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Amokspiel

Amokspiel

Titel: Amokspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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wurden die Muttern nicht richtig angezogen. Ein halbes Jahr hat es gehalten, dann lösten sich die Bolzen, und zwei Reifen fielen gleichzeitig ab. Im ersten Schock muss Leoni wohl Bremse und Gas verwechselt haben und raste mit hoher Geschwindigkeit gegen eine Ampel, dann prallte sie frontal gegen eine Häuserwand. Es kam zu einer Kettenreaktion. Ihr Auto brannte völlig aus.«
    Götz nahm ihr den Hefter aus der Hand und fingerte ein neues Foto hervor, das sie überblättert hatte. »Aua.« Ira verzog ihre Mundwinkel, als ob sie bitteren Hustensaft verschluckt hätte.
    Der BMW sah aus, als ob er mit einem Tanklaster kollidiert wäre. Die verkohlte Karosserie war sowohl seitlich wie vom Dach her eingedrückt, nahezu alle Fensterscheiben fehlten oder waren zersplittert, und das Heck bog sich samt Motorhaube wie eine rausgestreckte Zunge in den Himmel.
    Ira griff sich in den Nacken und versuchte, mit vorsichtigen Drehbewegungen des Kopfes eine Verspannung in ihrer Schulter zu lösen. Sie gab sich dabei keinen großen Illusionen hin. Die stärker werdenden Kopfschmerzen hatten keine orthopädische Ursache. Wenn sie weitermachen wollte, würde sie früher oder später etwas trinken müssen.
    »Was haben wir für Informationen über Jan?«
    »Ein Ermittlungsteam durchleuchtet gerade das Umfeld von Leoni Gregor. Aber bis jetzt haben wir ja nur einen Vornamen, und ich bezweifle, dass das sein echter ist.«
    »Und was wissen wir über die Geiseln?«
    »Was soll da schon sein? Das ist ein zufällig zusammengewürfelter Haufen. Die haben die Senderführung bei einer Verlosung gewonnen. Wir ermitteln gerade ihre Angehörigen.«
    »Gut.« Sie machte eine Pause und stellte dann die Frage, die ihr schon die ganze Zeit über auf der Zunge lag. Und die sie aus Furcht immer wieder runtergeschluckt hatte. »Gibt es was Neues von Katharina?« Jetzt machte Götz eine kurze Pause und atmete tief ein, bevor er antwortete.
    »Nein, Kitty hat sich nicht noch einmal gemeldet.« Er hob seine kräftige rechte Hand, die in einem schwarzen Handschuh steckte, und sah für einen Moment aus wie der Fänger in einem amerikanischen Baseballspiel.
    »Aber das ist ein gutes Zeichen«, versicherte er. »Oder auch nicht. Ich muss mit ihr reden.«
    »Das kann ich nicht zulassen.« Götz schüttelte energisch den Kopf.
    »Was muss ich tun, damit ich mit ihr sprechen darf?« Götz zog seinen schweren Handschuh aus und wollte Ira gerade eine Haarsträhne aus dem Gesicht streichen, als das Läuten des Telefons ihn zusammenzucken ließ. »Rede zuerst mit Jan.«

6.
    Warum dauert das so lange?
    Der Geiselnehmer trommelte nervös mit den Fingern seiner linken Hand auf der Kante des Studiomischpultes. Sie hinterließen deutliche Abdrücke auf der schwarzen Schaumstoffummantelung.
    Er räusperte sich. Dann ging Ira nach dem vierten Läuten endlich an den Apparat. Er wartete ihre Begrüßungsfloskel erst gar nicht ab.
    »Haben Sie schon etwas herausgefunden?«
    »Ja, ich habe gerade den Obduktionsbericht erhalten.«
    »Von Leoni? Dann verschwenden Sie die kostbare Zeit, die ich Ihnen großzügig einräume, also nur.« Jan warf einen Blick auf den großen Fernseher, der an einem schweren Greifarm von der Studiodecke hing. Normalerweise verfolgten die Moderatoren hier die neuesten Nachrichten im Teletext. Jetzt zappte er mit einer Fernbedienung im Sekundenbruchteil durch die siebenundfünfzig Kabelkanäle und stellte zufrieden fest, dass er auf fast allen Sendern das Hauptthema war. »Wie meinen Sie das?«, fragte Ira.
    »Ich habe Ihnen doch gesagt: Ich höre erst auf, wenn Sie Leoni zu mir bringen. Hierher. Lebend. Ins Studio.« Er blieb auf einem Vierundzwanzig-Stunden-Nachrich-tenkanal hängen.
    Im Laufband wurde der Bevölkerung erklärt, wie sie sich am Telefon zu melden habe. Außerdem wurde eine Pressekonferenz angekündigt, in der der Innenminister eine Erklärung zur Lage abgeben wollte. Gut. Sehr gut.
    »Sobald ich Leoni lebend in meinen Armen halte, ist der Spuk vorbei«, fuhr er fort.
    »Ich weiß«, sagte Ira, und es klang leicht resigniert. »Doch ich bin mir noch nicht sicher, wie ich das schaffen soll, Jan. Laut den Unterlagen, die ich gerade in meinen Händen halte, ist Ihre Verlobte bei einem Autounfall gestorben. Am neunzehnten September. Um 17.55 Uhr.«
    »Ja, ja. Ich kenne den Bericht. Ich habe ihn selbst gesehen. Eine Kopie davon liegt sogar bei mir zu Hause. Doch er ist Mist. Kompletter Schwachsinn.«
    »Wieso?«
    »Weil Leoni noch lebt!«
    »Was

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