Amputiert
zuerst hier auf Video sehen, als Sie gleich unvorbereitet durch die Labors zu führen.
Das Material wird Sie zweifellos auf unseren späteren Rundgang vorbereiten, aber der Sinn des Videos besteht nicht darin, irgendjemanden zu schockieren; vielmehr soll es beweisen, dass die Dinge, die wir hier versuchen wollen, getan werden können und teils bereits getan werden . Ich glaube aufrichtig daran, dass wir Erfolg haben werden.«
Ich wusste nicht, wie es den anderen ging, aber ich saß da und fragte mich, was er damit meinte. Was wollten wir denn versuchen? Ich spielte mit dem Gedanken, den Doktor danach zu fragen, doch er war gerade damit beschäftigt, den Rollstuhl beiseitezumanövrieren, damit er niemandem die Sicht auf das Video versperrte.
»Wie auch immer«, fuhr der Chirurg fort, nachdem er seinen neuen Platz eingenommen hatte. »Genug geredet. Mr. Drake, spielen Sie das Video ab!«
Drake dunkelte den Raum ab, und gleich darauf erwachte die große weiße Leinwand zu gleißendem Leben.
Kapitel 8
Insgesamt dauerte die Vorführung wahrscheinlich nur fünfzehn Minuten, aber es fühlte sich drei- oder viermal so lange an. Es ist schwer zu beschreiben, was ich sah – Körperteile, Blut und seltsame Maschinen, die wie etwas aus einem Science-Fiction-Streifen anmuteten. Das Material war grausig und zugleich spannend.
Offensichtlich hatte Dr. Marshall eine Möglichkeit entwickelt, Organe und Gliedmaßen ... am Leben zu erhalten , wäre wohl die beste Beschreibung. Er konnte beispielsweise ein abgetrenntes Bein an diese Maschine anschließen, die kontinuierlich Blut hindurchpumpte, als wäre es noch an einem Körper angewachsen. Hunderte, vielleicht Tausende feine Drähte waren an dem Glied befestigt und übertrugen an die freiliegenden Nervenenden anscheinend elektrische Reize, die bewirkten, dass sich das Bein bewegte. Und die Drähte mussten ordentlich Strom übertragen, denn in jedem Beispiel, das uns gezeigt wurde, zuckte und tänzelte der Arm, das Bein, das Herz oder was auch immer gehörig.
Es war in der Tat ungewöhnlich zu beobachten, wie sich eine körperlose Hand öffnete und schloss, mit den Fingern wackelte und sich anschließend spastisch auf der Tischoberfläche hin- und herwarf. Zuerst jagte es mir eine Höllenangst ein – es war das Unheimlichste, was ich je gesehen hatte –, doch je länger die stete Abfolge von Beispielen andauerte, desto mehr wurde der Anblick bizarr statt schaurig. Bizarr ist wahrscheinlich ein zu starkes Wort. Vielleicht seltsam? Ja, das klingt besser. Es war so verdammt seltsam zu sehen, wie ein oberhalb des Knöchels abgeschnittener Fuß zu einem nicht zu hörenden Takt rhythmisch mit den Zehen klopfte.
Das mit Abstand Erstaunlichste – und hätte ich es irgendwo anders gesehen, hätte ich gelacht und geschworen, es sei fingiert – war ein unterhalb des Kinns abgetrennter menschlicher Kopf. Die Wirbelsäule hing noch daran, lag jedoch frei und befand sich in einer mit milchig-gelblicher Flüssigkeit gefüllten Glaskammer. Die Augen öffneten und schlossen sich alle vier oder fünf Sekunden, die Nase zuckte unablässig, und einmal während der etwa dreißig Sekunden, die der Kopf zu sehen war, klappte der Mund auf und schien geräuschlos zu schreien.
Unter dem Kinn, wo sich der Hals hätte befinden sollen, verschwanden mehrere rote und blaue Schläuche in der Halshöhle, offenbar irgendwie mit dem Gehirn des armen Mannes verbunden, um es mit lebenserhaltendem Blut zu versorgen. Darunter im Glastank war ein gigantisches Netzwerk von Drähten und Elektroden an der gesamten Länge der Wirbelsäule befestigt und verursachte, dass sie in ihrem wässrigen Heim zuckte wie der Schwanz eines filetierten Fischs, der sich beharrlich weigerte zu sterben.
Als das Video schließlich endete und Drake die Lichter wieder heller schaltete, beherrschte ein unbehagliches Schweigen den Konferenzraum. Niemand schien eine Ahnung zu haben, was er sagen sollte. Ich meine, mal ehrlich, was konnte man nach einer solchen Vorführung schon sagen? Es wäre anders gewesen, hätten wir gewusst, dass es sich um einen miesen Horrorstreifen mit Ketchup und billigen Spezialeffekten handelte, doch das traf nicht zu. In diesem Fall war alles real – sogar der abgetrennte Kopf.
Und dennoch: So schockierend und grotesk Dr. Marshalls Experimente zweifellos waren, nach dem Video ertappte ich mich dabei, mich von der Arbeit des Chirurgen nicht abgestoßen, sondern nur umso verblüffter zu fühlen. Was er
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