Amors Glücksfall (German Edition)
hätten sich nur ihre Kunden angemeldet. Die Schwächsten des Teams: große Klasse! Die anderen haben in solchen Fällen für den Abend frei, was für mich jetzt richtig scheiße ist.
„Amor? Sag bloß, du fehlst?“ Jans Stimme klingt zweifelnd. Worauf es zurückzuführen ist, ist mir klar. Vor lauter Chaos in meinem Leben habe ich sowohl als Mark, als auch als Lorenzo den Termin übersehen und keine Kunden aktiviert. „Eigentlich blöd“, überlege ich jetzt. Ich könnte zur Blumenfrau flitzen und dann dabei sein. Für den Abend habe ich ja eh noch nichts vor. Und die Gelegenheit ist ja wirklich günstig!
„I ch könnte ja trotzdem mitgehen“, schlage ich vor. Ich weiß, dass ich selbst es nicht gerne sehe, da die anwesenden Betreuer eine Überstundenpauschale kriegen. Doch ich bin ja nicht da! Ich grinse Jan zu. „Also, falls ihr Hilfe braucht oder so“, füge ich hinzu und sehe zu Karim. Es ist sein erstes Mal, versuche ich Jan zu vermitteln. Karim braucht mich und ich brauche endlich Bewegung in meinem Pärchenportfolio. Am Donnerstag ist auch das Gehalt da, sofern alles funktioniert. Ich müsste mir also keine Blumen auf Pump besorgen. Ich stoppe. Das stimmt ja. Lorenzo war immer dabei und immer hatten seine weiblichen Kunden Blumen bekommen. Ich habe mich manchmal gefragt, ob das Zufall war, habe es dann aber damit abgetan, dass er den Männern, die er ins Rennen schickte, den Tipp gegeben hatte. So viel zum Thema Zufall! Karim sieht jetzt, ebenso wie ich zuvor, zu Jan und dann zu mir. Er wirkt auf mich, als hätten wir uns verschworen. Jan nickt.
„Gut“, sagt er, weil er mit Sicherheit hofft, von meiner vermeintlichen Erfahrung zu profitieren. „Andererseits“, überlege ich: „kann ich so im Auge behalten, wie er sich anstellt.“ Alles andere ist trotz meiner eigenen Hoffnung darauf eher vergebene Liebesmühe, wie Stella es sagen würde.
Apropos Liebesmühe. Beim Rausgehen stoße ich mit Karim zusammen, der vor der Tür auf mich wartet und so tut, als raucht e er.
„Wollen wir was trinken gehen?“, fragt er gespielt beiläufig und sieht mich dabei erwartungsvoll an, was ihn verrät. Ich habe noch immer keine Ambitionen bei ihm und zudem auch immer noch kein Geld in der Tasche.
„Sorry, geht nicht“, schüttle ich ihn ab, ohne stehen zu bleiben. Ich muss zur Bank und zu der Blumenfrau, mache das Fahrrad los und breche auf.
23 Die Grinsekatze
Noch bevor ich den Blumenladen betrete, spüre ich, wie das Handy in meiner Hosentasche zu vibrieren beginnt. Hinter mir schüttet es Bäche vom Himmel herab und ich bin froh, es noch rechtzeitig ins Trockene geschafft zu haben. Dem Fahrrad geht es gerade erheblich schlechter als mir. Während ich durch die bemalte Fensterscheibe auf die Straße blicke, versuche ich in meinem Kopf den Tag passieren zu lassen, um mich nicht auf das Handy zu konzentrieren. Ich bin mir sicher, dass es Karim ist, mit dem ich gerade nicht reden will. Ich habe ihn nicht angerufen, obwohl er sicher annimmt, dass ich es versprochen habe. „Ich melde mich“, sagte ich zu ihm und es natürlich überhaupt nicht so gemeint. Ich weiß, man sollte es unter Männern solidarischer handhaben und direkter sein. Geht aber irgendwie nicht. Ich schaffe es einfach nicht, in Karim einen Mann zu sehen, obwohl ich nichts gegen Schwule habe. Ich habe sogar seine Nummer neben den Zahlschein fürs Schwarzfahren drapiert, weil ich mir sicher bin, dass Lorenzo sich darüber freuen wird. Alles andere muss er allerdings selbst übernehmen. Ich nehme die Tasche von meinem Rücken und wühle darin nach Geld, obwohl ich weiß, dass ich nichts finden werde. Ob Frau Lippers wohl auch auf Rechnung arbeitet?
„Hallo mein Lieber!“, höre ich aus dem Hinterzimmer. Eine winzige alte Dame kommt mit verschmierten Händen heraus, geht näher zu mir, bleibt stehen und sieht zu mir hoch. Ich denke an den Bankbesuch und greife jetzt doch nach dem Handy. Übersprunghandlung, nehme ich an. Frau Lippers lässt mich stehen und geht an die Tür.
„Was machen Sie denn da?“, rufe ich ihr nach. Ein ganzer Schwall Regenwasser kommt ihr entgegen, bevor sie die Tür wieder schließen kann. Weder meine Sorge um sie, noch ihr nasser Kittel scheinen die alte Dame allerdings zu beeindrucken.
„Ich wollte nur sehen, ob die Glocke noch in Ordnung ist!“, antwortet sie, sieht hoch und dreht sich dann wieder zu mir um. „Ich habe Sie nämlich gar nicht hereinkommen hören“, klärt sie mich auf.
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