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An einem Tag im Winter

An einem Tag im Winter

Titel: An einem Tag im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Freunde haben mir zugehört, wenn ich zu viel getrunken hatte, sonst habe ich praktisch mit niemandem darüber gesprochen. Und soll ich dir was sagen? Sehr bald war es beinahe so, als wäre es nie geschehen. Als wäre es nur ein böser Traum gewesen.«
    India schob ihre Hand über das Sofa und schloss sie um die seine. Sie spürte ihre Wärme und zum ersten Mal ein zartes Gefühl von Verbundenheit.
    Â»Tut mir leid wegen heute Abend.« Er hob ihre Hand und küsste sie. »Ich hätte dich in Ruhe lassen sollen, so schlecht gelaunt, wie ich bin. Ich habe Alison nie geliebt, das wusste ich schon, als ich sie geheiratet habe. Sie war sehr schön – ist es immer noch –, und ich fand sie unglaublich anziehend, aber geliebt habe ich sie nie. Ich habe sie aus verschiedenen Gründen geheiratet, aus guten und aus schlechten. Damals habe ich geglaubt, ich wäre nicht mehr fähig zu lieben. Aber die anderen Freuden, die eine Ehe mit sich bringen kann, wollte ich mir trotzdem nicht entgehen lassen – ein Zuhause, eine Familie. Ich habe nie gern allein gelebt, dazu bin ich einfach nicht geschaffen, und der Gedanke, mein Leben als Junggeselle verbringen zu müssen, war mir unerträglich. Ich verurteile mich nicht dafür, ich finde nicht, dass es unrecht war, einen Schlussstrich zu ziehen und neu anzufangen. Was denkst du?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Welches waren die schlechten Gründe?«
    Â»Geld natürlich.« Er lächelte bitter. »Geld und Macht – beides ist untrennbar verbunden. Alison kam aus reichem Haus. Ich hatte inzwischen gemerkt, was man mit Geld erreichen kann. Und das, wovon ich einmal geglaubt hatte, es würde mich befriedigen – eine Position an einer angesehenen Universität und die nötigen Mittel, um meiner Forschungsarbeit nachzugehen –, war nicht mehr genug. Ich wollte mehr. Ich brauchte Alisons Geld, um mir meine Zukunft zu erschließen. Die Josephs sind eine alte Bankiersfamilie, und sie verfügten über die gesellschaftlichen Beziehungen, die meinen Eltern fehlten. Mir war inzwischen klar geworden, dass man mit Begabung und harter Arbeit über einen gewissen Punkt nicht hinausgelangt. Man könnte sagen, dass ich Alison geheiratet habe, um Gildersleve Hall zu bekommen.«
    Â»Warum lässt sie sich von dir scheiden?«
    Â»Weil ich sie betrogen habe. Möchtest du die hässlichen Details wissen? Ich habe sie mehrmals betrogen, das gebe ich zu. Das erste Mal während des Krieges. Alison und Rowena lebten während der Kriegsjahre oben im Lake District, im Haus von Alisons Eltern, und ich habe es allein nicht ausgehalten. Danach gab’s noch einige Affären, eine vor zwei Jahren, von der Alison erfahren hat.«
    Â»Weiß sie von uns?«
    Â»Nicht dass ich wüsste, aber wenn, würde es keinen Unterschied machen. Sie hat sich entschieden. Alison kann absolut kompromisslos sein. So war sie immer schon.«
    Â»Du kannst es ihr nicht übel nehmen, Marcus.«
    Â»Nein.« Er strich sich mit einer Hand über die Augen. »Aber ihr hat es ganz gut gefallen, die Frau von Marcus Pharoah zu sein. Sie hat selbst einen Liebhaber, so einen Bankmenschen aus der City, den sie bei der Jagd kennengelernt hat. Ich wollte ihr eigentlich ein bisschen die Hölle heiß machen und den Kerl bei der Scheidung angeben, aber mein Anwalt hat mir davon abgeraten. Außerdem geht es ja auch um Rowena …«
    Sie drehte sich zur Seite, um ihn ansehen zu können. »Was willst du jetzt tun?«
    Â»Versuchen zu verhindern, dass sie meine Tochter gegen mich aufhetzt. Und ich werde um Gildersleve kämpfen.« Er runzelte die Stirn. »Es gibt Ereignisse, die erscheinen einem höchst unglücklich, aber wenn man sich nicht von ihnen beherrschen lässt, sondern den Stier bei den Hörnern packt, kann man durchaus die Oberhand gewinnen.«
    Â»Das nenne ich Selbstvertrauen.« Ihr Ton klang leicht spöttisch. »Die meisten von uns stolpern von einer Katastrophe in die andere, aber du hast offenbar immer alles im Griff.«
    Â»Ach, ich glaube, du verstehst auch ganz gut, die Dinge zu drehen, wie du sie brauchst, India. Du weißt genau, wen oder was du wie nehmen musst. Intelligente Frauen wissen das immer.« Er nahm sie in die Arme, hob sie hoch und setzte sie auf seinen Schoß. »Entschuldige, das hat ziemlich bitter geklungen. Genau das wollte ich

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