Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amputiert

Amputiert

Titel: Amputiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gord Rollo
Vom Netzwerk:
den Verstand verloren haben! Wo sind die anderen zweihundert Mäuse, die Sie mir dafür versprochen haben, dass ich mir diesen Mist anhöre?«
    Drake bedachte mich mit einem verhaltenen Grinsen, was entweder bedeutete, dass er über mich lachte, oder dass er meine jämmerliche Demonstration von Härte respektierte. So oder so, er griff nach seiner Brieftasche und holte zwei weitere Hunderter daraus hervor. Er zerknüllte sie wie Müll – zuvor hatte er die Scheine als Kleingeld bezeichnet – und schlug sie mir in die Hand. Ich steckte das Geld ein, rutschte hastig über den Sitz und hielt auf die Tür zu.
    Ich rechnete damit, dass Drake mich aufhalten würde, bevor ich es aus dem Wagen schaffte. Seine Hand der Größe eines Baseballhandschuhs würde mich grob an der Schulter packen und mich rückwärts auf den Boden schleudern. Über mir aufragend, würde er brüllen: »Sie gehen nirgendwohin, Mister. Wir wollen Ihren Arm, und ich werde ihn mir hier und jetzt nehmen!« Drake würde einen seiner glänzenden Abendschuhe Größe sechsundvierzig mitten auf meine Brust pflanzen und mir den Arm mit bloßen Händen ausreißen.
    Natürlich geschah nichts davon, trotzdem konnte ich das Bild meines über den hübschen neuen Teppich spritzenden Blutes erst abschütteln, als ich mich wohlbehalten aus der Limousine geschält hatte und auf dem Gehsteig stand. Da ich nicht darauf geachtet hatte, wohin wir gefahren waren, konnte ich nicht genau einordnen, wo ich mich befand, aber das war kein großes Problem. Ich würde einfach laufen, bis ich zu einer großen Kreuzung gelangte, zu einer, die ich kannte, dann würde ich den Weg zurück zur Carver Street mühelos finden.
    Ich versuchte bereits, diese unschöne Episode zu verdrängen, und begann zu planen, wie Blue J und ich mit den vier großen Scheinen in meiner Tasche eine Nacht erster Klasse in der Stadt verbringen würden. Ginge alles gut, würde ich fürstlich gespeist und mich betrunken haben und trotzdem rechtzeitig zu meiner Mutprobe mit dem Güterzug erscheinen, der in elfeinhalb Stunden aus Rochester zurückkehren würde. Meine Füße hatten sich gerade in Bewegung gesetzt, als Drake den riesigen Schädel zur Tür der Limousine herausstreckte und etwas sagte, das mich vor dem vierten Schritt innehalten ließ.
    »Nichts für ungut, Mike«, rief er. »Ob Sie es glauben oder nicht, ich habe großen Respekt vor Ihnen. Man begegnet nicht jeden Tag jemandem mit genug Mumm, um einfach aufzustehen und zwei Millionen Dollar links liegen zu lassen.«

Kapitel 5
    Zwei Millionen Dollar?
    Zwei MILLIONEN Dollar?
    Hatte ich Drake das wirklich sagen gehört? Keine Chance, es musste sich um einen Irrtum oder womöglich einen weiteren Scherz handeln. Andererseits hatte Drake gemeint, sein Arbeitgeber sei unverschämt reich. Vielleicht ...
    ZWEI MILLIONEN DOLLAR?
    Die Zahl war so schwindelerregend gewaltig, dass mir die Nullen, als ich sie mir vorzustellen versuchte, wie eine Flipperkugel im Kopf herumschwirrten. Wie angewurzelt blieb ich stehen, außerstande weiterzugehen, zugleich jedoch zu verängstigt, um mich umzudrehen. Instinktiv spürte ich, dass ich untergehen würde, wenn ich umkehrte und mir mehr von diesem Wahnsinn anhörte.
    Geh einfach weiter, Mike. Verschwinde von hier , warnte ich mich, doch ich konnte es nicht. Ich konnte einfach nicht. Wie sollte ich es rechtfertigen, eine solche Summe ausgeschlagen zu haben? Ich dachte daran, was ich damit alles kaufen könnte, an die Orte, die ich besuchen könnte – rechter Arm hin, rechter Arm her.
    Ich dachte an Arlene. Herrgott im Vergleich zu dieser Summe waren die fünfundzwanzigtausend von der Versicherung nichts.
    Wenn ich meine Karten richtig ausspielte, würde ich vielleicht sogar wieder mit ihr zusammen sein, ein Teil ihres Lebens werden können.
    Langsam, Kumpel. Werd nicht euphorisch. Das wird nie geschehen.
    Und dennoch konnte es geschehen. Oder nicht? Wie lautete noch mal das alte Sprichwort? Wie man es machte, konnte es verkehrt sein. Das fasste ziemlich gut zusammen, wie ich mich in dem Moment fühlte.
    Letztlich drehte ich mich doch zu der Limousine um. Wenn ich schon verdammt sein würde, konnte ich dabei auch reich werden, oder? Drake bemühte sich redlich, nicht von einem Ohr zum anderen zu grinsen, aber Taktgefühl zählte offensichtlich nicht zu seinen Stärken. Er wusste, dass er mich dort hatte, wo er mich haben wollte; ich spielte den Trottel und dachte nur noch an das Geld.
    »Sie haben richtig gehört, Mike.

Weitere Kostenlose Bücher