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Amokspiel

Amokspiel

Titel: Amokspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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würden sich seine Schmolllippen in Zeitlupe bewegen.
    »Hallo?«, hörte sie ihn rufen, bevor sie ihm das Telefon entreißen konnte.
    »Ich höre 101Punkt5, und jetzt lass eine Geisel frei!«, schrie sie hinterher. Denn jetzt durfte sie laut sein. Jetzt musste sie brüllen, wenn alles noch gut werden sollte. Das klopfende Tuten, nachdem am anderen Ende aufgelegt worden war, glich einem Hohngelächter, und das Blut in Theresas Ohren klopfte im Takt dazu. Ihr wurde schwindelig. War er das gewesen?
    Sie starrte auf das Display. Notierte im Geiste die kurze, einprägsame Nummer mit der Berliner Vorwahl. War das gerade der Irre gewesen, wegen dem Konstantin vorhin von der Arbeit aus angerufen hatte? Wegen des Dramas, das sich gerade in Berlin ereignete und das selbst hier in Jena die Menschen noch in Panik versetzte? Ihr Blick wanderte zu dem Fernseher, dessen stumme Bilder seitdem das Wohnzimmer ausleuchteten. Sie drückte auf die grüne Taste ihres Telefons, hörte das Freizeichen und begann zu wählen.
    War das der Psychopath im Radio? Und hat er das wirklich gesagt, bevor er auflegte? >Zu spät!    »Hier ist Ihr Lieblingssender 101Punkt5. Leider sind zurzeit alle Leitungen im Studio belegt. Bitte versuchen Sie es später noch einmal.«
    Theresa ließ den Hörer fallen und fragte sich, wen sie gerade getötet hatte.

9.
    Ihre Rippe brach wie ein trockener Ast. Ira wünschte sich fast, sie würde sich von innen in ihre ausgeräucherten Lungenflügel bohren. Dann hätte der Tag endlich ein Ende, und sie würde den Transport auf dem Rücken des SEK-Mannes nicht mehr überleben. Als sie wieder zu sich kam, bedeckte eine Sauerstoffmaske ihr gerötetes Gesicht, und der Notarzt legte ihr eine Infusion. Sie sah sich um und erkannte das Gesicht von Götz, der ihre Hand hielt. Die Türen des Krankenwagens, durch die sie mitsamt der Unfallliege hineingerollt worden waren, standen noch offen. Eine Collage aus Verkehrsgeräuschen, Sprechfunkbefehlen und hitzigen Gesprächsfetzen drang zu ihr hinein.
    »Wo ist Diesel?«, fragte Ira einmal. Dann ein zweites Mal, nachdem sie sich die Maske vom Kopf gerissen hatte.
    Plötzlich keimte ein Angstgefühl in ihr auf, der exzentrische Chefredakteur könnte es nicht überlebt haben. Sie hatte Männer schon für weitaus weniger gemocht als das, was Diesel heute für sie getan hatte. »Er ist schon unterwegs«, antwortete Götz leise. Er stank nach Rauch, folglich war er es gewesen, der die Tür aufgebrochen und sie aus dem Inferno gezogen hatte. Und mir dabei mindestens eine Rippe gebrochen hat. »Er hat schwere Verbrennungen und vermutlich ebenso wie du eine Rauchvergiftung, aber er wird durchkommen.« Die letzten Worte des Teamchefs gingen in einem Hustenschwall von Ira unter. Der Sanitäter setzte ihr die Maske wieder auf, die dort jedoch nur für zwei Atemzüge haften blieb.
    »Wie habt ihr uns gefunden?«, fragte sie röchelnd. Sie wollte sich aufsetzen, aber der Schmerz verhinderte es. Alles, an was sie sich erinnern konnte, war der Krach der Kreissäge, die ein Loch durch die Alutür fräste. Dann der Schmerz, als Götz sie huckepack nahm und aus dem »Erinnerungszimmer« trug.
    Götz erklärte ihr, wie er ihre Entführung bemerkt hatte. Von der Rückfahrt zu seiner Wohnung, über die offen stehende Zimmertür bis zum Anruf bei der Einsatzleitung. »Da musste ich Steuer irgendetwas sagen«, flüsterte er. Er beugte sich so nah zu ihr herunter, dass es für einen Beobachter aussehen musste, als wolle er ihr einen Kuss geben. Für Ira war der warme Hauch seines Atems die bislang angenehmste Berührung des Tages. »Ich log, du wärst geflohen. Damit hatte ich die Begründung, dich über Handy-Peilung orten zu lassen. Das Signal von deinem Mobiltelefon ließ ich mir direkt ins Einsatzfahrzeug schicken.«
    »Aber es funktionierte doch gar nicht mehr in diesem Verlies«, stellte sie fest.
    »Richtig. Dein Signal war plötzlich abgerissen. Doch bis dahin grenzten wir das Gebiet auf die Größe von einem halben Quadratkilometer ein. Als dann genau in diesem Sektor ein Feuerwehreinsatz gemeldet wurde, konnten wir euch lokalisieren.«
    Dann hat der Irre uns mit seiner wahnsinnigen Aktion tatsächlich das Leben gerettet, dachte Ira und wusste nicht, ob sie darüber weinen oder lachen sollte. »Was ist mit

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