Amors Glücksfall (German Edition)
springe von meinem Platz auf und renne ihr hinterher.
„Was soll denn das heißen: ‚Solange ich im Koma liege‘?“
Sie dreht sich nicht um. Erst an der Tür hole ich sie ein. Ich halte sie am Ärmel fest.
„Mooooment mal. Ich will sofort eine Erklärung!“, schreie ich und brülle in Gedanken weiter: „Das kann doch nicht sein, dass ich in dieser Wohnung und noch schlimmer: in diesem Körper Däumchen drehen muss, während mein eigener Körper irgendwo herumliegt!“ Bei dem Gedanken läuft es mir kalt den Rücken runter. „Glaube ich ihr etwa? Was für ein Schwachsinn ist das hier?“ Ich sehe erneut an mir herunter.
„So ist aber der Deal, Mark“, flüstert sie und reicht mir ein zusammengefaltetes Blatt Papier. Dass sie meine Gedanken lesen kann, wundert mich plötzlich überhaupt nicht mehr. Ich habe gerade ganz andere Sorgen. Sie bleibt stehen und sieht mich wortlos an. Sie wirkt amüsiert, würde ich behaupten, aber ich weiß es nicht genau. Ich bin zu aufgeregt, um ihren Blick zu analysieren. Stattdessen entfalte ich den Zettel und überfliege den Inhalt. Tatsächlich steht da etwas von einem Vertrag zwischen mir und dieser Frau hier. Etwa in der Mitte des Textes finde ich den Namen der Klinik, in der mein Körper angeblich verweilt. „Klinikum Großhadern“, lese ich. Das und der Absatz mit dem Kleingedruckten gefällt mir ganz und gar nicht.
„Und was soll ich jetzt machen?“ Ich glaube, meine Stimme klingt panisch. Dabei bin ich ü berhaupt kein ängstlicher Mann. Mir gehört eine Firma mit sieben Mitarbeitern. Ich kann mir Angst überhaupt nicht leisten!
„Spiel einfach weiterhin den Amor. Das kannst du doch so gut“, lächelt sie. Dass sie Lorenzo meint, ist mir klar, aber ich kann das so nicht akzeptieren. Ich mache meine Augen zu in der Hoffnung, dass alles beim Alten ist, sobald ich sie öffne. Ich atme tief durch und beschließe für den Fall, dass meine Hoffnung enttäuscht wird, den verdammten Vertrag rückgängig zu machen. Ich kann so etwas sehr gut. Immerhin ist es mein Job, Verträge zu schließen, nachzuverhandeln und mich zur Not aus ihrer Verbindlichkeit herauszuwinden, zu kündigen, zu klagen. Es gibt keinen Vertrag, den man nicht aus der Welt schaffen kann, das weiß ich genau. Zudem mache ich keine Verträge mit Menschen, die nur einen Vornamen haben. Das kommt gar nicht in Frage! In meinem eigenen Körper, auch wenn der sich angeblich gar nicht bewegen kann, werde ich im Moment sowieso am meisten gebraucht. „Diese Scheiße kann sie mit jemand anders abziehen, aber nicht mit mir!“, denke ich wütend. Und genau das will ich dieser Calo-was-weiß-ich jetzt auch sagen. Es ist lächerlich, mich an irgendwelche Verträge, die ich betrunkenerweise geschlossen habe, binden zu wollen. Und das gilt überhaupt nicht! Ich gehe einen Schritt nach vorne, entschlossen, ihr entgegenzutreten, öffne meine Augen.
U nd haue meinen Schädel im gleichen Moment gegen die Wohnungstür. Die heiße Braut ist verschwunden und ich habe ein Problem: Mir wurde eine zweite Chance gegeben, mit der ich nichts anfangen kann.
3 Eine Begegnung der dritten Art
„Oh entschuldige!“
Ich sehe eine ganze Weile nur Sterne. Währenddessen schlagen Metallteile gegeneinander, weil jemand den Schlüssel aus dem Türschloss zieht.
„Ich wusste nicht ...“ Es ist die gleiche Stimme wie auf dem Anrufbeantworter. „Das muss die besorgte Schwester sein“, denke ich und lasse Lorenzos Körper von der Frau umarmen. „Armer Schatz“, flüstert sie und entschuldigt sich noch eine Weile. Komisch, dass ihre Stimme in meinen Ohren bekannt klingt, so wie sie mir auch sonst irgendwie sehr vertraut vorkommt, ohne dass ich sie auch nur sehen kann. Sie fühlt sich so weich an, wie Lorenzos Bauchfett. Und sie ist insgesamt so warm wie ihre Stimme.
„Schon gut“, sage ich. „Es ist wirklich gut, ehrlich!“ Jetzt versuche ich mich von ihrem Körper zu lösen. Langsam kann ich auch etwas besser sehen. Ich reibe mir die Augen und blinzle gegen das Licht. Nein, nicht gegen das Licht. Es sind rote Locken, die in alle Richtungen abstehen. „Moment!“ Ich muss mich konzentrieren, um nicht gleich schon wieder davon auszugehen, dass ich auch sie kenne. Sie mustert mich durch ihre einzelnen Haarwirbel hindurch.
„Ist was?“
Diese grünen Augen kenne ich außerdem auch.
„ Stella?“ Oh Mist. Deswegen kam mir ihre Stimme ja auch so bekannt vor. Was mache ich jetzt? Mir dämmert, dass es sie gewesen
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