braunes Haar war schon länger nicht mehr geschnitten worden, und als er die Stufen erreichte, sah sie, dass sich in seinen Zügen Seelenqualen spiegelten, die dem, was sie in den letzten Wochen durchgemacht hatte, in nichts nachstanden.
    Sie machte die Tür auf, versperrte aber den Eingang, als wollte sie sagen: Bis hierher und nicht weiter. Er blieb stehen und sah sie mit

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