Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
An diesem einen Punkt der Welt - Roman

An diesem einen Punkt der Welt - Roman

Titel: An diesem einen Punkt der Welt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brita Steinwendtner
Vom Netzwerk:
Anerkennung, konnte nicht bewundern. Vor allem, wenn er übermüdet war, war er so. Sonst war er anregend, angenehm selbstbewusst und sehr nett .
    Da ging sie zwischen diesen beiden Männern und er wusste nichts von ihr. Nur, dass sich etwas wegschlich von ihm, etwas Weiches, Warmes, und leichtes Frösteln zurückließ.
    Lass das Grübeln. Geh ihnen nach.
    Im überfüllten Seegasthof warteten sie lange auf die bestellten Saiblinge. Aber der Weißwein war gut gekühlt. Sie redeten vom Tag und führten nette Gespräche.
    War ein netter Tag.
    *
    Zwei Tage später bei Parmenides: Ich versteh deine apokalyptische Bewegtheit nicht, sagte er zu Tom. Wir sind vor das Haus gegangen, die Sonnenkorona war schön, am Waldrand oben lärmten einige Jugendliche und die Maurer, die das vordere Hauseck ausbessern, haben nicht einmal richtig mit ihrer Arbeit aufgehört, als es finster wurde.

16
    Die Zeit, die flüchtige Geiß.
    Die Jahrtausendwende lag mehr als ein Jahr zurück.
    Die Welt war nicht untergegangen.
    Die globalen Computernetze waren nicht zusammengebrochen.
    Die großen Weltentwürfe waren überholt und vergessen.
    Es war nichts.
    Es war nur ein Augenblick, den sich der Mensch selbst er-zählt hat.
    Im Lamanderhaus war es still.
    Tief verschneit der Wald über der Uferböschung. Im Garten formten die wilden Ranken der Brombeeren ebenmäßige Bögen, durch die ein Kind aufrecht hätte laufen können. Die Blätter immer noch dunkelgrün, sie gaben dem Weiß den Kontrast. Feiner Schnee rieselte zu Boden, wenn eine Amsel von der Schaukel des Nussbaums aufflog. Aus dem ersten Stock fiel Licht auf die beiden hohen Uferfichten, sie glänzten wie bizarre Leuchtspieße. Sturm und Schneedruck hatten ihre Zweige senkrecht an die Stämme gepresst und das kurze Tauwetter danach hatte sie mit Hunderten winzigen Eiszapfen geschmückt und sie in ein bewegtes Funkelspiel verwandelt, das Elisa nicht müde wurde zu betrachten. In den Zimmern knisterte das Holz in den Öfen. Gemütlich war es dennoch nicht. Die Zentralheizung war kaputt, die dicken, feuchten Steinmauern fraßen die Wärme.
    Elisa war alleine im Haus.
    Tom war unterwegs.
    Manches hatte sich geändert in den Jahren, seit Elisa hier eingezogen war. Als sich das große Fest des Anfangs erschöpft hatte, blieb der Lamandergrund zwar immer noch ein Mythos, Tom die zentrale Figur für Trost, Widerstand und die Utopie einer romantisch-poetischen Existenz und Elisa die Tatkräftige, die alles zusammenhielt. Nuancen jedoch hatten sich verschoben. Elisa hatte auf viel verzichtet, als sie in der Reiseagentur gekündigt hatte. Sie kam von den Zentren der Welt in das Dorf zurück und tauschte internationale Beweglichkeit, die ihr viel Selbstbewusstsein gab, gegen die Statik eines Kanzleitisches. Tom hingegen wurde von einer privaten Person zu einer geschätzten öffentlichen. Elisa hatte abends oft Sehnsucht nach Unterhaltung, Ausgehen oder Kino. Tom hatte genug vom Draußen, wollte allein sein mit ihr, sich in sein Bücherlabyrinth vergraben oder Dylan proben in seinem Zimmer. Elisa arbeitete mit Testamentsakten Verstorbener. Tom mit vielen Menschen, die ihn brauchten und ihn als Hoffnungsträger sahen. Er war gut geschult worden in der Comunità . Gerechtigkeit schaffen. Erbarmen haben. Eine religiöse Empfänglichkeit lässt sich nicht so leicht abschütteln. Er war schon Ministrant gewesen. Er hob immer noch die vierarmige Glocke vom Altarteppich auf und läutete zur Wandlung.
    Von Zeit zu Zeit ging er zur goldbraunen Maria mit der Traube in der Rechten. Der Kreuzgang war menschenleer und zugig, wie immer. Allein stand Maria da, unbeachtet. Tom schaute sie gerne an, diese mädchenhafte junge Frau zwischen Bäuerin und Adelsfrau, etwas gelangweilt sah sie auf ihn nieder. Er erwartete nichts, sie erwartete nichts. Forderte nichts. Es war nicht geboten, sie zu lieben, wie damals Jesus Christus in der barca .
    Durch den tiefen Neuschnee stapfte Tom nach Hause. Er war mutlos. Nicht alle seine Vorhaben gelangen, es gab Enttäuschungen. Seine Versuche, Professor X. oder KaO Richter ihrer Ämter zu entheben, hatten bisher keinen Erfolg. Er ging im Kreis, er musste sein Leben ändern. Im Dorf war Heimeligkeit, immer haben Schnee und frühe Lichter in den Häusern dieses Gefühl in ihm geweckt. Es war still. Die letzten Einkäufe waren gemacht, die Garagentore geschlossen, es gab wohl schon Abendbrot.
    Im Lamanderhaus war es dunkel.
    Am Küchentisch lag ein Zettel von Elisa.
    Sie sei mit

Weitere Kostenlose Bücher