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Amore siciliano

Amore siciliano

Titel: Amore siciliano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luzie Bronder
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Streicheln aus dem Gehege.
    »Sie werden rasch groß«, erklärte sie, während ich dem quakenden, zappelnden Entlein den Kopf tätschelte. »Dann fressen sie das Jahr über Schnecken und Käfer, und am Ende des Jahres werden sie selbst gegessen.«
    Armes Entlein, dachte ich und setzte es rasch wieder zurück zu seinen Geschwistern. Wenn es nur so kurz zu leben hatte, sollte es wenigstens keinen Streichelstress durch mich ertragen müssen. Die Franzosen haben mit Schnecken im Salat sicher kein Problem, schoss es mir noch durch den Kopf, und ich musste über meinen eigenen Scherz schmunzeln. Obwohl – Weinbergschnecken waren auch in Italien auf den Speisekarten zu finden, allerdings weniger im Salat. Nun ja.
    Der Nachmittag bei Signora Forchielli war sehr aufschlussreich, auch was das Thema Lebensplanung anging: Die Informationen aus dem Internet waren nämlich nicht mehr aktuell – auf Casa Perrotta lebten nicht mehr alle Mitglieder der Familie Forchielli, sondern nur noch Mutter und Kinder.
    »Mein Mann hat mich vor einem halben Jahr wegen einer anderen Frau verlassen«, sagte Regina Forchielli fast beiläufig, als sie mit mir vor dem Haus stand und eine Zigarette rauchte. »Seitdem muss ich sehen, dass ich den Hof am Laufen halte. Meine älteren Kinder sind mir dabei eine große Hilfe, und auch meine Mutter arbeitet noch mit. Es geht auch ohne Mann«, schlussfolgerte sie. Ich war beeindruckt: Allein mit sechs Kindern und dann dieser große Hof. Alle Achtung.
    Regina schien nicht sonderlich unter der Trennung zu leiden. »Es stimmte schon eine ganze Weile nicht mehr zwischen uns, und dann hat er diese Frau kennengelernt. Die beiden wohnen jetzt zusammen in Palermo und führen ein kleines Geschäft. Das ist ganz praktisch, wir beliefern sie mit Fleisch und Gemüse. So bleibt das Geld wenigstens in der Familie.«
    Das war mal eine Trennung im Guten. Ich konnte mir nicht vorstellen, mit einem Mann, der mich mit sechs Kindern sitzenließ, noch Geschäftsbeziehungen aufrechtzuhalten. Zum Glück waren solche Themen weit weg. Malte und mich konnte ich mir mit Kindern noch gar nicht vorstellen. Wir waren jung und wollten unsere Freiheit genießen.
    Signora Forchielli und ich verabschiedeten uns herzlich, und ich sah im Geiste schon die ersten Filmszenen mit Enten bei der Schneckenjagd.
     
    Als ich mich am Abend wieder mit Carla traf, war aus ihrer langen blonden Mähne ein knallroter Haarschopf geworden.
    »Ich fand deine Haare so schön«, erklärte sie. »Außerdem war ich jetzt schon ganze acht Wochen blond, und ich langweile mich schnell.« Das galt nicht nur für Carlas Frisur, auch ihrer Männer war sie schnell überdrüssig, wie ich bei einem Espresso erfuhr. Deshalb waren ihre Beziehungen in der Regel kurz, und im Moment war sie mal wieder Single.
    »Die Sizilianer sind unheimlich stur und eingefahren in ihren Gewohnheiten«, klagte sie. »Verwandtschaft hab ich kaum noch, nur einen alten Onkel, der weit weg lebt. Und die meisten meiner Freunde sind entweder in die Betriebe ihrer Familien eingestiegen oder zum Studium nach Palermo oder Messina gegangen.«
    Das war mir ja bereits bei Simona und Paolo aufgefallen, dass Tradition und Familie für die Menschen hier einen anderen Stellenwert hatten als bei uns – wenn man mal von dem untreuen Gatten von Casa Perotta absah. Hatte man hingegen keine Familie mehr, war man zwar freier in seinen Entscheidungen, musste sich aber neue Wurzeln suchen. Ich fragte mich, wovon Carla wohl lebte. Arm schien sie jedenfalls nicht zu sein, als ich sie jedoch nach ihrem Beruf fragte, lachte sie nur und sagte etwas wie »nessun lavoro, è solo fortuna, no need for work«. Ich verstand nicht, wollte aber nicht weiter nachfragen.
    »Ti spiego: Hier in Taormina ist nur im Sommer richtig was los, wenn die Touristen da sind«, erklärte Carla. »Deshalb bin ich dankbar für jede Abwechslung, die sich mir bietet! Ich würde gern mal einen Drehtag miterleben und sehen, wie so eine Produktion abläuft. Meinst du, das wäre möglich?«
    »Ich weiß nicht, ich muss erst meinen Chef fragen«, antwortete ich vorsichtig. Auch wenn sie mein Leben gerettet hatte – ich kannte sie schließlich kaum. Und Fremde waren am Set eigentlich ein Störfaktor, vor allem, wenn sie an fremden Männern Interesse hatten. Ich hatte zwar keine Zweifel an Maltes Treue, aber man konnte ja nie wissen, vielleicht war Carla ja sein Typ? Wo sie jetzt wie ich rote Haare hatte, war das nicht ganz unwahrscheinlich. Und mir

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