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An den Springquellen

An den Springquellen

Titel: An den Springquellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Genuß umbringen, wie?«
    Hrobon funkelte ihn wütend an, dann zuckte er die Schultern. Sie waren auf den Palastyarl übergewechselt, der auf dem Weg ins Niemandsland die Grenze der Düsterzone in kurzer Zeit erreicht haben würde.
    »Ich weiß es nicht genau. Ich hoffe, du hast Luxon gut behandelt.«
    »Ich teilte mein Essen mit ihm«, versicherte der Alleshändler. »Aber du mußt mich und mein seltsames Handwerk verstehen. Er war für mich kein Feind, kein Freund, nur eine Ware. Ich kenne seine Geschichte, aber niemals konnte ich sicher sein, daß er die Wahrheit sprach.«
    »Ich selbst habe an Gamhed Botschaft geschickt, daß wir in Prinz Odams Gebiet Luxons Spur gefunden haben. Dein Name wurde genannt. Deshalb suchten wir nach dir.«
    »Mit Erfolg. Ich leugne nicht, daß Luxon und ich Freunde hätten werden können – in einer anderen Welt, zu einer anderen Zeit und unter anderen Umständen.«
    Necron überlegte ununterbrochen, wann und durch welchen Zauber er diese unheimliche Fähigkeit des Blickes durch andere Augen erworben haben mochte. Hrobon bewachte jede seiner Bewegungen, und er hatte auch verständnislos die vier Worte an der Schlackenwand gelesen.
    »Es war euch nicht gegeben. Denkst du, daß er den Valunen entkommen ist?« fragte Hrobon fordernd.
    Der Yarl bewegte sich wie ein gigantisches Schiff durch niedrige Wellen. Sein Weg verlief nicht schnurgerade, aber auch nicht in wirrem Zickzack. Das riesige Tier suchte sich, vom Lenker klug gesteuert, einen Weg entlang von Geländemerkmalen, die ein schnelles Vorwärtskommen sicherten.
    »Es ist ihm zuzutrauen. Er machte einen listigen Eindruck«, antwortete der Alleshändler wahrheitsgemäß. Dieser »Augentausch« oder »Blickwechsel« war zweifellos ein Werk der Dämonen, ein Einfluß Schwarzer Magie. Aber… wo? Wann? Welcher Dämon hatte ihn in seinen verdammten Klauen? Necron kannte einige Zauber, die ihm helfen mochten, aber er war zu unruhig, und außerdem lenkte ihn Hrobons Fragerei ab. Aber trotzdem wußte er schon jetzt, nach dem dritten Kontakt:
    Er mußte die Identität und den Ort herausfinden, an dem sich der andere befand. Derjenige, durch dessen Augen er sah.
    »Er ist listig. Und er ist tapfer. Sein Ziel ist und bleibt der Thron des Shallad.«
    »Ein Vorhaben von beachtlicher Größe«, pflichtete Necron dem Heymal bei. »Du meinst, daß er es schafft?«
    »Wenn er noch lebt, hat er die Hilfe vieler Freunde. Ganz Logghard steht hinter ihm. Ich glaube, er lebt.«
    Der »andere« mußte gestellt werden, damit ein magischer Tausch stattfinden konnte. Es würde zweifellos zum Kampf kommen. Dann sprachen die Wurfmesser des Steinmanns. Vage begann sich ein Plan, abzuzeichnen.
    Um der fruchtlosen Unterhaltung ein Ende zu bereiten, antwortete er:
    »Ich teile deinen Glauben, Hrobon. Nun, da Luxon keine Ware mehr ist und ich alles, was ich tauschte, dank eurer großzügigen Hilfe verloren habe, gibt es keinen Grund für weitere Feindschaft.«
    Mit einem resignierenden Lachen setzte er hinzu:
    »Ich vermag mir vorzustellen, daß er darüber anders denkt.«
    Die Knöchel traten weiß hervor, als sich die Hände des hochgewachsenen Kriegers um den Rand der Schlackenbrüstung klammerten. Die rote Befiederung der langen Pfeile raschelte drohend. Er sagte hart und mit grollender Stimme:
    »Ich versichere es dir. Er denkt nur an Rache!«
    Hrobon drehte sich um, ließ Necron stehen und wanderte entlang der gezackten Brüstung zum hinteren Teil der palastartigen Aufbauten. Kaum war er zwanzig Schritte entfernt, und Necron versuchte, sich wieder auf einen wirksamen Gegenzauber zu konzentrieren, dröhnte in seinem Kopf eine fremde Stimme auf. Er schwankte unter dem Ansturm drohender Worte, die sich in ihn ergossen.
    Der Rachedämon Achar spricht zu dir, Alleshändler Necron!
    Du hast dreimal gespürt, welche Macht ich über dich und deinen Augenzwilling habe. Ihr werdet in ewige Dunkelheit und Verdammnis fallen, wenn es dir nicht gelingt, ihn zu finden. Er stahl dir den Blick, und dir wird es nicht gelingen, deine Augen für dich selbst allein zu behalten. Finde ihn! Begleiche deine Rechnung mit ihm. Deine Gedanken, ihn zu töten, sind nicht falsch! Auch er wird durch deine Augen sehen können. Und bald bist du blind. Dann vermag er seine Bilder zu sehen und die Bilder aus der Welt, in der du hilflos und blind umhertorkelst und vom grauenhaften Schicksal verschlungen wirst.
    Ich, der Dämon der Rache, scherze nicht. Geh! Finde und bekämpfe ihn!
    »Nein!«

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