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An den Rändern der Zeit, Teil 2 (German Edition)

An den Rändern der Zeit, Teil 2 (German Edition)

Titel: An den Rändern der Zeit, Teil 2 (German Edition)
Autoren: Antje Ippensen
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Wort davon ist wahr.“ Er sprach im Brustton der Überzeugung, und aus seiner Sicht war das, was er ihr dann sagte, auch vollkommen wahr … ob es jene andere Wahrheit aber auch nur streifte, nun, das stand auf einem anderen Blatt. Dass er Lara in seiner Geschichte gar nicht vorkommen ließ, war noch die harmloseste seiner „Korrekturen“. Aber der junge und gutaussehende Mann mit dem kupferfarbenen Zöpfchen, der schwarz gekleidet war und mit tödlichen Waffen umzugehen wusste – dieser junge Mann, der seit Casimirias Tod zahlreiche Menschen ins Jenseits befördert hatte, brannte vor Hass und hinterfragte sich selbst nicht.
    Er sprach leise, aber eindringlich, und Vivian hörte ihm gebannt, fast atemlos, zu. „Sie besitzt unheimliche Kräfte, dieses Alien – und dadurch gelang es ihr, meiner Casimiria das Leben auszusaugen – genau wie ein Vampir, der das Blut seines Opfers trinkt …“
    Da bestand kein Zweifel: Er hatte sie mit seiner düster-tragischen Geschichte beeindruck. – Varian, dessen Mund plötzlich seltsam trocken war, griff nach der kleinen, zierlichen Weinflasche und goss sich etwas in den recyclebaren Kunststoffbecher. Er wollte die Flasche an Vivian weiterreichen, doch sie wehrte ab und nahm stattdessen einen Schluck Wasser.
    „Und Sie meinen wirklich, dass diese … dieses Alien in der Gestalt einer Frau noch üblere Dinge plant?“, fragte die hübsche blonde Frau nach einer Pause.
    Mit einem Ruck setzte Varian seinen Weinbecher auf der weißen Bank ab. „Ja!“, stieß er hervor.
    „Dann sollten wir alles tun, um ihr das Handwerk zu legen. – Meinen Sie, dass auch meine sonderbaren Wahrnehmungen direkt mit diesem Wesen zusammenhängen?“
    „Genau das meine ich, ja“, bekräftigte Varian, und seine grünlichen Augen blickten so offen in die ihren, wie es ihm möglich war. Auf eben diese Reaktion seiner „neuen“ Bekannten hatte er gehofft – er wollte, dass sie ein Team wurden, denn Vivian Dulac konnte ihm sehr nützlich sein, dessen war er sicher.
    Schnell sprach er weiter: „Sie sollten sich umhören und umsehen in Ihrer Firma – so ausführlich Sie nur können. Ich wiederum werde auf Sie aufpassen – Ihre Beschatter beschatten, wenn Sie so wollen. Durch meinen Beruf als Detektiv gelange ich jedoch nicht tief genug in die ‚Innereien‘ der wichtigen Konzerne der modernen Augenwelt – und da sind Sie eine unschätzbare Hilfe. Sie arbeiten für GAMES UNLIMITED, und jeder weiß, dass dieses Haus große Teile der Freizeitgestaltung aller Augenweltler kontrolliert.“
    Geschickt verband er die Lüge mit der Wahrheit, und zwar so gewandt, dass er es selber glaubte – und er überzeugte Vivian, wie er sehr wohl merkte. Sie schüttelte zwar den Kopf, aber das war nur ein Ausdruck von Unschlüssigkeit. Zu vieles stürmte in diesem Moment auf sie ein, vermutete er, sie musste das erst einmal sortieren.
    „Lassen Sie uns zusammenarbeiten“, hakte er rasch nach, und er legte alles, was er an Charme besaß, in seine Stimme.
    Ihre glatte Stirn furchte sich, doch dann sah sie ihn mit einem so intensiven, tiefblauen Blick an, dass ihm sekundenlang schwindlig wurde vor Verlangen … er holte tief Luft und riss sich zusammen, denn er wusste: Er hatte gewonnen.
    Wirklich? Seine misstrauische Natur, verwandt mit der seiner neuen Bekannten, meldete sich zu Wort und brachte ihn dazu, eher beiläufig zu fragen: „Ist Ihnen auch schon aufgefallen, wie wenig Leute sich an die Vergangenheit erinnern? Ich meine an das, was vor einem Jahr geschah. Und davor.“
    Ihre Reaktion war offen, ehrlich und spontan. „Ja! In der Tat! – Ich habe es im Büro bemerkt … also, selbst wenn jemand etwas Einschneidendes erlebt haben sollte vor jenem Zeitpunkt – niemand spricht darüber. Es ist, als habe er es vergessen. Varian, Sie haben recht! – Ich weiß nicht, was hier vorgeht … und ich selbst müsste eigentlich still sein, fällt es mir doch schon schwer, mich an den vergangenen Tag zu erinnern … aber etwas stimmt hier nicht.“
    Nichts anderes hatte Varian von ihr hören wollen. Sie besprachen noch einige Details des Planes, nach dem sie vorgehen wollten, und dann verabschiedeten sie sich voneinander.
    Varian kehrte in sein Loft zurück. Erst dort kam ihm zu Bewusstsein, dass er Dinge ausgesprochen hatte, die bislang nur am Rande seiner Gedanken gelauert hatten. Aber sie stimmten. – Die weitaus meisten Augenweltler freuten sich an der schönen Gegenwart und sahen arglos der Zukunft entgegen
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