Amore macchiato: Roman (German Edition)
Eingangshalle, um die Aushänge zu studieren.
Auch Pittalis bleibt einen Moment stehen und überprüft auf den mit Klebestreifen an die Wand gehängten Listen, in welchen Raum wir zu gehen haben. Hungrig ziehe ich mir unterdessen einen Schokoriegel aus einem in der Halle aufgestellten Automaten.
Das Büro, in das wir gemäß Aushangnummer als Erstes gehen, entpuppt sich als Abstellkammer. Im Raum daneben schickt uns eine Angestellte ein Stockwerk höher, und schon nach drei weiteren Zimmern ziehen wir eine Nummer vor einem Büro mit der Betitelung Commercio e Turismo . Wir nehmen auf kippeligen Plastikstühlen im Gang Platz und warten. Außer uns ist niemand auf dem ganzen Korridor zu sehen, und mir ist schleierhaft, wie jemand in dem Büro wissen kann, dass wir hier draußen sind.
Hoffnungsvoll lasse ich mich neben dem gleichmütig dreinschauenden Pittalis nieder. Er wird schon wissen, wie das hier läuft. Und tatsächlich: Nach zehn Minuten öffnet sich die Bürotür, und eine winzig kleine Dame um die vierzig erscheint im Türrahmen.
»Der Nächste bitte«, sagt sie ganz im Stil einer Verwaltungsfachangestellten, als gäbe es außer uns sonst noch Wartende.
Sie dreht sich sofort wieder um, um zurück in ihr Büro zu trippeln. Wir folgen ihr artig.
In dem Behördenzimmer stapeln sich die Aktenberge bis zur Decke. Auch der Schreibtisch meiner Ansprechpartnerin und der ihres Kollegen gegenüber – ein drahtiger, alter Mann, offenbar kurz vor der Rente – sind völlig überladen mit Mappen und Blättern in allen Größen. Ein Computer steht auf keinem der beiden Schreibtische. Der Trend zum papierlosen Büro ist hier definitiv noch nicht angekommen.
»So«, sagt die Dame überraschend freundlich, nimmt an ihrem Schreibtisch Platz und deutet auf die beiden Besucherstühle schräg neben sich. »Setzen Sie sich doch. Was wünschen Sie?«
Ich richte mich geschäftsmäßig auf. Endlich kann ich etwas tun. In meinem besten Italienisch trage ich mein Anliegen vor, hole die Pläne und Zeichnungen aus der Mappe und kann sogar eine Kopie des Gelände-Mietvertrages mit dem vermeintlichen Schäfer Natale Battore vorweisen.
Die Dame nimmt die Unterlagen entgegen und blättert sie stirnrunzelnd durch.
Ein paar Minuten unerträglichen Schweigens vergehen. Nur ihr Blättern und das ihres Kollegen in meinen und anderleuts Unterlagen sind zu hören. Hin und wieder wird die Stille durch das knallende Geräusch der resoluten Benutzung eines Stempels durch den Fast-Pensionär unterbrochen, das mich jedes Mal erschrocken hochfahren lässt.
»Wann, sagten Sie, soll diese Veranstaltung stattfinden?«, reißt mich die fragende Stimme der Verwaltungsfachangestellten aus meiner Starre.
»In vierzehn Tagen«, antworte ich, um einen entschlossenen Tonfall bemüht.
Als Antwort ernte ich einen Blick, der irgendwo zwischen Besorgnis und Herabstufung zur Geisteskrankheit angesiedelt ist.
Unruhig rutsche ich auf meinem Stuhl hin und her. »Es ist ja nicht so«, füge ich tapfer hinzu, »dass wir hier sind, um die Genehmigung neu zu beantragen, sondern um uns nach dem Stand der Dinge zu erkundigen.« Ich blicke die Dame triumphierend an.
»Wie meinen Sie das?«, lautet die verwirrte Rückfrage.
»Wie ich Ihnen vorhin erklärt habe, obliegt die Organisation dieser Veranstaltung der Agenzia Livorno Eventi , die sämtliche Anträge auf Genehmigung schon vor Monaten bei Ihnen eingereicht haben muss.«
Die Verwaltungsfachangestellte presst die Lippen aufeinander. » Signorina«, sagt sie dann, »ich kann Ihnen versichern, ein solcher Antrag einer Agentur aus Livorno liegt uns nicht vor.«
Das Ameisennest in meinem Magen ist aus seiner Siesta erwacht. »Das kann nicht sein«, presse ich verkrampft hervor.
Die Dame richtet sich in ihrem Schreibtischstuhl auf. »Von einer Veranstaltung dieser Art und Größe in den nächsten zwei Wochen in unserer Region ist mir nichts bekannt. Dir etwa, Francesco?«, wendet sie sich von mir ab und ihrem Kollegen zu.
Der schüttelt nur wortlos den Kopf und rammt den nächsten Stempel auf einen Aktendeckel vor ihm auf dem Tisch.
»Signora«, ich presse beide Hände vor der Brust zusammen und blicke sie flehend an, »wir sprechen hier nicht von der Geburtstagsfeier meiner Oma, sondern von einer Neuwagenpräsentation mit einem Budget von rund vier Millionen Euro. Dieses Event wird unter anderem von besagter Agentur in Livorno koordiniert, die die entsprechenden Anträge bereits im Januar eingereicht haben
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