Amputiert

und kräftige Versorgung mit Blut wiederhergestellt werden.
    Und das ist die Stelle, an der die meisten Wissenschaftler und Chirurgen den falschen Weg einschlagen. In ihrer Eile, die Blutversorgung wieder einzurichten, befestigen sie das abgetrennte Glied sofort wieder am Körper des Patienten. Die Durchblutung ist dadurch wieder gegeben, aber das Nervensystem ist in der Regel tot oder stirbt ab, und dann gibt es keine Möglichkeit mehr für den Versuch, es zu reparieren. Die Ärzte lehnen sich einfach zurück und hoffen, dass Zeit und Erholung den Schaden letztlich heilen werden.
    In diesem Institut haben wir einen radikal anderen Ansatz gewählt. Die Durchblutung muss natürlich wiederhergestellt werden, aber niemand kann behaupten, dass ein abgetrenntes Glied zurück an den Körper muss, um das zu bewerkstelligen.«
    Rolli, der in der vordersten Reihe saß, stieß hörbar die Luft aus und zog damit die Aufmerksamkeit aller auf sich. Er klopfte zur Betonung auf die Armlehne seines Rollstuhls, als er endlich die Verbindung herstellte, auf die ich bereits gekommen war, während wir uns das Video ansahen. »Es sind diese verdammten Maschinen, nicht wahr? Sie pumpen das Blut. Mit ihnen stellen Sie die Durchblutung ohne Körper wieder her, richtig?«
    »Genau. Und es ist sogar relativ einfach. Wir schließen die Schläuche direkt an die vorhandenen Hauptvenen und -adern an. Falls Sie je jemanden gekannt haben, der eine Herztransplantation oder, was häufiger vorkommt, eine Bypassoperation hatte, dann wissen Sie, dass die Ärzte das Herz des Patienten anhalten, damit sie daran arbeiten können. Dafür schließen sie den Patienten an eine sogenannte Herz-Lungen-Maschine an, kurz HLM. Der Chirurg leitet den Blutstrom vom Herzen weg in diese HLM, die für die Dauer der Operation die Funktion des menschlichen Herzens und der Lungen übernimmt.
    Es ist ein erstaunliches Gerät. Die Maschine pumpt nicht nur gleichmäßig Blut durch den Körper, sie wärmt es auch, um es auf Körperkerntemperatur des Patienten zu halten, und obendrein versorgt sie es noch mit Sauerstoff, wodurch sie wie eine gesunde Lunge fungiert.
    Interessant und vielen Menschen nicht bekannt ist der Umstand, dass ein Patient, der auf der Intensivstation nach einer Bypassoperation einen Herzstillstand erleidet, in den Operationssaal gebracht und wieder an die Herz-Lungen-Maschine angeschlossen wird. Auf diese Weise können die Ärzte am Herz des Patienten arbeiten, ohne dem Druck der tickenden Uhr ausgesetzt zu sein, gegen die sie arbeiten. Statt wenigen Minuten steht ihnen ein ausgeweitetes Zeitfenster zur Verfügung, und häufig kann jemand wiederbelebt werden, dessen Herz buchstäblich vor Stunden stillgestanden hat. Ich fand das immer faszinierend.
    Normale HLM sind ziemlich sperrig und schwer transportierbar; unsere verbesserte Version ist kleiner, effizienter und tragbar, sodass die Geräte aus Operationssälen in Labors oder überallhin gebracht werden können, wo man sie braucht. Wir haben ein kleines Problem damit, unseren ständigen Bedarf an frischem Blut zu decken, aber abgesehen davon, funktioniert das System fabelhaft.
    In der medizinischen Gemeinschaft liegt die Bestmarke für den am längsten mit einer HLM am Leben erhaltenen Patienten bei achtundzwanzig Tagen. Die meisten Menschen würden finden, das sei ein beeindruckender Wert. Nicht so hier bei uns. Mit einer speziell modifizierten, von mir patentierten Version einer solchen herkömmlichen HLM wurden einige der Körperteile aus dem Video über mehrere Monate am Leben erhalten. Unser persönlicher Rekord beträgt einhundertneunzehn Tage ... und die laufen noch. Ja, ganz recht, die Gliedmaße lebt noch. Es ist ein linkes Bein, und wenn sie sich dazu in der Lage fühlen, sehen wir beim Rundgang durch die Labors im Anschluss an das Mittagessen nach, wie es ihm geht.«
    Alle waren sich darin einig, dass sie die Arbeit des Doktors gern mit eigenen Augen sehen würden. Ich hob die Hand, um eine Frage zu stellen, doch Bill Smith kam mir zuvor.
    »He, Doc? Was ist mit all den Drähten? Ich konnte mir zusammenreimen, dass sich die Körperteile durch sie bewegen, aber können Sie uns sagen, wie?«
    »Gewiss, Mr. Smith, aber das Wie ist der einfache Teil, dabei handelt es sich lediglich um elektrische Reize. Die eigentliche Frage müsste lauten: Warum? Jedenfalls nicht, um Sie zu erschrecken. Weit gefehlt. Tatsächlich stellen die Bewegungen, die sie bezeugt haben, den entscheidendsten Teil unserer