Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
An und für dich

An und für dich

Titel: An und für dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Griffin
Vom Netzwerk:
ich umarme dich«, sagte er, »mit zwölf. Und neun. Und sieben. Ich umarme dich mit fünf und mit drei.«
    »Küss mich mit dreiunddreißig«, murmelte sie an seinem Hals, »küss mich. Jetzt.«
23
    Jess starrte auf den Bildschirm. Es fühlte sich komisch an, endlich wieder davor zu sitzen und zu arbeiten. Als sie Conor angelogen und behauptet hatte, sie würde etwas für die Wicklow People schreiben, war ihr die Idee gekommen, wirklich dort anzurufen, und zu ihrer Überraschung hatte sie auch einen Auftrag bekommen.
    Zuerst hatte sie die vielen Vorteile von Zierkissen beschrieben, dann über die aufregende Neuigkeit berichtet, dass es eine neue Müllabfuhr mit Firmensitz in Kilcoole gab. Aber wenigstens musste sie sich nicht mit Miles herumstreiten, und außerdem wurde sie bezahlt.
    »Wicklow People. Version 1«, tippte sie. »31. Juli.«
    Ihre Finger verharrten über der Tastatur. 31. Juli. Genau heute vor acht Jahren hatte sie erfahren, dass sie mit den Zwillingen schwanger war.
    Es gab zwei Arten von Männern, die mit jemandem wie Jess ausgehen wollten. Die einen wollten sie, weil sie in ihr ein makelloses Designerstück sahen. Wie eine Stereoanlage von Bang & Olufsen oder eine Espressomaschine von Gaggia oder ein Porsche Boxter.
    Sobald sie sie besaßen, wurde ihnen klar, dass Jess auch Schwächen hatte. Dann wurden sie wütend, als hätte sie ihnen vorgespielt, jemand zu sein, der sie gar nicht war.
    Die anderen himmelten sie übertrieben an. Wenn sie endlich den Mut gefasst hatten, sie zu fragen, ob sie mit ihnen ausgehen würde, waren sie eigentlich schon längst davon überzeugt, sie würde Nein sagen. Wenn sie dann doch mit ihnen ausging, suchten sie die ganze Zeit nur nach einem Beweis dafür, dass Jess insgeheim dachte, sie wären nicht gut genug für sie. Und waren von Anfang an wütend.
    Conor war anders gewesen. Er sah einfach durch ihr Äußeres hindurch, durch diesen Look einer etwas ramponierten Miss Schweden, und erkannte, wer sie wirklich war. Er ging mit ihr um wie mit einem normalen Menschen, und mehr wollte sie nicht.
    An diesem Morgen vor acht Jahren kramte er gerade nach einem Kondom. Sie hatte ihm schlaftrunken gesagt, dass sie keins bräuchten, weil sie bald ihre Tage bekäme, aber dann wurde ihr klar, dass sie sich irrte. Sie müsste ihre Tage nicht bald bekommen, sie hätte sie schon vor vier Wochen haben sollen. Ihre Tage hatten sich schon öfter verspätet, aber nie so lange.
    Sie hatten geduscht und Sandwiches und eine Thermosflasche mit Kaffee gemacht, und dann waren sie zu St. Stephen’s Green spaziert. Unterwegs wollte Conor eine Zeitung kaufen, und als er im Kiosk war, ging Jess nach nebenan in eine Drogerie und kaufte einen Schwangerschaftstest. Später lag Conor auf der Wiese und döste, und sie ging mit dem Metallbecher der Thermosflasche auf die öffentliche Toilette, spülte den Becher sorgfältig aus und schloss sich in einer der Kabinen ein.
    Es war ein heißer Nachmittag, und das Toilettenhäuschen war voller Kinder. Ihre hohen niedlichen Stimmen wurden von den Betonwänden und dem Marmorboden zurückgeworfen, während sie darauf wartete, dass das Testergebnis vorlag.
    »Sean hat mich geschubst. Er hat gesagt, es war aus Versehen, es war aber aus Absicht.«
    »Rufus ist echt ein großer Hund.«
    »Tracey hat mir mein Eis weggenommen.«
    Jess war vierundzwanzig Jahre alt. Sie war erst seit zweieinhalb Monaten mit Conor zusammen. Sie dachte, dass sie ihn liebte, aber sie hatte ihm das noch nicht gesagt. Sie wollte die Dinge langsam angehen.
    Als sie die Augen öffnete, waren deutlich zwei blaue Striche auf dem weißen Stäbchen zu sehen. Einer für Luke und einer für Lizzie, aber das wusste sie damals noch nicht. Jess vergaß, dass sie die Dinge langsam hatte angehen wollen. Sie stürmte aus der Kabine und rannte aus dem kühlen, feuchten Toilettenhäuschen hinaus in den Sonnenschein zu Conor.
    »Mummy!«, rief ein kleines Mädchen mit zerzausten Zöpfen, als sie an ihr vorbeilief. »Die Frau hat sich gar nicht die Hände gewaschen!«
    Jess saß auf dem Sofa und schrieb an ihrem Artikel. Sie sah hoch. Ein riesiger Blumenstrauß auf Beinen öffnete die Gartenpforte und kam auf das Haus zu. Conor schenkte ihr schon seit Jahren keine Blumen mehr. Sie hasste dieses mädchenhafte Getue. Blumen waren ihrer Meinung nach am schönsten, wenn sie in der Erde wuchsen, nicht, wenn sie in einer Vase steckten. Aber die Tatsache, dass er an diesen Tag gedacht hatte, war ein Zeichen.

Weitere Kostenlose Bücher