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An den Rändern der Zeit, Teil 2 (German Edition)

An den Rändern der Zeit, Teil 2 (German Edition)

Titel: An den Rändern der Zeit, Teil 2 (German Edition)
Autoren: Antje Ippensen
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waren Sie wirklich in der Unterwelt“, stellte er fest. „Wie haben Sie sich diesmal rausgeschlichen?“
    „Lastenaufzug.“
    Sie fand immer einen Dreh, verflixt und zugeknotet. Chandra überlegte, ob er nun etwa auch im Lastenaufzug eine Alarmanlage, am besten mit Bewegungsmelder, installieren sollte – verdammt, sie selbst hatte ihm befohlen, ihr Domizil mit all diesen Spielereien auszustatten, weil sie im Grunde weder hinauswollte noch scharf darauf war, dass jemand hier eindrang. Aber offensichtlich war sie manchmal machtlos gegen ihren eigenen, heftigen Drang, sich herumzutreiben. So nannte Chandra das, und er fand es besonders widersinnig, weil es ihr nach solchen Ausflügen ja stets noch schlechter ging als zuvor.
    „Nun, wenigstens hatten Sie keinen Zusammenstoß mit einem Menschen. Das wäre viel schlimmer gewesen … ein Alligator, was kann der schon groß denken, nicht wahr? Beißt einfach stumpfsinnig zu, ohne Sie mit Gefühlsmüll zu belasten. Sind Sie denn irgendwelchen Leuten begegnet, hat man Sie gesehen?“
    B.C.s Gesicht verzog sich zu einem bitteren Lächeln.
    „Nostalgie, Chandra“, sagte sie. „Wie in alten Zeiten.“
    Mehr sprach sie nicht, und er durfte sich daraus zusammenreimen, dass ihre düstere Ausstrahlung immer noch wirksam war und die Menschen der Unterwelt dazu veranlasste, einen Bogen um sie zu machen und sie nicht anzugreifen.
    „Wenn wir die schlammige Unterwelt doch endlich in den Griff kriegen könnten! Lichtscheues Gesindel, da unten verkriecht es sich. Manchmal wünschte ich, wir könnten sie allesamt da unten rausspülen wie Dreck. Mit einem gigantischen Feuerwehrschlauch …“ Im nächsten Moment bereute Chandra seine impulsive Bemerkung und wusste, er war zu weit gegangen – er sah es an der Blässe, die sich auf B.C.s Gesicht ausbreitete. Sie war ja sogar dagegen, regelmäßige Razzien durchführen zu lassen im Unterleib der Augenwelt, obwohl es ihr ein Leichtes gewesen wäre. Niemand konnte so gut Freiwillige für einen Job finden wie sie, und sie brauchte noch nicht einmal darum zu bitten. Aber nein. Ihr genügte es, die kriminellen Elemente aus den oberen Augenwelt-Regionen weitgehend fernzuhalten, und selbst das geschah ohne irgendeine Gewaltanwendung. Stets erfüllte es Chandra mit Stolz, dass er der einzige war, der ihr Geheimnis mit ihr teilte.
    Sie sagte nichts. Die Unterwelt war ein Problem, das sie nicht wahrhaben wollte oder aber verdrängte … und er fragte sich, wie er ihr beibringen sollte, dass sich auch die Lage an den Grenzen während der letzten Stunden verschärft hatte. In der letzten Nacht, als sie sich herumtrieb, hatte Chandra von einem Zwischenfall Kenntnis erlangt, der ihn sehr beunruhigt hatte. Angeblich war so eine kleine Hordenratte von da draußen eingedrungen in die Treibgutzone, hatte wirklich und wahrhaftig die Gigantomauer überwunden … und logischerweise hatte ein Grenzwächter die Nerven verloren und auf die Kleine geschossen. Ob er sie getroffen hatte oder nicht, darüber gab es widersprüchliche Meldungen, aber fest stand, dass der Eindringling nicht gefunden worden war.
    Besorgt betrachtete Chandra seine Herrin. Wegen der undurchsichtigen Sonnenbrille war es nicht leicht, ihren Gesichtsausdruck zu deuten – man wusste ja nicht, wie ihre Augen dreinblickten, ob hilflos, ratsuchend oder einfach nur erschöpft – doch er hatte im Laufe der Zeit gelernt, ihre Stimmungen trotzdem zu lesen. So kaputt hat sie noch nie ausgesehen …
    B.C. zog die Beine an und sagte tonlos: „Müde.“
    „Das kann ich mir gut vorstellen.“ Er schlug ihr nicht vor, ins Bett zu gehen. „Wie wäre es mit einer kleinen Stärkung und danach einem schönen heißen Bad?“
    Sie nickte fast unmerklich, und ihr treuer Diener machte sich sogleich daran, ein herzhaftes Frühstück zuzubereiten.
    B.C. beobachtete ihn dabei, aber eigentlich sah sie mehr durch ihn hindurch.
    Damals, vor einem Jahr … Jener magische Moment der Vollkommenheit verflüchtigte sich. So wie es immer geschah. Die Musik verebbte, und B.C. fühlte die Nachwehen ihrer gewaltigen Anstrengung. Das Amt hatte sich aufgelöst, und die drei Überlebenden – sie, Lara und Sunny, die Katze – standen beinahe im Freien, nämlich in einer sanft gerundeten Mulde, die zuvor die gefürchteten Kellerverliese des AMTES gewesen waren. Diese Mulde ganz und gar der Oberfläche des Großen Platzes anzugleichen, dazu hatten B.C.s Kräfte nicht mehr ausgereicht. – Lara war anfangs noch wirklich DA
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