Amors Glücksfall (German Edition)
dem Marmor hinter mir die nassen Fußabdrücke an. Ich triefe förmlich. Frau Lippers Regenschirm hängt schlapp an meinem Handgelenk. Er hat mir seine Dienste schon nach wenigen Metern im Wind und Regen verweigert, was ich ihm zuerst richtig übelgenommen habe. Doch ich muss ihn zurückgeben. „Spätestens wenn ich Frau Lippers das nächste Mal besuchen gehe, muss ich ihn mitnehmen“, denke ich gerade noch rechtzeitig, bevor ich ihn wütend in einen Mühleimer stopfe. Jetzt hängt er da und spiegelt meinen Gemütszustand wider. Ein rosa Regenschirm, kaputt und zu nichts zu gebrauchen. Ja, das bin ich. Und so fühle ich mich auch. Ein Versager auf ganzer Linie. Ich stoße die Tür auf.
„Sie wollen zu Herrn Fischer?“, fragt mich Frau Reis und mustert meine unglückliche Erscheinung. Normalerweise flirtet sie mit mir und besorgt Kaffee, während ich warte. Jetzt aber sehe ich nur Mitleid in ihrem Gesicht. Sie bietet mir nicht einmal einen Platz an. Sicher aus Sorge um die schönen Sessel. Zu meinem Glück aber erscheint Paul im Flur hinter ihr. Er winkt mir zu und bedeutet seiner Sekretärin mich durchzulassen.
„Ein heißer Kaffee wäre suuuper“, flöte ich, bevor ich Richtung Pauls Büro stapfe. Ich könnte wetten, dass sie noch da steht und mir nachstarrt. Meine nassen Fußabdrücke auf dem Parkett inklusive mich selbst in ihren Gedanken wild verfluchend. „Sie mag mich nicht“, sage ich zu Paul und lasse mich auf einem Lederstuhl nieder. Er betrachtet mich von der Tür aus und hat offensichtlich genauso viel Mitleid mit mir wie Frau Reis. Doch da ist noch etwas anderes. „Scheiße, ist das widerlich“, schimpfe ich. Die Wasserpfütze, die unter mir entsteht, fühlt sich an, als koche ich in meinem eigenen Sud. Schnell wird die nasse Kleidung am Körper so miefig warm, dass sich diese Empfindung noch verstärkt. Paul geht an seinen Tisch, greift zum Telefon und wählt offensichtlich die Nummer des Empfangs.
„Könnten Sie zwei , drei Handtücher mitbringen?“, fragt er. Ich weiß, dass er hier sogar große Handtücher bunkert. Ich gehe nach der Arbeit oft mit ihm zum Sport oder in die Sauna. „Sie mag dich nicht“, bestätigt er, nachdem er aufgelegt hat. Keine Ahnung, was Frau Reis ihm gesagt hat, aber es war sicher nicht nett. Ich freue mich trotzdem, als die Tür aufgeht und sie voll beladen hereinkommt. Ich bin nicht besonders nachtragend, schon gar nicht in solchen Situationen wie jetzt. Erst legt sie einen Stapel Handtücher auf die Ledercouch hinter mir, dann verschwindet sie und kommt mit dem Kaffeetablett zurück.
„Ich hoffe, dem Haserl geht’s gut“, bemerke i ch beiläufig. Frau Reis ist dabei, die Tassen auf den Tisch zu stellen, um das Tablett wieder mitzunehmen, erstarrt aber, als sie die Worte hört. Ich glaube nicht, dass ich der Einzige bin, dem sie von ihrem Hund erzählt hat, dessen dämlichen Namen sie nicht ändern konnte, weil sie ihn bekommen hat, als er schon alt war. Ich glaube es nicht, doch für einen Moment ist mir, als läge ich falsch mit der Annahme. Ich sehe, wie sie ihr Gedächtnis nach jemanden durchforscht, der ich nicht sein kann. Nicht so, wie ich jetzt aussehe. Es steht ihr auf die Stirn geschrieben, wie sehr ich sie verwirre. Ihre Falten sehen wie Blitze aus, die außer Kontrolle geraten sind. Sie versucht zu lächeln, nickt mir zu und verschwindet aus dem Büro. Eine Minute später bringt sie mir zwei zusätzliche Handtücher.
„Habe ich vergessen“, sagt sie, guckt irritiert auf den kleinen Haufen auf der Couch, als hätte sie ihn vergessen und nicht die neuen Handtücher. „Hier“, stammelt sie. Jetzt findet sie mich offensichtlich weniger schrecklich, auch wenn sie immer noch nicht weiß, aus welcher Schublade ihres Gedächtnisses ich sie anspringe. Ich sehe zu Paul, der sich seine Kaffeetasse gegriffen hat und die Verwirrung von Frau Reis interessiert mitverfolgt.
„Woher wusstest du das?“, fragt er, nachdem sie uns allein gelassen hat. Ich stehe auf, greife mir ein Handtuch nach dem anderen, versuche mich abzutrocknen, breite anschließend zwei der benutzten Handtücher übereinander auf der Couch aus und setze mich drauf.
„Woher schon?“, grinse ich und lehne mich zurück. „Bei schönen Frauen kann ich mir alles Mögliche merken!“ Nach dem Befinden von Rosana zu fragen, erspare ich mir. Die Sache mit Frau Reis wirkt noch nach, also lasse ich es setzen und gehe zu der anderen Sache über. „Hast du telefoniert?“, frage ich. Er
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