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An den Springquellen

An den Springquellen

Titel: An den Springquellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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war und nur wenige rote Pünktchen zu sehen waren, Löcher im Stoff, durch die rote Glut der kleinen Feuer brannte, ertönte auf der rückwärtigen Seite des Zeltes ein leichtes Rascheln Arruf griff zu seinem Dolch und hauchte:
    »Achtung, Uinaho.«
    »Ich höre«, gab der Haarlose ebenso leise zurück.
    Ein Messer bohrte sich durch den Stoff. Die Klinge schabte und sägte hin und her. Es war nicht viel Kraft hinter dieser Bewegung. Die Fremden blieben regungslos liegen, aber in ihren Fäusten waren die Waffen. Das schneidende, reißende Geräusch hörte auf, dann flüstere eine junge Stimme:
    »Hörst du mich, Arruf?«
    »Ja. Ich höre dich.«
    »Habe keine Furcht. Ich bin eine Frau. Eine der Frauen von Elejid.«
    Arruf schnappte überrascht nach Luft. Er hörte, wie sich Uinaho langsam aufrichtete.
    »Bist du wahnsinnig?« fragte er leise. »Wenn der Stammesfürst davon erfährt, sind wir drei verloren.«
    »Er wird nichts erfahren. Ich habe deine Geschichte gehört. Du mußt mir helfen, zu fliehen.«
    »Von hier? Zu Fuß? Die Krieger bringen uns um, ehe wir den Rand des Lagers erreicht haben.«
    Die Stimme der Frau wurde heiser und drängender.
    »Nicht heute«, sagte sie. »Später sollst du mir helfen. Wenn du mir hilfst, führe ich dich zur Mauer der alten Welt. Dort herrscht Shaer O’Ghallun. Ich bin Maldra. Elejid wird euch töten, wenn er alles erfahren hat, was er wissen will.«
    »Dies dachte ich auch schon«, flüsterte Arruf zurück. »Bringt er die Waffen zu O’Ghallun?«
    »Ja, aber nicht selbst. Andere sollen kommen und die Schwerter und alles andere nach Ash’Caron bringen. Ich bin eine Anhängerin von Fronja. Niemand weiß es außer euch. Ihr müßt mir helfen. Nur du kannst es.«
    »Wie werde ich dich erkennen?« frage Arruf.
    »Ich werde ein Zeichen geben… wir werden tagelang durch das Land ziehen.«
    Arruf murmelte:
    »Ich werde es mir überlegen. Geh jetzt zurück. Bringe uns nicht schon heute nacht in Gefahr, Maldra!«
    »Vergiß nicht«, flüsterte sie zuletzt, »daß du mein Versprechen hast.«
    »Du aber nicht meines«, brummte er und horchte scharf. Er glaubte, leiser werdende, schleichende Schritte durch Sand zu hören, dann ein erleichtertes Aufatmen. Er ließ sich wieder zurückfallen und sagte in die Dunkelheit hinein:
    »Wir haben unsere Lage spätestens seit dem Braten am Lagerfeuer richtig gesehen, Uinaho. Also jetzt weißt du, woran wir sind.«
    Der Ay lachte wütend und gab zurück:
    »Solange du deine abenteuerlichen Lügengeschichten erzählst und Elejid dir zuhört, sind wir in Sicherheit.«
    »Offensichtlich.«
    Gerade, als Arruf seine Augen schließen wollte, verschwanden die winzigen roten Punkte entlang der spröden Nähte und in den Löchern des Zeltes. Wieder schlug Achar zu, dachte Arruf, und er hatte recht.
    Er sah nichts mehr.
    Obwohl er schreckerfüllt seine Augen aufgerissen hatte, war er blind. Sein Pfänder hatte wieder seine Augen übernommen. Aber er spürte nicht die Anwesenheit eines anderen Verstandes in seinem Kopf, merkte nichts von einem Dämon, hörte keine Stimme. Aber dann geschah etwas, womit er in seiner Panik nicht gerechnet hatte. Vor seinen Augen erschien wieder ein Bild. Nicht das Innere des alten Zeltes! Er meinte, einen grauen Himmel zu sehen, marmoriert mit schwarzen und hellen Schlieren und Adern. Blickte er in die Düsterzone?
    Ein anderes Bild:
    Er sah eine Wand aus schlackigem Gestein, staubig, mit winzigen schillernden Einschüssen. Er hörte nichts, dachte nichts, fühlte nichts und roch auch nichts. Eine Hand erschien in seinem Blickfeld. In der Hand befand sich ein Stein oder ein Splitter. Mit diesem Gegenstand ritzte der Fremde, der Pfänder, Buchstaben in die Schlackenwand.
    Gib – las Luxon erstaunt – mir – ein – Zeichen .
    Sofort riß diese kaum vorstellbare Szene ab. Es war, als habe Achar seine Hand dazwischen gehalten. Luxon sah aus der Dunkelheit wieder die inzwischen tröstlich-vertrauten roten Pünktchen. Der dritte Schock und die Müdigkeit, seine wirbelnden Gedanken – alles überfiel ihn plötzlich und warf ihn in einen unruhigen, von schlimmen Träumen erfüllten Schlaf.

3.
    Neben Necron lehnte plötzlich Hrobon an der Zinne des Yarls. Necron der seit dem Moment verwirrt war, in dem er gemerkt hatte, daß ein anderer durch seine Augen hindurchblickte, starrte schweigend hinaus in die veränderliche Welt der Düsterzone. Schließlich wandte er sich an den Heymal.
    »Du würdest mich noch immer mit größtem

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