An einem Tag im Winter
eigentlich vermeiden. Das Ganze ist doch immerhin eine Befreiung.«
»Für wen?«
»Für uns beide. Wir brauchen uns nicht mehr zu verstecken. Vielleicht zeige ich dich jetzt überall herum.«
»Warum?«, fragte sie kühl. »Aus Rache?«
»Nein, das wäre billig von mir.« Er strich ihr das Haar aus der Stirn.
»Natürlich. Die Billige bin ja ich.«
»Du? Nein, ganz sicher nicht.«
Seine Stimme hatte etwas Leidenschaftliches bekommen, und während er mit den Lippen zart ihren Hals liebkoste, zog er den ReiÃverschluss ihres Kleides auf. Sie schloss die Augen und seufzte leise, als er seine Hand über ihren Rücken gleiten lieÃ. Er küsste sie von Neuem, dann schob er zuerst die Ãrmel ihres Kleides von ihren Schultern, danach die Träger ihres Unterrocks. »Nein, ganz sicher nicht«, murmelte er. »Im Gegenteil, India, ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass du ziemlich teuer werden würdest.«
Riley und Ellen hatten sich nach dem unglückseligen Abend, an dem sie ihm von ihrer Liebe zu Alec erzählt hatte, relativ bald wieder ausgesöhnt. Riley hatte die Initiative ergriffen und angerufen, um sich zu entschuldigen. Er wusste, dass er im Unrecht war, und Ellen, berauscht von ihrer neuen Liebe, konnte nicht nachtragend sein und hatte ihm verziehen.
Sie sahen sich nun seltener, da Ellen natürlich die meiste Zeit mit Alec verbrachte. Riley versuchte, etwas inneren Abstand zu gewinnen. Die Nachricht von ihrer Verlobung mit Alec Hunter hatte ihn wie ein körperlicher Schlag getroffen, er merkte, dass er insgeheim gehofft hatte, die Beziehung werde nicht lange dauern. Aber Ellen liebte Alec Hunter. Vergiss sie, sagte er sich. Schlag sie dir aus dem Kopf, denk an etwas anderes.
Er stürzte sich in seine Arbeit, aber auch hier erlebte er eine Enttäuschung. Die Ermittlungen in den diversen Fällen machten kaum Fortschritte. Mr. Rossiter mit den eleganten Anzügen und der goldenen Uhr war immer noch auf freiem FuÃ. Die beiden Gangster, White und Perlman, betrieben weiterhin ungehindert ihre schmutzigen Geschäfte. Und was den Tod George Clancys in dem Lagerhaus in der Great Dover Street anging, so hielten jene seiner Kollegen, die noch mit dem Fall befasst waren, nicht mit ihrer Meinung hinter dem Berg, dass sie nach beinahe sechs Monaten in einer Sackgasse steckten.
Riley lieà dennoch nicht locker in seinem Bemühen, neue Fakten und Verbindungen aufzudecken. Clancy war weder ein bedeutender noch ein bewundernswerter Mensch gewesen, aber nichts, was über ihn bekannt war, lieà auch nur vermuten, dass er einen so grausamen Tod verdient hatte. Das Lagerhaus selbst gab es nicht mehr. Es war abgerissen und das Grundstück zum Neubau von Wohn- und Bürohäusern geräumt worden. Es war Eigentum einer Immobiliengesellschaft, zu deren Geschäftsleitung David Rossiter gehörte, doch auch der Name des Gangsters Bernie Perlman erschien auf der Eigentumsurkunde.
Eines Abends saà Riley an der Bar des Blue Duck in Mayfair bei einem Whisky und sah einer mageren Brünetten in Federn und Pailletten zu, die sich zur Musik einer Dreimannkapelle im Scheinwerferlicht wand. Die üblichen Gäste des Nachtklubs, Geschäftsleute und Schauspieler, deren Ruhm im Schwinden war, dazu dieser oder jener Parlamentsabgeordnete, kamen und gingen. Zwei weitere Abende verstrichen, ohne dass Bernie Perlman sich blicken lieÃ; zwei weitere Abende, die bei Riley Kopfschmerzen vom billigen Whisky hervorriefen sowie eine Abneigung gegen das Lied »Blue Velvet«, die Starnummer der mageren Brünetten. Vielleicht war Perlman in Urlaub gefahren und lag irgendwo an einem fernen Strand in der Sonne. Vielleicht hatte sein verbrecherischer Lebenswandel ihn eingeholt und er trieb mit einbetonierten FüÃen im Fluss, wo die Fische, die es schafften, in der braunen Giftbrühe der Themse zu überleben, an seinem feisten kleinen Leichnam nagten.
Am Samstagabend herrschte im Blue Duck Hochbetrieb. Riley setzte sich an eine schummerige Ecke des Tresens, von wo aus er einen guten Ãberblick hatte. Er unterhielt sich mit einer resoluten, spritzigen Frau in einem glänzenden roten Kleid, die ihm von ihren Frisiersalons und ihrer schlechten Ehe erzählte. Als sie sich nach einer Weile verabschiedete, begannen Rileys Gedanken zu wandern und landeten, wie so oft, bei Ellen.
Seit ihrer Schottlandreise war Riley ihre leicht
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