Amputiert
kurzläufige Pistole aus, bestückt mit einem randvollen Magazin von Hohlmantelgeschossen. Vor meinem geistigen Auge sah ich bereits, wie ich sie herauszog, blitzschnell herumwirbelte und Jackson in rascher Abfolge vier oder fünf Kugeln verpasste wie Clint Eastwood in seinen Dirty-Harry-Zeiten. Das Dumme war nur, ich konnte nicht sicher sein, dass ich eine Pistole oder auch nur eine Waffe in der Jackentasche hatte. Vielleicht hatte Junie darin auch nur ein Päckchen Aspirin oder Kaugummi versteckt – es konnte alles Mögliche sein. Von einer Waffe hatte sie schließlich nichts erwähnt – trotzdem hoffte mein von Verzweiflung umwölktes Gehirn genau darauf.
Während diese widerstreitenden Gedanken durch meinen Kopf wirbelten, fasste ich also in die linke Jackentasche, und meine Hand schloss sich um ...
Ich hatte keine Ahnung, worum es sich handelte. Eindeutig nicht um eine Pistole, soviel stand fest. Es fühlte sich an, als höre mein Herz einige Sekunden lang zu schlagen auf, und mein Blut erkaltete in den Adern, während meine tauben Finger die Konturen des Gegenstands in meiner Tasche abtasteten.
Was um alles in der Welt ist das?
Es fühlte sich wie ein rechteckiges Stück Plastik oder Holz an, um die zehn Zentimeter lang, die Ecken leicht abgerundet. Irgendwie wirkte es vertraut, aber was genau war es? An der Stelle wäre ich um ein Haar losgerannt, um zu versuchen, zwischen die Bäume zu gelangen – die Panik stieg auf meiner Prioritätenliste über die Vernunft. Wahrscheinlich – nein, sicher – hätte ich eine unvermeidliche Kugel in den Rücken riskiert, wenn mein Daumen nicht den harten, kleinen Knopf auf dem Gegenstand entdeckt hätte. Ich beruhigte mich ein wenig, als ich begriff, was Junie mir gegeben hatte.
Ein Messer.
Nicht bloß irgendein Messer – ein Klappmesser. Der kleine Knopf unter meinem Daumen würde die verborgene Klinge herausspringen lassen. In meiner Erleichterung drückte ich beinah auf den Knopf, womit ich alles herrlich vermasselt hätte. Um sicherzugehen, dass ich es nicht tun würde, zog ich die Hand wieder aus der Tasche und versuchte, mir eine Möglichkeit einfallen zu lassen, meinen Möchtegernhenker zu überrumpeln und das Messer mit genug Kraft und Präzision zum Einsatz zu bringen, um Jackson außer Gefecht zu setzen, bevor er seine Pistole verwenden konnte.
Aber ganz gleich, wie viele Szenarien ich durchspielte, alle endeten damit, dass mir das Gehirn weggepustet wurde. Immerhin musste ich mich umdrehen, das Messer ziehen, den Knopf drücken, ziemlich nah an Jackson ranspringen und ihn mit nur einem Streich erledigen. Alles, was er tun musste, war, mich in der Sekunde zu erschießen, in der ihm etwas komisch vorkam. Mich umzudrehen, würde ich wahrscheinlich noch schaffen, aber in dem Moment, in dem Jackson sähe, wie ich das Messer zog, würde er feuern, ohne zu zögern. Es schien aussichtslos, nah genug an ihn heranzukommen, um ihn auszuschalten, aber obwohl die Chancen immens schlecht für mich standen, musste ich es wenigstens versuchen.
Wir näherten uns dem Waldrand. Jackson grunzte und benutzte die Pistole, um mich auf einen schmalen Pfad zu lenken, der zwischen die Bäume führte. Vermutlich verlief der Weg zu dem von Drake erwähnten behelfsmäßigen Friedhof, aber ich konnte den Pfad ziemlich weit entlangblicken und sah nur festgetretenen, halb von Laub bedeckten Boden. Das war gut; zumindest blieb mir noch etwas Zeit, um mir etwas einfallen zu lassen. Ich holte einige Male tief Luft und versuchte, mich zu beruhigen.
Denk nach, Mike. Denk nach.
»Bewegung, Schwachkopf«, sagte Jackson und stieß mich erneut mit der Pistole, weil ich für seinen Geschmack zu langsam ging.
Vielleicht war das die Lösung. Wenn ich den Abstand zwischen uns nicht verringern konnte, ohne erschossen zu werden, konnte ich ihn vielleicht dazu bringen, es für mich zu tun. Jedes Mal, wenn ich langsamer wurde, schlug mich Jackson mit der Pistole, um mich wieder in die Gänge zu bringen. Ich experimentierte ein wenig damit, verlangsamte die Schritte erneut, und tatsächlich, Jackson rammte mir den Lauf in eine Niere und befahl mir fluchend, schneller zu machen. Wenn es mir gelang, das Timing richtig hinzubekommen, indem ich wartete, bis er mir so nahe kam, dass er mich schlagen konnte, wäre ich vielleicht in der Lage, herumzuwirbeln, seine Pistole abzulenken und mit dem Messer zuzustechen.
Es war kein perfekter Plan, und wahrscheinlich würde er nicht funktionieren, aber ich
Weitere Kostenlose Bücher