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An den Feuern von Hastur - 9

An den Feuern von Hastur - 9

Titel: An den Feuern von Hastur - 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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eigener Erfahrung, was die Bewahrerin von Dalereuth gemeint hatte, als sie Leonie an jenem Tag im Garten schalt. In den letzten paar Tagen hatte Leonie mehr Schmerzen erlitten als in ihrem ganzen Leben zuvor. Fiora hatte sie in Zucht genommen und ihr innerhalb eines einzigen Tages erbarmungslos das ü berwachen beigebracht. Dann war sie zu der Spezialausbildung fortgeschritten, die nur eine Bewahrerin erh ä lt. Leonies H ä nde waren bereits mit einigen der kleinen Narben bedeckt, wie Fioras H ä nde sie trugen, Folgen der Methode, ihr rigoros beizubringen, wann und wen sie nicht ber ü hren durfte. Die Narben auf ihrer Seele gingen tiefer, auch wenn sie unsichtbar waren.
    Und Leonie war fester denn je entschlossen, die karmesinrote Robe einer Bewahrerin zu tragen.
Neben anderen Pflichten ü berwachte Leonie jetzt routinem ä ßig, w ä hrend eine der anderen leroni heilte. Heute hatte sie ihren ersten Patienten als Heilerin gehabt. Es war eine Kleinigkeit gewesen, ein Kind, bei dem sich eine Stichwunde entz ü ndet hatte. Leonie hatte das Gift aus der Wunde abgezogen, den Organismus des Kindes vom Fieber gereinigt und es, wie man es sie gelehrt hatte, vom tiefsten Punkt nach außen geheilt. Die leronis, die ihre Lehrerin und ü berwacherin war, hatte ihre geschickte und sichere Behandlung gelobt. Nicht mehr lange, hatte sie gemeint, dann werde Leonie nicht nur Patienten heilen d ü rfen, ohne daß man sie dabei beaufsichtigte, sondern auch bei richtigen Operationen mitarbeiten.
Wir riskieren es nicht oft , hatte die Frau gesagt, aber manchmal muß es geschehen, denn es gibt F ä lle, in denen nichts anderes hilft. Im Dorf ist ein Mann, der in seinem K ö rper ein St ü ckchen von der Klinge eines R ä ubers mit sich herumtr ä gt, das Schmerzen verursacht und eines Tages herausgeholt werden muß. Wenn du soweit bist, soll er dein erster Patient sein.
Leonie hatte gegl ü ht von dem Lob, obwohl sie sehr gern eine Pause gemacht h ä tte, als sie mit dem Kind fertig war. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie es sein w ü rde zu operieren . aber je mehr eine leronis sich ü bte, desto leichter wurde ihr alles. (Nichts, hatte Fiora gesagt, als Leonie sie fragte, wird jemals leicht, aber es ist immer m ö glich.)
Leonies Tagewerk war jedoch nach der Behandlung des Kindes noch nicht vollbracht gewesen. Es gab eine weitere Lektion, diesmal im Destillierraum. Fiora hatte vor drei Tagen angeordnet, sie m ü sse alles lernen, was mit dem Heilen zu tun hatte, ob man dazu laran brauche oder nicht. Eine Bewahrerin muß diese Dinge wissen , hatte sie erkl ä rt. Wie k ö nnte sie sonst andere ausbilden?
Das leuchtete Leonie ein. Sie hatte sich Fioras Willen gebeugt und angefangen zu lernen, wie man Kr ä utermedizinen und -tr ä nke herstellt. Zu ihrer eigenen ü berraschung fand sie bald heraus, daß diese Arbeit sie außerordentlich interessierte, denn sie besaß eine lebhafte Neugier und ein gutes Ged ä chtnis. Ihre Lehrerin in diesem Fach lobte sie, weil sie ebenso schnell wie genau war. Heute hatte auch diese Lehrerin gesagt, vielleicht werde man ihr eines Tages Operationen anvertrauen, eine Aufgabe, die f ü r gew ö hnlich auf die geschicktesten und aufmerksamsten Techniker beschr ä nkt wurde.
Kaum hatte sie ihre Lektion in Heilkr ä uterkunde beendet, als es auch schon Zeit war, ihren Platz in den Relais einzunehmen. Und am Ende ihrer Schicht hatte sie ü berhaupt keinen anderen Gedanken mehr als den an Essen und Schlaf.
Sie war niemals richtig hungrig, aber Fiora kam und dr ä ngte ihr Essen auf. Matrix-Arbeit, sagte sie, d ä mpfe den Appetit, und Leonie m ü sse essen, auch wenn sie keine Lust dazu habe.
Leonie entdeckte schnell, daß Fiora recht hatte. Erst hatte sie jeden Kr ü mel des klebrigen Obst-und-Nuß-Riegels verschlungen, den Fiora ihr gebracht hatte, und dann war sie in die K ü che hinuntergestiegen, um sich eine komplette Mahlzeit einzuverleiben. Doch danach war sie m ü der als vorher. Sie fiel beinahe in ihren Teller und mußte sich anstrengen, die Augen offenzuhalten. Jemand, sie erinnerte sich nicht, wer es gewesen war, half ihr auf die F ü ße und in ihr Zimmer. Irgendwie hatte sie sich allein ausgezogen — ihre neue Robe machte es leicht —, war ins Bett gesunken und sofort in tiefen und traumlosen Schlaf gefallen.
Irgendwann nach Mitternacht erwachte sie aus ihrem Ersch ö pfungsschlaf und sp ü rte den vertrauten, dr ä ngenden Zug der Gedanken ihres Zwillingsbruders. Ihre erste Regung war,

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