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An den Rändern der Zeit, Teil 2 (German Edition)

An den Rändern der Zeit, Teil 2 (German Edition)

Titel: An den Rändern der Zeit, Teil 2 (German Edition)
Autoren: Antje Ippensen
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dafür aber viel nachgedacht. Als er Vivians Visitenkarte genauer untersuchte, fand er heraus, dass das Teil keineswegs so schlicht war, wie es aussah … vielmehr war ein kleines, höchst komplexes Hologramm hineingearbeitet, das bei Berührung einen winzigen, dreidimensionalen Ausschnitt eines Computerspiels erzeugte.
    Sie entwickelte solche Spiele, hatte also vermutlich einen ganzen Stab von Mitarbeitern; womöglich leitete sie sogar eine ganze Abteilung. Ironisch-eigenartig, aber es schien zu passen. Kreative Berufe standen hoch im Kurs … wieder etwas, was sich verändert hatte.
    Varian hatte sich überlegt, dass er nicht mehr versuchen sollte, sie als Lara zu sehen … oder sie das zumindest nicht mehr spüren zu lassen. Er würde ihr sagen, ja, es sei eine Verwechslung gewesen, aber er wolle sie gern kennenlernen. Denn Lara, das wusste er noch haargenau, hatte eine viel zu positive Einstellung zu dem Alien gehabt, das konnte er nicht gebrauchen. Zwar hatte sie anfangs scharfe Kritik an B.C. geübt, aber sie hatte sie verehrt, sie sogar für eine Art Göttin gehalten. Nein. Es war sogar VIEL besser, wenn diese Vivian nicht wusste, wer sie früher gewesen war. Umso leichter würde sie sich auf seine, Varians, Seite ziehen lassen – ah, und er hatte das sichere Gefühl, dass es zwischen ihr und dem Alien eine Verbindung gab! Nur jemand mit der verfluchten Macht, so etwas wie den Zeitzug zu erfinden, konnte auch ein humanoides Gedächtnis derart manipulieren. Vivian wird mich zu dem Alien führen , ging es ihm durch den Kopf, und bei diesem Gedanken schlug sein Herz schneller vor Aufregung.
    Im Eingangsbereich von GAMES UNLIMITED oder vielmehr GRENZENLOSE SPIELE (so stand es vorschriftsmäßig direkt unter dem Firmenlogo) lief alles wie geschmiert. Varian zeigte die Visitenkarte dem freundlichen Pförtner, der sie in ein Datenlesegerät einführte und ein Signal hinaufsandte zu Vivians Büro. Der Portier bat Varian, noch einen Moment Platz zu nehmen.
    Er wartete also und stellte fest, dass hier alles getan worden war, um es Besuchern bequem zu machen. Gemütliche Nischen mit weichen Sesseln, drumherum Pflanzen, zwischen denen Miniaturwasserfälle über blanke Kiesel gluckerten; dazwischen phantastisch bunte Aquarien, manche mit violettem, andere mit grünem oder sogar mit regenbogenfarbigem Wasser gefüllt. Selbst die Fische in diesen Behältern machten einen zufriedenen Eindruck. In unregelmäßigen Abständen erklang aus den Lautsprechern – sehr leise, sehr diskret – eine harmonische Abfolge einiger Töne, immer nur ein paar Sekunden lang. Auch das hatte offensichtlich nur einen einzigen Zweck: das Wohlbefinden der Besucher zu steigern.
    Auf Varian, der die schlammige Unterwelt kannte und in der kaum weniger schmuddeligen Halbwelt zu Hause war, hatte dies alles den gegenteiligen Effekt: Er begann sich physisch unbehaglich zu fühlen. Was für eine verdammte Kacke geht hier ab …?! Er ließ sich jedoch nichts anmerken und setzte ein besonders strahlendes Lächeln auf, als Vivian aus dem goldschimmernden Lift trat.
    Sie trug nun ein enganliegendes schwarzes Kleid mit einem weißen Zickzackmuster, und von ihren leichten Blessuren war nichts mehr zu sehen. Niemand hätte vermutet, welch unangenehmes Erlebnis ihr in der vergangenen Nacht widerfahren war – sie wirkte so, als hätte sie selbst es auch schon wieder vergessen. Aber ihn erkannte sie wieder, das sah Varian, und das war schließlich die Hauptsache. Sie reichte ihm eine kühle feste Hand zur Begrüßung, lächelte jedoch nicht.
    „Ich dachte, wir machen einfach ein Picknick“, sagte Varian und hielt zwei braune Papiertüten hoch. „Draußen auf dem Platz. Was halten Sie davon, Miss Dulac? Ich habe ein paar köstliche Sächelchen dabei.“
    „Einverstanden“, stimmte sie sofort zu.
    Sie fanden einen Platz unter einem in wunderschönem Lila blühenden Jacarandabaum, und Varian packte seine Delikatessen aus. Eine Weile aßen sie fast schweigend, wechselten höchstens ein paar banale Bemerkungen über die perfekte Aussteuerung des künstlich erzeugten Wetters – kein Regner in Sicht, nur eine leichte Brise auf Stufe 1 und so – doch wann immer Varian seine neu-alte Bekannte heimlich beobachtete, merkte er, dass sie mit ihm genau das gleiche tat.
    Vivian Dulac verzehrte noch ein dreieckiges Stück Dauertoast, belegt mit perlmuttfarbenem Zartschinken und einigen Nelken-und-Zimt-Gürkchen-Scheiben … dann blickte sie Varian entschlossen in die
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