Amok: Thriller (German Edition)

Titel: Amok: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Bale

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unsicherem Lächeln an. Seine Augen waren von einem satten Dunkelbraun, tief und glänzend und voller Schmerz.
    Ehe er dazukam, das Wort an sie zu richten, sagte sie: »Wenn Sie ein Pressemensch sind, vergeuden Sie nur Ihre Zeit.«
    Sein Lächeln wurde ironisch. »Das bin ich tatsächlich. Freier Feuilletonist und Sportjournalist. Aber das ist nicht der Grund, weshalb ich hier bin.« Er streckte die Hand aus. »Craig Walker.«
    »Craig …?«
    »Philip Walkers Sohn.«
    Sie musste sich an der Tür festhalten. Es dauerte einen Moment, bis sie sich wieder gefasst hatte. Dann schüttelte sie ihm die Hand und sagte: »Er hat mir das Leben gerettet.«
    »Ich weiß«, erwiderte er, und sie war sich nicht sicher, ob sie eine gewisse Kälte aus seiner Stimme heraushörte. Doch davon war nichts mehr zu spüren, als er fortfuhr: »Tut mir leid wegen vorhin in Rye. Ich war mir nicht sicher, wie ich Sie am besten ansprechen sollte.«
    »Wie haben Sie mich gefunden? Es soll eigentlich niemand wissen, dass ich hier bin.«
    »Ich habe eine Kontaktperson bei der Polizei.«
    »Und die hat es Ihnen verraten?«
    »Er hatte kaum eine Wahl.« Als er ihre fragende Miene sah, fügte er hinzu: »Es ist eine lange Geschichte, und jetzt ist wahrscheinlich nicht der richtige Zeitpunkt, sie zu erzählen.« Er hielt ihr den Umschlag hin. »Das hat er mir auch gegeben. Es ist der vorläufige Bericht über das Massaker. Ich möchte, dass Sie ihn lesen und anschließend mit mir darüber sprechen.«
    Sie zögerte, ein wenig verärgert über seinen Ton – es war mehr ein Befehl als eine Bitte. Aber sie nahm den Umschlag entgegen und merkte erst, wie sie zitterte, als das Papier in ihrer Hand knisterte. Sie drückte den Umschlag fest an die Brust.
    »Was haben Sie damit gemeint – Ich bin es nicht ?«
    Craig wirkte verblüfft. »Das wissen Sie doch, oder nicht?«
    »Meinen Sie?«
    »Dieses Massaker ist doch nicht allein Carl Foresters Hirn entsprungen. Irgendjemand muss ihn auf die Idee gebracht haben, und diese Person ist genauso schuldig wie er.«
    Julia schwieg einen Moment. Sie tippte mit dem Finger auf den Umschlag. »Steht das hier drin?«
    »Nein. Aber ich glaube nicht, was da drin steht«, sagte er schlicht. »Ich glaube Ihnen.«

    Er sagte ihr, er werde jetzt einen Strandspaziergang machen. Sie könne sich ruhig Zeit lassen; er werde warten. Dann gab er ihr noch einmal die Hand und dankte ihr, dass sie ihn angehört hatte. Wieder nahm sie diesen schroffen Unterton in seiner Stimme wahr.
    Sie ging wieder hinauf in ihr Zimmer und setzte sich aufs Bett. Als sie den Umschlag öffnete, merkte sie, wie ihr Herz pochte, und sagte sich, wie albern ihre Befürchtungen seien. Es war ein offizielles Dokument, weiter nichts. Nur Worte auf Papier.
    Was konnten die ihr schon antun, nach allem, was sie durchgestanden hatte?

30

    Streng persönlich und vertraulich
Amoklauf in Chilton, East Sussex, am 19. Januar 2008
Vorläufiger Bericht, abgefasst von Chief Supt. Malcolm Ellis
zur Vorlage beim Polizeipräsidenten
8. Februar 2008

    EINLEITUNG
    Am Samstag, dem 19. Januar 2008, wurden bei einem Amoklauf in dem Dorf Chilton sowie in der näheren Umgebung vierzehn Personen getötet und vier weitere verletzt. Dieser Bericht wurde mit dem Einverständnis des Polizeipräsidenten erstellt und soll eine umfassende Darstellung der Ereignisse des 19. Januar liefern. Ein Teil der Untersuchungsergebnisse liegt noch nicht vor, detaillierte Angaben hierzu werden im abschließenden Bericht zu finden sein, der voraussichtlich am 1. Mai vorliegen wird.

    CHILTON
    Der Weiler Chilton liegt zehn Meilen nordwestlich von Lewes und ist nur über eine einzige Zufahrtsstraße zu erreichen, den zirka eine Meile langen Chilton Way. Eine Privatstraße, Hurst Lane, verläuft vom Ort in nördlicher Richtung zum Gutshaus Chilton Manor und der angrenzenden Farm.
    Vor dem Januar 2008 hatte Chilton 63 Einwohner (darunter 15 Kinder), verteilt auf insgesamt 28 Anwesen. Die meisten Gebäude stammen aus der georgianischen oder viktorianischen Epoche; dazu kommen einige Tudor-Wohnhäuser sowie eine normannische Kirche aus dem 12. Jahrhundert.
    Die Einwohner von Chilton verwenden viel Mühe darauf, den ursprünglichen Charakter des Dorfes zu bewahren, und haben sich aus diesem Grund mehrfach in Bürgerinitiativen gegen Bauvorhaben in der Region engagiert. Erst kürzlich wurde ein Plan vereitelt, auf dem umliegenden Ackerland einige hundert Wohneinheiten zu errichten. Ebenfalls