Amore macchiato: Roman (German Edition)
eigentlich immer die gleiche Antwort gekriegt: Non c ’ è problema. «
»Ich würde es eher grande problema nennen, was hier gerade passiert«, sage ich sarkastisch.
Stille in der Leitung.
»Ich habe bereits Stefan Matzek eingeschaltet, meinen Chef, weil ich alleine nicht weiterkomme, und ich habe gerade einen Flug gebucht. Morgen bin ich in Olbia«, erwidert Paula leise, dann können wir vor Ort …«
»Okay«, unterbreche ich sie schnell, obwohl gar nichts okay ist. Außerdem frage ich mich, was Paula hier so kurz vor dem Wochenende noch reißen will, aber nichts für ungut – ich will mit dem Problem lieber zu zweit sein als alleine. »Bis dahin sehe ich, was ich tun kann«, fahre ich fort.
Wir legen auf.
In meinem Kopf dreht sich alles. Ich habe mich blind auf die Fireagency verlassen und die Münchner sich zu sehr auf ihren Dienstleister in Livorno. Nun sitze ich vor dem Nichts in einer engen, funzelig beleuchteten Küche und trinke Kaffee.
In wenigen Tagen werden die Autos – rund hundert Stück – geliefert, kurz darauf treffen die Techniker und Bühnenbauer ein. Dann reisen auch schon die Hostessen an, die Paula briefen und einen Tag lang schulen wird, und bald darauf mehrere Hundert Gäste. Die Hotels sind gebucht, das sündhaft teure Catering ist fest geordert.
Panik steigt in mir auf, und ich merke, wie mein Kopf heiß wird.
Zitternd rühre ich in der Tasse und schaue Hilfe suchend die beiden Männer an.
Pittalis schaut mitleidig zurück. Dann steht er auf, geht zum Kühlschrank und kommt mit einer Flasche, gefüllt mit einem dunklen Inhalt, und drei kleinen Keramikbechern zurück an den Tisch.
»So«, sagt er. »Jetzt trinken wir erst mal ein Gläschen Mirto. Den Likör habe ich selbst gebraut. Und danach«, fährt er gedehnt fort, »fahren wir nach Arzachena in die commune –ins Rathaus.«
4.
Der Transporter von Pittalis ist nur wesentlich unklappriger als der von Signor Soru. Ich fege einen Stapel Zettel, leere Zigarettenschachteln und Coladosen vom Beifahrersitz, um mich neben den Messebauer zu setzen. Wir holpern los und sind kurz darauf auf der Umgehungsstraße Olbias, über die ich gestern schon mit Enzo zum Hotel gefahren bin.
Als die Welt für mich noch in Ordnung war.
Pittalis hat sich eine Zigarette angezündet und die Fensterscheibe heruntergekurbelt. Reste von Zigarettenrauch ziehen zu mir herüber, der Fahrtwind zerzaust mir die Haare. Ich spähe hinab zu meinen Füßen, die in geborgten schmuddeligen Gummistiefeln stecken, und versuche, die unzähligen Was-passiert-wenn-nicht-Fragen aus meinem Geiste zu verbannen.
»Wo fahren wir denn jetzt genau hin?«, unterbreche ich das Schweigen. Die Zeiten, in denen ich wenigstens noch ein paar Fäden in der Hand gehalten habe, sind offenbar endgültig vorbei.
»Nach Arzachena ins Rathaus«, brummt Pittalis. »Dort sitzt die Verwaltung von Nordsardinien und damit auch von der Costa Smeralda.«
»Und was wollen wir dort?«, frage ich und komme mir schulmädchenhaft dumm vor.
Das findet Pittalis wohl gerade auch.
»Na«, er zuckt ungeduldig die Schultern, »denen wollen Sie doch wohl sagen, dass Sie eine Aufbaugenehmigung für ein Fest auf einem Gelände brauchen, oder nicht?« Er hält den Arm aus dem Fenster, drückt die Zigarette außen an der Fahrertür ab und schnippt den hoffentlich erloschenen Stummel in die Landschaft.
»Das bedeutet ja, dass wir bei null anfangen«, stelle ich tonlos fest.
»Würde ich auch so sehen«, nickt Pittalis gutmütig und zündet sich eine neue Zigarette an. »Aber so ist es eben. Ab da«, er denkt angestrengt nach, »brauchen die Behörden ja immer ein paar Wochen für Verwaltungsangelegenheiten, und bis wir dann alles aufgebaut hätten …« Er seufzt tief. »Können Sie Ihr Fest nicht um ein paar Wochen verschieben?«
Statt einer Antwort gucke ich ihn mit offenem Mund entsetzt an. Meine Hände fangen erneut an zu zittern.
»Ah, offenbar nicht. Ho capito – ich habe verstanden«, antwortet Pittalis ruhig und versetzt mir einen beschwichtigenden Klaps auf die Schulter, als wollte er einen nervösen Hund tätscheln.
Ein bisschen wie in Trance und zu Pittalis sichtlichem Erstaunen greife ich nach seiner Hand und drücke sie dankbar.
Anderthalb Stunden später halten wir vor einem klobigen Mussolini-Bau in einer Kleinstadt der Insel, auf dem in großen Lettern MUNICIPIO – Rathaus – steht. Die Siesta ist gerade vorüber, zahlreiche Mitarbeiter und Besucher tummeln sich in der
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