Amore macchiato: Roman (German Edition)
mich im Arm hält, fingert er mit der freien Hand sein Telefon aus der Hosentasche hervor und wählt eine kurze Nummer. Von ferne höre ich bereits das Dröhnen anfliegender Canadair-Löschflugzeuge, die ich in den letzten Wochen schon ziemlich oft gesehen habe.
»Im Feuerlöschen sind wir Sarden fix.« Riccardo blickt zum Himmel, legt das Telefon beiseite und tätschelt mir behutsam die verschrammten Knie. »Die Ambulanz kommt gleich. Dann muss ich dich wieder wegschicken. Ins Krankenhaus«, fügt er hinzu und lächelt mich schüchtern an.
»Aber danach bitte nicht mehr«, flüstere ich jämmerlich. »Schick mich nicht noch mal so weg.« Tränen treten mir in die Augen, und ich muss heftig schlucken, um nicht direkt loszuheulen.
Riccardo zögert. Dann nimmt er mich in die Arme und drückt mich an sich. Für einen zeitlosen Moment halten wir uns in den Armen und schweigen.
»Was sollte das eigentlich mit dem Hengst und dem Herpes?«, frage ich in die Stille hinein.
»Tante Elena hat dich in Olbia in der Apotheke gesehen, wo du ein Herpesmittel gekauft hast. Das hat sie meiner Schwester erzählt. Weil du den nicht im Gesicht hattest, war sich meine Schwester sicher, dass du etwas mit einem anderen Mann hast. Als Krankenschwester weiß sie so etwas. Am nächsten Tag kam dann deine E-Mail.«
Mir stockt erneut der Atem.
»Um Himmels willen, Riccardo, ich schwöre dir, es gibt keinen anderen. Das Mittel war für meine Freundin. Ich bitte dich, das musst du mir glauben.«
Er schweigt für einen Moment und verzieht den Mund.
»Annika, ich war so schockiert, es war schrecklich«, setzt Riccardo an. »Trotz allem konnte ich aber die Quintessenz verstehen. Du hast dein Leben, in einem Land, in dem ich noch niemals war. Du hattest ein Stück weit recht mit deiner E-Mail: Wie um alles in der Welt könnte es zwischen uns weitergehen?«
»Geröstete Schweine vergraben, illegal Seeigel exportieren, Survival-Touren in den Bergen anbieten – uns wird schon etwas einfallen, Riccardo«, antworte ich hastig.
Von Weitem ist das Martinshorn eines Krankenwagens zu hören.
»Du und ich«, rede ich weiter, »wir können es schaffen. Und noch etwas: Es war nicht meine E-Mail!«, betone ich das wichtige Detail erneut.
Am Fuß des Berges hält ein Krankenwagen mit Blaulicht. Zwei Sanitäter steigen aus, entdecken uns und machen sich daran, mit einer kastenförmigen Tasche bewaffnet, den Sandstreifen des Berges hochzuklettern.
Riccardo streichelt mir über den Kopf. »Wir könnten auch Gemüse anbauen oder frisch gefangenen Fisch verkaufen«, spinnt er weiter. Jetzt lacht er zum ersten Mal und schaut mich an, wie er es immer getan hat.
Ich möchte für immer so angeschaut werden.
»Am liebsten würde ich dir jetzt etwas schrecklich Kitschiges sagen«, gestehe ich und kämpfe wieder mit den Tränen.
»Was denn?«
»Ich traue mich nicht.«
»Ich liebe dich?«
Ich nicke.
»Hätte auch von mir kommen können«, sagt Riccardo und küsst mich.
Endlich.
Die Sanitäter haben uns erreicht und stehen erschöpft keuchend vor uns.
»Sich eine staubtrockene Feuergefahrenzone für ein Techtelmechtel auszusuchen, ist nicht gerade das Intelligenteste, was man tun kann«, bellt uns einer der Sanitäter böse an.
»Es war nicht für irgendein Techtelmechtel«, antwortet Riccardo gelassen. »Es war für etwas ganz, ganz Großes.«
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