Amore macchiato: Roman (German Edition)
praktisch immer Nebensaison – war die Bucht gerammelt voll mit Luxusjachten jeglicher Couleur. So viele Millionen Dollar hatte ich vermutlich noch nie auf so wenigen Quadratmetern gesehen. Ich lotste Enzo links und rechts ein paar Hügel hinauf und wieder herunter in Richtung einer der offenbar unzähligen Buchten der Insel, und schon bald hielten wir vor einem verwinkelten, flachen Hotel, welches für die nächsten Wochen meine Bleibe sein sollte.
Nachdem ich Enzo gleich für morgen früh um neun Uhr herbestellt hatte, betrat ich eine sonnige Eingangshalle mit dunklen Holzmöbeln, Korbgeflechtstühlen und in die Wand gemauerten Sitzbänken, beladen mit einfarbig bestickten Kissen. Eine geradezu rustikale Lobby für ein Luxushotel dieser Preisklasse.
Am Rezeptionstresen empfing mich eine nette junge Dame, die meine Daten aufnahm, während Enzo ohne fremde Hilfe auf die Idee gekommen war, mein Gepäck auszuladen. Ich gab ihm zehn Euro Trinkgeld, in der Hoffnung, dass das hier in der Gegend für einen Espresso reichte, und marschierte zum Fahrstuhl und in die Richtung, in der ich mein Hotelzimmer vermutete.
Dort angekommen, fuhr ich als Erstes meinen Laptop hoch, um die eingegangenen E-Mails abzurufen. Neben einer Reihe an administrativem Kleinkram war auch eine Nachricht von meinem Chef darunter. Er hatte geschrieben, ich solle ihn dringend anrufen, sobald ich gelandet sei.
Den Chef darf man nicht warten lassen. Daher wählte ich seine Nummer, aber wie so oft nahm er nicht ab. Kein Wunder, mittlerweile war es fast fünf. Überstunden sind nicht seine Sache – egal wie beschäftigt er den Tag über auch tun mag.
Also beantwortete ich ein paar Fragen unserer Eventagentur in München, rief meinen nervigen Kollegen aus der Presseabteilung zurück, der wieder mal Fragen im Stile von »Warum ist die Banane krumm?« an mich hatte, und beschloss dann, es meinem Chef gleichzutun und für heute Feierabend zu machen.
Keine halbe Stunde später lag ich frisch gestylt am Pool, um den Tag so unverhofft amüsant mit den beiden Amerikanerinnen ausklingen zu lassen.
2.
Am nächsten Morgen weckt mich eine Mischung aus läutendem Wecker und Hämmern im Kopf. Ächzend richte ich mich auf, um zu mir zu kommen. Wo bin ich? Ach ja, auf Sardinien. Geschäftsreise sozusagen. Geschäft war aber bisher nicht viel, erinnere ich mich mühsam.
Ich stehe auf und wanke ins Bad.
Nach dem Champagnergelage bin ich direkt auf meiner Liege am Pool eingeschlafen. Irgendwann hat mich besagter wunderschöner Kellner geweckt, indem er mich gar nicht schön an der Schulter schüttelte und mit einem Mäppchen winkte, in dem er diskret meine Rechnung versteckt hielt. Von Lynn und Maggie natürlich keine Spur mehr – echte Freunde sind etwas Feines.
Ich drücke Zahnpasta auf meine Zahnbürste und betrachte mein wirres Erscheinungsbild im Spiegel.
Was für ein lustiger Nachmittag gestern. Selten so gelacht. Und die Austern waren auch wunderbar. Habe ich es eigentlich bei einer Portion belassen oder noch eine nachbestellt? Und wie viele Flaschen Champagner waren es am Ende eigentlich?
Zähneputzend gehe ich zurück ins Zimmer und wühle in meiner Strandtasche, die auf dem Tisch steht. Da ist sie ja, die Rechnung.
Dreihundertfünfundachtzig Euro. Mit der handschriftlichen Notiz des Kellners, dass der Betrag »aufs Zimmer« geht.
Mir wird ganz flau im Magen, ich muss mich setzen.
Für ein paar glitschige Happen Meeresfrüchte und zwei Flaschen Perlwein. Zwar alles vom Feinsten, aber trotzdem.
Etwas unter Schock gehe ich duschen, ziehe mich an und setze mich an den kleinen Hotelzimmerschreibtisch, um meine Unterlagen zu ordnen. Austern am Pool war gestern, nun ist es Zeit für back to business . Höchste Zeit sogar.
Zunächst ist da immer noch die Aufforderung meines Chefs, ihn dringend anzurufen. Doch in diesem Moment zum Hörer zu greifen, wäre strategisch alles andere als günstig. Erstens merkt man sofort, dass ich gerade erst aufgestanden bin, zweitens hört mir jeder an, dass ich einen schlimmen, schlimmen Kater habe, und drittens ist es jetzt am angebrachtesten, so zu tun, als wäre er dran. Immerhin habe ich es gestern bei ihm versucht und eine Nachricht auf Band hinterlassen. Er wird das anders sehen, weil er der Boss ist und ich sein Taschenträger, aber ich bleibe dabei.
Schließlich gehöre ich zumindest gefühlt inzwischen zum sardischen Jetset. Und bei dem kommt nicht der Knochen zum Hund, sondern umgekehrt.
Kurz darauf stehe
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