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An den Ufern des goldenen Flusses (German Edition)

An den Ufern des goldenen Flusses (German Edition)

Titel: An den Ufern des goldenen Flusses (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Beto
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greise Haupt geschüttelt und gesagt: Tünkram .
    Leise ging die Tür auf. Erfreut sah sie Reinmar eintreten. Er stellte ein Tablett auf ihren Nachttisch und setzte sich zu ihr auf die Bettkante.
    Janna war nicht danach, um den heißen Brei zu reden. «Dass wir die Hochzeit verschieben müssen, tut mir leid. Hoffentlich werden sich die Leute nicht das Maul zerreißen.»
    «Deine Gesundheit ist wichtiger. Und ein bisschen gossip , wie die Engländer sagen, stört uns doch nicht, im Gegenteil, je länger wir warten, umso stärker wird das Interesse angeheizt. Und umso prächtiger richten wir dann unsere Hochzeit unter freiem Himmel aus. Mit indianischer Folklore, wie wäre das?»
    Sie kicherte. «Frau Wellhorn wird in Ohnmacht fallen!»
    «Ein Grund mehr, es so zu machen. Was hältst du also vom Jahresende?»
    Das war noch lange hin. Ein Entgegenkommen, damit sie zu sich selbst finden konnte. Dafür war sie ihm dankbar. «Es klingt gut.»
    «Die halbe Stadt wird auf den Beinen sein, um einen Blick auf das Spektakel zu ergattern. Bis dahin bist du längst wieder auf dem Damm. Und jetzt trink einen Schluck Kakao.»
    Der Gedanke, für ein paar Tage Stadtgespräch zu sein, war durchaus reizvoll. Nach all den Abenteuern sollte das Leben ja nicht langweilig werden. Gehorsam setzte sie sich auf und nahm die Tasse entgegen. Kakao war eine leckere Sache, aber mit Milch und Zucker angerührt? So hatte sie ihn zuletzt als Kind getrunken. Sie nahm einen Schluck und stellte fest, dass ihr die Süße gefiel. Auf die Banane hatte sie jedoch keinen Appetit.
    «Na, zwei, drei Häppchen wirst du doch schaffen, hm?» Er setzte eine vergnügte Miene auf, während er die Frucht schälte. Nicht so wie Arturo – der hätte sie ihr in den Schoß geworfen, dazu ein geschnauztes Iss schon, Mädchen!.
    «Später vielleicht.»
    «Also gut», er legte die Banane beiseite und ergriff Jannas Hand. «Probieren wir etwas anderes.»
    Er hob ihre Hand und küsste die Innenseite ihres Handgelenks. Sanft glitten seine Lippen ihren Arm entlang und verweilten in ihrer Ellbogenbeuge. Es wollte kein Prickeln auslösen wie früher, wenn er sie berührt hatte. Es kitzelte nur. Was stimmte nicht mit ihr? Sie reckte sich nach seinem Mund, und er küsste sie erst sanft, dann ungestüm. Das beherrschte er wunderbar. Nicht dass sie imstande war, Vergleiche heranzuziehen, dennoch – eine Frau spürte das. Ebenso ungestüm erwiderte sie den Kuss. Seiner frechen Zungenspitze Zugang zu gewähren, musste sie sich jedoch zwingen. Die fühlte sich wie ein Fremdkörper an, und sie wollte sie zurückschieben. Doch das stachelte Reinmar an. Abrupt riss sie sich los und presste sich tief in die Kissen.
    «Verzeih.» Er richtete sich auf und prüfte verlegen den Sitz seines Stehkragens und der Schleife des fest darum geschlungenen Halstuchs. «Ich wollte dich nicht überfallen.»
    «Es war schön.»
    Sie wusste, dass sie log. Sie wusste, dass ihr irgendetwas zu entgleiten drohte.
    «Schlaf gut, Liebste», er ergriff ihre Hand und führte sie an die Lippen. Dann schenkte er ihr noch ein Augenzwinkern, das ihr schlechtes Gewissen vergrößerte, und verließ den Raum. Janna warf die Decke über sich und zog sie auch nicht weg, als sie nach drei Atemzügen zu ersticken glaubte.
    Arturo, Arturo, Arturo … Sie bekam ihn nicht aus dem Kopf. Nicht sein Indigohaar, nicht seinen düsteren Blick, nicht seine schön geschwungenen Lippen und Züge, die so anders als Reinmars kantige waren und dennoch erschreckend männlich. Arturos Bild hatte sich in ihre Seele gebrannt und etwas zuvor Wunderbares zerstört. Die Erkenntnis wollte sie schier in Panik versetzen. Sie heulte in die Decke und hoffte, dass niemand es hörte. Irgendwie musste sie dieses Sehnen aus sich herausreißen, bevor es noch mehr Schaden anrichtete. Wenn sie nur wüsste, wie das ging.

2. Kapitel
    Die Villa mit ihren beiden Etagen und den mehr als zwanzig Zimmern war viel zu groß. In den meisten Räumen waren die Möbel unter Leintüchern begraben. Das wird ja nicht ewig so bleiben , hatte Ana, die Köchin mit dem ewig gleichen mürrischen Gesicht, gemeint. Da gehören Kinder her, ein halbes Dutzend . Janna versuchte sich mit dem Gedanken zu trösten, dass dann alles so werden würde wie einstmals erhofft. Die bunt getünchten oder mit Blütenmustern tapezierten Wände, die in strahlendem Weiß lackierten Fensterrahmen, das warme, leuchtende Brasilholz der Böden und die geschmackvollen englischen Möbel machten es

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