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Amors Glücksfall (German Edition)

Amors Glücksfall (German Edition)

Titel: Amors Glücksfall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Wasser
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soweit. Aber das kann ich meiner Mutter nicht sagen. Abgesehen davon weiß ich ja auch nicht, ob man den Prognosen von hirnvertauschenden Engeln wirklich glauben darf. „Wir alle hoffen natürlich, dass es ihm bald wieder gut geht.“ Mit allen meine ich das Team in der Arbeit. Keine Ahnung, ob sie versteht, was ich meine. Ihr Blick ist interessiert, sie achtet auf jedes Wort. „Es ist so, dass wir nicht wissen, was alles genau zu tun ist, solange er nicht da ist. Er lässt sich einiges an wichtiger Geschäftspost ja nach Hause schicken.“
    Meine Mutter nickt. Sie scheint sich zu erinnern, dass ich seit einem Malheur in meiner alten Firma auf diesem Geschäftspost-Versand an die private Adresse bestehe. Sie hatte es seinerzeit mitbekommen. Oder sie hat in den letzten Tagen die Post bei mir zu Hause gesehen. Sie beginnt mich zu mustern, so als versuchte sie, in meinem Gesicht zu lesen.
    „Sie wollen doch nicht, dass ich Ihnen die Post meines Sohnes aushändige?“, fragt sie, nachdem ich zu sprechen aufgehört habe und sie ebenso anstarre wie sie mich. „Das kann ich nämlich nicht!“, sagt sie schließlich. Sie wirkt unsicher. Dann fängt sie sich. Ihre Stimme ist klar und entschieden. „Das kann ich unmöglich machen, verzeihen Sie mir, Lorenzo. Mein Sohn hätte es nicht gewollt.“
    „ Doch, natürlich hätte ich es gewollt!“, würde ich am liebsten schreien: „Was meinst du, warum ich sonst hier bin?“ Sie steht auf. Nun ist es nicht nur die Stimme, die so entschieden ist. Jetzt ist es ihre ganze Haltung. „Na super“, denke ich. „Ich habe nicht die geringste Chance, sie umzustimmen.“ 
    „Ich verstehe Sie schon, Frau Hübner“, sage ich deswegen so ruhig es geht und stehe ebenso auf. Ich greife zu einer Serviette, die neben der Teetasse liegt und schreibe darauf Lorenzos Handynummer.
    „Rufen Sie mich bitte an, wenn es Ihrem Sohn wieder besser geht, ja?“
    Sie nickt und sieht dabei zu, wie ich an ihr vorbei zur Tür gehe. „Ich muss mich beeilen, wenn ich noch heute etwas beim Finanzamt erreichen will“, denke ich. Für einen winzigen Augenblick hoffe ich, dass sie mich aufhält. Aber das tut sie natürlich nicht. „War ja klar“, denke ich, sehe auf die Uhr und weiß sofort, dass kein Beamter der Welt jetzt noch im Büro ist. Ich gehe zur U-Bahn, ziehe eine Fahrkarte und fahre heim.
     
    Am nächsten Morgen wähle ich die Auskunft und lasse mich mit dem Finanzamt verbinden.
    „Wer genau ist für Sie zuständig?“, fragt mich eine gelangweilte weibliche Stimme.
    „Ich weiß nicht genau“, antworte ich. „Mein Steuerberater übernimmt diese Sachen normaler weise.“
    „Aha, Ihr Steuerberater ... “ – „Und warum belästigen Sie nicht Ihren Steuerberater mit Ihren Anrufen?“, scheint sie als nächstes fragen zu wollen.
    „Er ist leider gerade im Urlaub“, lüge ich, um ihr das Wort abzuschneiden. „Und es ist wichtig. Können Sie nicht in Ihrem Computer schauen, wohin Sie mich verbinden müssen?“, versuche ich weiter.
    „Ich brauche Ihren Namen und die Ad resse“, gibt sie knapp zurück.
    „Mark Hübner, Evastraße 29, München .“ Für gefühlte zehn Minuten höre ich nichts. Dann werde ich ohne ein weiteres Wort mehrfach verbunden.
    „Moment .“ Wieder dauert es mindestens fünf Minuten, bevor jemand rangeht.
    „Moser .“ Die Stimme ist männlich. Und auch dieser Finanzbeamte scheint nicht besonders motiviert zu sein. „Was kann ich für Sie tun?“
    „Ich heiße Hü bner.“
    „Ich weiß .“ Es raschelt in der Leitung.
    „Sind Sie für mich zuständig?“, frage ich vorsichtig. „Wenn er mich gleich weiter verbinden will, flippe ich aus“, denke ich und zwinge mich dazu, ruhig zu bleiben.
    „Das kommt darauf an, was Sie wollen.“
    Ganz ruh ig, Mark, gaaanz gaaanz ruhig.
    „Ich will erst mal wissen, weshalb Sie meine Konten gesperrt haben. Das haben Sie doch, nicht wahr?“ Ich hoffe, ich war nicht zu laut . In der Leitung ist es so still, dass ich mir nicht sicher bin, ob Herr Moser nicht einfach aufgelegt hat.
    „Diese Informat ion kann ich Ihnen nicht geben.“ Er klingt so gelassen, dass ich beginne sauer zu werden.
    „Was heißt das: Sie können mir die Information nicht geben? Ich weiß doch, dass meine Konten gesperrt sind. Können Sie sich überhaupt vorstellen, was das für mein Geschäft bedeutet?“
    Ka nn er nicht.
    „Hören Sie, Herr Hübner, Sie haben mein Anschreiben erhalten und nicht reagiert. Deshalb blieb mir nichts anderes

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