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An Paris hat niemand gedacht

An Paris hat niemand gedacht

Titel: An Paris hat niemand gedacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Peters
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›Gegen 15.30 Uhr: Gang zur Ruhestätte und Beisetzung im Anschluss‹.«
    »Dann los.«

    Sie waren länger unterwegs gewesen als geplant.
    »Wir gehen zu dieser Beerdigung«, hatte Greta unvermittelt beim Nachtisch gesagt. Eine Tonlage zwischen Frage und Feststellung, und Marta war froh gewesen, dass sie noch an einem zuckrigen Blätterteig-Gebäck zu kauen hatte und einige Sekunden Aufschub gewann.
    »Sieht so aus. Wie kommst du hin?«
    »Mit dem Auto.«
    »Ist eine weite Strecke.«
    »Vier Stunden, maximal fünf. Ich habe lieber meinen Wagen dabei. Für alle Fälle.«
    »Verstehe ich. Was fährst du?«
    »Einen Z4.«
    »Nettes Auto. Mein Saab ist zurzeit leider ohne mich in Frankreich unterwegs.«

    Greta zögerte, nahm einen Schluck Wein und verschaffte sich ihrerseits Zeit, die Frage so lässig wie möglich klingen zu lassen.
    »Ist das eine Vorlage für mich, dich zum Mitfahren einzuladen?«
    Die nervös mit dem Löffel spielende Hand verriet sie, und Marta sagte: »Hast du einen Platz frei?«
    »Klar.«
    »Wo ist dein Hotel?«
    Greta versuchte, das Strahlen wieder aus ihrem Gesicht zu nehmen, ihre Finger schlossen sich fest um den Löffel, ein Restlächeln blieb.
    »Am Alexanderplatz. Das Hochhaus, auf dem die riesige Leuchtreklame prangt; ich vergesse immer den Namen.«
    »Wann soll ich dort sein?«
    »Halb acht müsste reichen. Aber ich kann bei dir vorbeikommen. Das ist einfacher.«
    Marta nannte ihre Adresse und verzichtete darauf, sich zu wundern, warum Greta weder Straße noch Hausnummer notierte.
    Am Morgen sah Marta vom Küchenfenster aus den silbergrauen Wagen vorsichtig in eine Parklücke steuern und wählte Gretas Handynummer, um mit der Information, dass sie bereits unterwegs sei, Gretas Erscheinen an ihrer Wohnungstür zuvorzukommen. Als sie an die Beifahrertür klopfte, stieg Greta aus, kam zu ihr herüber und hielt den Schlüssel hoch. »Willst du fahren?« Marta nahm dankbar an und fragte sich, welches Adjektiv wohl angebracht wäre: berechnend, gedankenlos, aufmerksam, unbekümmert, durchtrieben, freundlich? Oder gar keines. Jedenfalls hatte Greta, bewusst oder unbewusst, die Wiederholung einer Szene vermieden, an die wohl keine von ihnen gerne
zurückdachte. Als Marta sich in den Ledersitz sinken ließ und das Armaturenbrett betrachtete, pfiff sie durch die Vorderzähne, was Greta derart mit kindischer Freude erfüllte, dass Marta es augenblicklich bereute.
    »Ein Sportgerät mit der Ausstrahlung eines Juwels«, rief Greta feierlich aus.
    »Wie bitte?«
    »Steht im Werbeprospekt.«
    »Aha.«
    »Klingt bescheuert, oder?«
    »Ziemlich.«
    »Es ist ein Dienstwagen.«
    »Ja, dann.«
    Sie schwiegen bis zur Autobahnauffahrt. Als Marta den Wagen auf der Überholspur in wenigen Sekunden auf eine Geschwindigkeit beschleunigte, die sie mühelos an sämtlichen anderen Fahrzeugen vorbeigleiten ließ, konnte sie nicht umhin, einen Laut der Begeisterung von sich zu geben, den Greta sofort aufgriff.
    »Fährt sich gut?«
    »Kann man sagen!«
    Greta lehnte sich zufrieden zurück, und Marta vermied es, den Blick von der Straße zu nehmen.
    Zum ersten Mal ist dieses Angeberauto wirklich mal zu etwas nutze, dachte Greta und beobachtete ihre Tochter von der Seite. Ohne zu zögern, hatte sie das Angebot zu fahren angenommen und war souverän durch die Stadt gesteuert, als ob sie in ihrem eigenen Wagen säße. Marta fuhr viel schneller, als Greta es gewagt hätte, aber sie dachte nicht daran, Angst aufkommen zu lassen. Ihnen würde nichts passieren. Und wenn schon.
    Greta kramte im Handschuhfach, zog eine Pappschachtel Aspirin
Direkt hervor und drückte eine Tablette aus der Folie. Marta grinste. »Kater?«
    »Wir waren ganz schön betrunken.«
    »Ein oder zwei Raki zu viel.«
    »Mindestens. Willst du auch eine?«
    Marta nickte, und Greta hielt ihr die Packung hin. »Moment.« Ein Lastwagen scherte vor ihnen aus, Marta bremste ab und tastete seitwärts. »Ich mach schon.« Greta drückte eine weitere Tablette heraus, bewegte ihre Hand in Richtung von Martas Mund, die heftig zurückwich.
    »Entschuldige!«
    »Kein Grund, sich zu entschuldigen. Gib sie mir einfach in die Hand.«
    Greta hatte nicht gedacht, alles sei gut, als sie nachts in ihrem Hotelzimmer aufs Bett gefallen war, aber einen Anfang, den hatte sie gesehen und war glücklich gewesen wie schon lange nicht mehr. Möglicherweise war der Grund für diesen Zustand in einer Überdosis Anisschnaps zu finden. Was sie jetzt sah, war, dass eine wesentlich

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