Amors Glücksfall (German Edition)
Kollegin.
„Frau Hübner hat die Sachen des Patienten bereits erhalten“, höre ich aus dem Ärztez immer. Es ist eine Männerstimme. Der Typ dazu bequemt sich nicht einmal heraus. „Es wird der Arzt sein“, denke ich: „Schon wieder so ein Vollidiot, der ein Problem mit gleichgeschlechtlichen Beziehungen hat!“
Es amüsiert mich, dass ich die Sache so ernst nehme. Andererseits ist mein wirkliches Problem ja ein völlig anderes. Mein Plan geht nicht auf. Scheiße. So viel zum Thema Informationsbeschaffung und Geld.
Ich glaube, man sieht mir die Enttäuschung an. Jetzt haben die beiden Krankenschwestern sogar Mitleid mit mir. Die Blondine fasst mich am Arm an. Sie tätschelt mich doch nicht zum Trost? Langsam begreife ich, warum Lorenzo sich als schwul ausgibt. So hat er wenigstens Mitleid der Frauen, wenn schon nichts anderes geht.
„Wenn Sie nicht verheiratet sind, hätten Sie sowieso nichts bekommen. Wir dürfen n ur ...“, sagt die Dunkelhaarige. Das Gesicht der Blondine spiegelt nur ihr Bedauern wider. „Das tut uns echt leid“, fügt sie hinzu. Diese Hühner hier gehen mir langsam auf die Nerven. Zudem ist Mitleid das Letzte, das ich gerade brauche. Ich brumme vor mich hin. Mitten in ihren Satz hinein. Der Gedanke, Mutter einen Besuch abstatten zu müssen, lässt mich schnaufen. Die beiden verstehen es wohl als eine enttäuschte Bestätigung. Was mir allerdings völlig wurscht ist. Ich lasse sie stehen, drehe mich um und stampfe im Schneckentempo davon.
14 Von Müttern und Finanzbeamten
Dass ich einen neuen Plan brauche, weiß ich. Auch dass ich ein Riesenproblem haben werde, wenn ich mir nicht bald etwas einfallen lasse, ist mir bewusst. Das einzig Dumme ist, dass nichts von diesem Wissen mir weiterhilft. Eher das Gegenteil ist der Fall. Ich stecke fest. Mich selbst unter Druck zu setzen, hat noch nie funktioniert. Und es gilt offensichtlich für Lorenzo ebenso wie für Mark. Die erste Gemeinsamkeit ist keine, auf der ich bestanden hätte. Aber es fragt mich ja niemand nach meiner Meinung, also bleibt mir nur zu hoffen, dass wenigstens meine Mutter es gut mit mir meinen wird und die Schlüssel zu meiner Wohnung ohne große Probleme herausrückt. Tief in mir ahne ich allerdings, dass es schwierig werden könnte.
Ich steige in die U-Bahn und suche die passende Verbindung heraus. Mit meinem Auto wäre ich in zehn Minuten da. Öffentlich brauche ich fast eine Stunde. Drei Mal Umsteigen mit inklusive. Als ich vor meinem Elternhaus stehe, taucht eine Erinnerung in mir auf, die ich lieber vergessen möchte: Der Streit ums Erbe, der kranke Vater. Die Beerdigung. „Dass es jetzt wieder um meine Firma geht, ist bezeichnend“, denke ich. Auch wenn es diesmal nur sekundär ums Geld geht, befürchte ich, dass es wirklich nicht einfach wird.
„ Meine Mutter ist eine harte Nuss!“, denke ich und trete an die Tür, die sich Sekunden später öffnet.
„Hallo!“ Ich überlege, ob ich überhaupt geklingelt habe und lächle eine Mischung aus Verlegenheit und Freunde, sie zu sehen. Sie kommt einen Schritt auf mich zu, reicht mir ihre Hand und lächelt zurück.
„S chön, dass Sie mich besuchen“, sagt sie und hält den Händedruck noch eine Weile. „Lorenzo?“, fragt sie zur Sicherheit. Ich nicke. „Ich wollte nachher noch ins Krankenhaus, möchten Sie mitkommen?“
„Ich komme gerade von dort .“ Ich trete ein und sehe mich um. Meine Mutter verschwindet über den breiten Flur in die Küche. Wenige Minuten später taucht sie wieder auf. Sie verliert kein Wort darüber, dass ich bei unserer letzten Begegnung davongelaufen bin.
„Nichts Neues, oder? “ Sie sieht müde aus. Und alt.
„ Und sie ist das Einzige in diesem Haus, was sich verändert hat“, denke ich und sehe weiter um mich. Die breiten Terrakottafliesen, die kleinen Bilder auf den rau verputzten Wänden, der Teppich, auf dem ich stehe und der in meiner Erinnerung schon immer hier gewesen ist.
„Nein, alles beim Alten.“
„Na kommen Sie schon rein“, fordert sie mich auf und geht Richtung Wohnzimmer voraus. „Möchten Sie etwas essen?“
Ich erkenne sofort alte Muster und schmunzle.
„Nein, danke. Aber ich muss etwas mit Ihnen besprechen“, sage ich und setze mich ihr gegenüber auf die Couch. „Es geht um Munichlive “, beginne ich. Sie kneift ihre Augen zusammen.
„Sie meinen Marks Firma“, flüstert sie, ihre Gesichtszüge entgleisen, obwohl sie offenbar um Fassung ringt. Ich nicke. „Entschuldigen
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