An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition)
schillernden Ozeans, unerreichbar für die Truppen von Muriels General.
„Sie sind entkommen!“, bestätigte ein Offizier am Strand, der mit einer Hand über den Augen in die Ferne blinzelte, „schickt einen Boten los und überbringt General Borgo die Nachricht!“
„Möge Muriel uns gnädig sein!“, fügte er noch leise hinzu, als er die schlagenden Hufe des Botenpferdes vernahm, das sich in schnellem Galopp entfernte.
IV. Abschied
Elektrisiert vom unbeschreiblichen Rausch der Geschwindi g keit, gab Jasper, beinahe widerwillig den Befehl zum Kappen der Seile, woraufhin die erleichterten Matrosen umgehend damit be-gannen, die Taue zu durchtrennen.
Als die letzten Fasern der stramm geflochtenen Halteleinen den harten Axthieben nachgaben, peitschten sie, befreit von ihrer unbändigen Last, durch die qualmenden Führungsrollen von Bord.
Mit einer Mischung aus Wehmütigkeit und Erleichterung blickte der Kapitän dem haltlosen Segel hinterher, das nun der Willkür des Windes überlassen, hoffnungslos verwirbelt in ekstatischen Reigen innerhalb der blendenden Corona der tiefstehenden So n ne verschwand.
„Was für eine Fahrt!“, sinnierte Jasper und atmete tief ein.
„Bringt den Hauptmast in Ordnung! Wir haben noch einen we i ten Weg vor uns!“, befahl er seinen Männern.
Während die Schiffszimmermänner alles daran setzten, die ve r heerenden Folgen des Angriffs zu beseitigen und die Toten unter den Trümmern geborgen wurden, holte er seine Pfeife hervor, stopfte sie gemächlich, entzündete sie mit Hilfe eines kleinen Feuersteins und nahm einen tiefen Zug.
„Kommt ihr drei!“, er blies eine dichte Rauchwolke mit gespit z tem Mund in die Luft und winkte Floogan und die Kinder mit sich, „ich denke, ihr solltet euch etwas ausruhen!“.
Bereitwillig folgten die Drei der Einladung und begleiteten ihn mitten durch die hektischen Instandsetzungsarbeiten in die Kap i tänsunterkunft im hinteren Teil des Schiffes, wo Floogan und Jasper sich bald, benebelt vom Geist vollmundigen Weines, in alten Seemannsweisen und längst vergangenen Heldentaten verl o ren und die Kinder, eng aneinander geschmiegt, friedlich auf dem breiten Lager des korpulenten Seefahrerfürsten schlummerten.
Doch auch Floogan zollte den Anstrengungen des Tages seinen Tribut, konnte irgendwann seine Augen nicht mehr offen halten, ließ seinen Kopf auf den Tisch sinken und schlief mit dem B e cher in der Hand ein.
Jasper erzählte noch ein wenig weiter, bevor er mit einem milden Lächeln bemerkte, dass ihm keiner seiner Zuhörer verblieben war. Er stand leise auf und verließ die Kajüte, um die Arbeiten am Schiff zu beaufsichtigen.
Spät in der Nacht waren die Reparaturen unter der tatkräftigen Leitung des mürrischen Kapitäns erledigt, dessen Herz beim Anblick seiner alten Lady schmerzte.
Seemänner und Myriden, unter ihnen auch Benewar, hatten mit vereinten Kräften die abgebrochene Mastspitze über Flaschenz ü ge emporgehoben und sie in schwindelerregender Höhe provis o risch befestigt, um endlich das Hauptsegel setzen zu können.
Gemächlich glitt das Schiff nun, mit sanft wehenden Windfä n gern, unter dem luftigen Baldachin einer sternenklaren Nacht über die ruhige See, und die Männer wärmten sich bedrückt an den prasselnden Feuern, die in eisernen Bodeneinlässen brannten.
Einige von ihnen stimmten leise melancholische Seemannslieder an, um ihren toten Kameraden zu gedenken, andere tranken mit entrücktem Blick in die Flammen auf die verlorenen Freunde.
Jasper stand etwas abseits an der Reling mit einem vollen Krug Wein und schaute nachdenklich über den schwarz, glitzernden Ozean. „Zehn gute Männer!“, raunte er trotzig, „eure Seelen m ö -gen in Frieden ruhen!“. Er hob den Becher an seine Lippen und trank ihn mit einem Zug leer.
Weiter vorne auf dem spitzzulaufenden Plateau der Galion standen Adler und Wolf. Sie genossen ebenfalls den wolkenlosen Nachthimmel, in dessen tausendfach funkelnden Augen sie sich vertrauensvoll verlieren konnten.
Jetzt da die Alamandar vorerst außer Gefahr war, hatte man ihnen gestattet, in Begleitung zweier Myriden, die Quartiere zu verlassen, um ihren Toten die letzte Ehre erweisen zu können.
Benewars Krieger hielten respektvoll Abstand, während die be i den Freunde in stillem Gedenken versunken schienen.
Vor ihnen, in einem vom Ruß der ewigen Flamme geschwärzten Bronzekelch, brannte ein wärmendes Leuchtfeuer, dessen hof f nungsvolles
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