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Amputiert

Amputiert

Titel: Amputiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gord Rollo
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was man aus Filmen kennt, niemand ist tapfer genug, im Angesicht des Todes Witze zu reißen und sich kaltschnäuzig zu zeigen. Jedenfalls niemand, den ich kannte. Und bestimmt nicht ich. Einen Spruch allerdings brachte ich an, und ich fühlte mich dadurch besser.
    »Hast wohl nicht den Mumm, es selbst zu tun, was?«
    Auch darüber lachte Drake. Er hatte an dem Tag eine Menge Spaß. Mistkerl. »Wie du meinst, Mike. Ich gebe zu, ich habe es genossen, dich hier zu haben. Du warst witzig und eine erfrischende Abwechslung gegenüber den meisten Patienten des Doktors, aber du warst auch eine entsetzliche Nervensäge. Unterm Strich, mein Freund, bist du meine Zeit einfach nicht wert. Sieh den Tatsachen ins Auge, Mike – du bist ein Penner. Ein Taugenichts, ein entbehrlicher Gammler.«
    Ich wollte ihm sagen, was ich von ihm hielt – dass er ein psychopathischer, perverser Steroidprimat sei oder etwas ähnlich Blumiges, aber ich brachte kein Wort heraus. Schweigen. Mein Mund war trocken, und meine Zunge fühlte sich an, als wäre sie auf die dreifache Größe angeschwollen. Der bittere Gallegeschmack von Angst erstickte mich beinah, als ich in diese große, dumme, grinsende Fresse blickte.
    Sag etwas!
    Ich zögerte zu lang, und die Gelegenheit verstrich.
    »Schaff mir dieses Stück Scheiße aus den Augen, Jackson«, befahl Drake, drehte sich um und tat mich ab, als hätte ich nie existiert. So viel war mein Leben wert. Nichts. Nicht einmal einen Blick zurück.

Kapitel 33
    Nachdem Drake ins Gebäude verschwunden war, stieß mir Jackson zweimal den Lauf einer glänzenden, silbrigen Pistole heftig in die Rippen. Beim ersten Mal wollte er meine Aufmerksamkeit erregen, aber ich bin sicher, das zweite Mal sollte mir unmissverständlich vor Augen führen, dass dies ab sofort seine Show war. »Du hast den Mann gehört«, sagte er mit barscher Stimme, rau wie Stahlwolle. Er klang dabei reichlich aufgeblasen. »Setz deinen Arsch in Bewegung, sonst können wir das auch auf die harte Tour machen.«
    Die harte Tour? Er würde mir eine Kugel in den Kopf jagen; wie könnte es noch härter werden? Ein weiterer Stoß der Pistole brannte mir wie ein Hornissenstich in den Rippen und vermittelte mir eine Vorstellung davon.
    »Warte mal«, wagte ich einen Versuch. »Das kannst du nicht tun, Mann. Das ist verrückt! Drake verlangt von dir, dass du einen Mord ...«
    Ohne Vorwarnung schlug mir Jackson auf den Mund, dass mein Kopf zurückschnellte und ich jäh verstummte. Ich sank auf die Knie, aber Jackson zerrte mich gleich wieder auf die Beine und stieß mich vorwärts. »Ab in den Wald und halt die verdammte Schnauze. Herumzuwinseln, wird dir nicht helfen, also erspar es dir. Los.«
    Ich setzte mich in Bewegung.
    Ich hatte Jackson in all den Monaten immer wieder gesehen, aber noch nie richtig mit ihm geredet oder zu tun gehabt, abgesehen davon, dass er gelegentlich vor meinem Zimmer Wache gestanden hatte oder mir während der Reha in den Fitnessraum gefolgt war. Sicher, ich erkannte ihn – groß und muskulös mit dunklem, gelocktem Haar, einer dieser Bodybuildertypen, die keinen Hals zu haben schienen –, aber zu wissen, wer jemand war, lief nicht auf dasselbe hinaus, wie jemanden zu kennen . Natürlich brauchte ich ihn nicht zu kennen, um zu wissen, dass er ein Dreckskerl vom selben Schlag wie sein Boss war. Drake und Jackson ähnelten einander wie zwei faule Eier. Unter dem Strich blieb: Ich würde mich aus dieser Sache nicht herausreden können. Am Ende dieses kleinen Spaziergangs würde jemand sterben, und wenn nicht ich derjenige sein wollte, musste ich aufhören, den Wachmann zu verärgern, und mir einen Plan einfallen lassen.
    Ich steckte die Hand in die linke Jackentasche – langsam und beiläufig, damit Jackson denken würde, ich wolle sie nur wärmen. Ich wollte das von dem Moment an tun, als Junie mir ins Ohr flüsterte, aber zwei Dinge hatten mich davon abgehalten. Ich durfte nicht hektisch in meiner Tasche herumwühlen und Jackson erkennen lassen, dass ich etwas darin versteckt hatte. Er würde es mir einfach wegnehmen, und was bliebe mir dann noch? Der andere Grund, warum ich es hinausgezögert hatte, war einfacher – ich fürchtete mich davor herauszufinden, worum es sich handelte. Ich ging gerade meinem Tod entgegen, und bislang hatte ich allein durch die Hoffnung die Fassung bewahrt, dass sich in meiner Tasche etwas verbarg, das mich letztlich retten würde.
    In meinen wildesten, rasenden Vorstellungen malte ich mir eine

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