Amore macchiato: Roman (German Edition)
jeder Schirmmütze, die in den Kisten bei Soru auf ihren Auftritt warten, sitzt perfekt. Die Hostessen sind sorgfältig ausgewählt, haben alle etwa gleich lange Haare und ähnliche Körbchengrößen – ich habe wirklich an alles gedacht, was in meinem Kompetenzbereich liegt.
Dass ich nun für Aufgaben einspringe, die nicht die meinen sind, ist nur großzügig von mir!
Ich habe es immer gesagt: Als Public-Relations-Managerin bei GID kann ich eben rechts wie links. Alles kein Problem für mich.
Genau das werde ich Bräunlich sagen. Ich werde ihn anrufen.
Gleich jetzt.
Nein.
Gleich morgen.
Heute erreicht er sowieso nichts mehr. Wenn der faule Kerl überhaupt noch im Büro ist. Immerhin ist es bald sechs Uhr. Die Sesamstraße fängt jeden Moment an.
Um meine Füße plätschert das kühle Meer. Herrlich.
Hätte ich doch bloß einen Badezeug dabei und könnte mich vollends ins Wasser stürzen.
Verstohlen blicke ich mich um. Kein Mensch weit und breit. Ich könnte doch … Mich sieht ja keiner.
Ich ziehe meine Kleider aus und lasse sie hinter mir in den Sand fallen. Dann tauche ich unter.
Wunderbar.
Ich mache ein paar kräftige Kraulzüge und schwimme aufs offene Meer hinaus. Ein Stück weiter vorne bilden die Felsen einen Bogen im Wasser. Ich beschließe, bis an die Spitze des Kaps zu schwimmen, und fühle mich großartig. Mir war gar nicht klar, wie gut ich noch immer schwimmen kann. Das habe ich schon ewig nicht mehr getan, vor lauter Pilates, Zumba, Aerostep und was man heute so alles tut.
Am Ende des Bogens stoppe ich an einem hohen, runden Stein und klammere mich an dem Felsen fest, der sanft und halbrund ins Meer abtaucht. Ich spähe nach oben. Bestimmt springen die Kinder hier in ihren Sommerferien in haarsträubenden Formationen hinunter ins Wasser, während sich ihren besorgten Eltern von ferne der Magen umdreht.
Ich paddele um den Fels herum, bis ich einen Vorsprung entdecke, an dem ich mich heraufziehen kann. Mühelos klettere ich hoch und mache es mir auf dem Stein so gut es geht für eine kleine Verschnaufpause gemütlich.
Hingegossen wie die Loreley am Rhein blicke ich an mir herunter. Mein Bauch dürfte gerne etwas flacher sein und meiner Kosmetikerin nehme ich es übel, dass sie mir so kurz vor meiner Abreise den Waxing-Termin abgesagt hat. Nichtsdestotrotz, kann ich ganz zufrieden mit mir sein. Wenigstens etwas.
Meine Laune hebt sich umgekehrt zur langsam untergehenden Sonne.
Vielleicht ist das Leben ja doch ganz schön?
Ich aale mich in den seichten Sonnenstrahlen und entspanne mich ein wenig. Wie schön. Geht doch.
Ein plötzliches Prusten und Platschen lässt mich erschrocken zusammenzucken. Loch Ness? Hier? Ich fahre herum und schramme mir an einer Steinkante den Oberschenkel.
Drei Meter vor mir taucht ein muskulöser, braun gebrannter Mann mit Schwimmbrille und Schnorchel auf und klammert sich schwer atmend am Felsen fest.
Schockschwerenot.
Hilfe, ich habe doch nichts an!
Gebt mir ein Handtuch!
Oder ein Feigenblatt!
Nichts davon habe ich. Nur meine zwei Hände für mindestens drei zu verbergende Stellen.
Angstvoll und empört starre ich auf den Mann, der irgendwas zwischen zu mir hin und von mir weg guckt.
»Buona sera«, nuschelt er dem Felsen vor seiner Nase zu.
»Guten Abend«, erwidere ich düpiert, einen Arm vor die Brust, die freie Hand in den Schoß gepresst.
Der Fremde nimmt die Taucherbrille vom Gesicht und reibt sich über die Augen. Die andere Hand schießt aus dem Wasser hervor und legt eine Art riesige Rohrzange zusammen mit einem kleinen blauen, geschlossenen Plastikbehälter auf dem Stein vor ihm ab. Er atmet schwer, was mir Angst macht. Ich starre ihn wie gelähmt an. Hier brauche ich weder um Hilfe zu schreien noch zu versuchen wegzuschwimmen. Ich kann nur irgendwie möglichst cool bleiben und das Beste hoffen.
»Bitte entschuldigen Sie«, fängt der Fremde immer noch keuchend an zu reden. »Sie schwimmen hier seit Minuten vor meiner Nase herum. Ich habe mir Mühe gegeben, nicht aufzutauchen, um Sie nicht zu erschrecken, aber irgendwann war ich kurz davor, zu ersticken.« Er schnappt erneut nach Luft.
»Sie meinen …«, starte ich. »Sie sind die ganze Zeit an den Felsen herumgetaucht, während ich hier geschwommen bin?«
Nicht auszudenken …
»Ich schnorchele. Eigentlich«, korrigiert mich der Mann, hievt sich mit einem Arm ein Stück an dem Stein hoch, um mit der anderen Hand seine Taucherbrille auszuspülen. »Als Sie angeschwommen kamen, bin
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