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An einem Tag im Winter

An einem Tag im Winter

Titel: An einem Tag im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Missbilligung kann ich ertragen, aber das nicht.«
    Der Kellner kam, um ihre Bestellungen entgegenzunehmen, und die beiden Brüder berieten sich, über die Weinkarte gebeugt. Devlin Pharoah war schmaler und kleiner als sein älterer Bruder, die spitz gewölbten Brauen und die schlaffen Lider über den dunklen Augen verliehen ihm das Aussehen eines freundlichen Dämons, fand India.
    Nachdem ein leichter Rotwein bestellt und der Kellner gegangen war, sagte Marcus zu seinem Bruder: »Es wundert mich, dass Louise dir überhaupt erlaubt hat, mit mir auszugehen.«
    Â»Ich habe strenge Anweisungen.«
    Â»Welcher Art?«
    Â»Dich zur Vernunft zu bringen, natürlich.« Devlin wedelte wegwerfend mit der Hand. »Keine Sorge, ich habe nicht vor, es zu versuchen.«
    Â»Hat Alison mit dir gesprochen?«
    Â»Mit Louise. Die beiden sind unzertrennlich, das weißt du ja.«
    Â»Sie würde mich doch nicht einmal zurücknehmen, wenn ich vor ihr auf die Knie fallen und betteln würde. Was ich ganz sicher nicht tun werde. Wieso interessiert sie es dann noch, mit wem ich verkehre?«
    Devlin sagte ruhig: »Sie fühlt sich gedemütigt.«
    Pharoah prustete zornig und sah weg. Devlin wandte sich India zu und lächelte entschuldigend. »Ich bedauere es, dieses Gespräch in Ihrem Beisein führen zu müssen, Miss Mayhew. Aber Marcus ist schwer zu erwischen.«
    Â»Es liegt mir fern«, sagte India, »jemanden zu verärgern. Oder zu demütigen.«
    Â»Das glaube ich Ihnen.«
    Â»Wir haben einfach Spaß miteinander.«
    Devlins Augen glitzerten amüsiert. »Vielleicht ist es genau das, was die Leute ärgert. Es ist doch typisch für uns Engländer, dass wir anderen ihren Spaß nicht lassen können. Das ist das Puritanische an uns.«
    Â»Ich finde es ziemlich ironisch, Devlin«, bemerkte Marcus, »dass ausgerechnet du mir Moral predigen willst.«
    Â»Wie ich schon sagte, ich bin nur der Bote. Der warnende Merkur.«
    Â»Danke, aber die Botschaft ist längst angekommen. Hier sind mindestens fünf oder sechs Leute im Raum, von denen ich sagen würde, dass ich ganz gut mit ihnen bekannt bin, aber sie haben mich kaum gegrüßt.«
    Â»Du musst tun, was du für richtig hältst. Doch das hat natürlich seinen Preis.«
    Â»Den ich gern bezahle.« Marcus neigte sich über den Tisch und ergriff Indias Hand.
    Â»Hauptsache, du bist dir sicher.«
    Â»Das bin ich. Was macht eigentlich dein Sohn?«
    Devlin schien nichts gegen den Themawechsel zu haben. »Nur Dummheiten«, sagte er mit saurer Miene. »Die Schule will ihn nächstes Jahr nicht wieder aufnehmen.«
    Â»Wieso? Was ist denn passiert?«
    Â»Ach, irgendeine blöde Geschichte mit einem Mädchen. Ich habe schon etwas in Schottland gefunden, wo sie ihn nehmen. Mitten in der Wildnis, also fern aller Versuchung.«
    Â»Und was meint Rufus dazu?«
    Â»Er weigert sich, da hinzugehen. Aber ich habe ihm gesagt, entweder das, oder er fängt bei mir im Geschäft an.«
    Â»Und?«
    Devlin schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. Wir reden nicht miteinander. Er ist jede Nacht unterwegs. Weiß der Himmel, wo er sich rumtreibt. Ich habe ihm das Taschengeld gestrichen, vielleicht bringt ihn das zur Vernunft. Und wie geht es Rowena?«
    Â»Sie macht sich wirklich gut. Hat sogar einen Preis für ihre Malerei bekommen.«
    Â»Alle Achtung.«
    Â»Ich bekomme sie nicht zu sehen. Nur Briefe und Telefonate.« Pharoahs Blick schien nach innen gekehrt. »Alison macht es mir so schwer wie möglich.«
    Â»Ich hab dir ja gesagt, das ist der Preis«, brummte Devlin leise.
    Â»Noch zwei Jahre, dann kann Rowena tun, was sie will. Sie und Alison sind ohnehin wie Hund und Katze. Streiten sich bis aufs Messer.«
    Auf der Rückfahrt im Taxi saßen sie schweigend nebeneinander, India den Kopf an Marcus’ Schulter, er seinen Arm um ihre Schultern gelegt.
    Â»Vielleicht ist es besser, wir sehen uns nicht mehr«, sagte sie.
    Â»Nein.« Seine Hand, die ihr Haar gestreichelt hatte, hielt inne.
    Â»Vorläufig wenigstens.«
    Â»Nur weil irgendwelche Spießer sich die Mäuler zerreißen?«
    Â»Weil deine Frau dich deine Tochter nicht sehen lässt.« Sie setzte sich auf und zog ihr Kleid gerade.
    Â»Es würde nichts ändern, wenn wir uns nicht mehr sähen. Alison würde mir Rowena trotzdem vorenthalten. Sie will

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