An und für dich
Diese Blumen erinnerten sie daran, wie glücklich sie damals gewesen waren, und waren ein Versprechen, dass sie es auch wieder sein würden.
»Danke!«, flüsterte sie noch immer vor sich hin, nachdem die Lieferantin die Gartenpforte längst wieder hinter sich geschlossen hatte und losgefahren war. »Danke!«
Der Junge lag auf dem Boden, halb unter dem Tisch am Fenster. Sein Körper zuckte, und erst dachte Conor, er hätte einen epileptischen Anfall und die anderen würden ihm helfen. Dann hob Wayne Cross den Fuß und trat ihm mit voller Kraft auf die Hand.
Wayne setzte gerade an, um ein zweites Mal zuzutreten. Bevor sein Fuß jedoch Turveys Gesicht berühren konnte, hatte sich Conor schon auf ihn gestürzt und ihn an der Schulter zur Seite gerissen. Wayne verlor das Gleichgewicht und stieß hart gegen den Tisch.
Wayne Cross, schon wieder. Scheiß Wayne Cross. Turveys Hand sah rot und schmutzig aus, schien aber nicht gebrochen.
»Graham!« Conor versuchte, seinen Blick einzufangen, aber Graham sah ihn nicht an. »Geht’s dir gut? Soll sich mal jemand deine Hand ansehen?«
Turvey stand auf, griff seine Tasche und rannte aus der Tür.
»Das ist Körperverletzung!«, hörte Conor Waynes tiefe Stimme hinter sich. Er drehte sich um. Wayne saß auf dem Fußboden. Er hatte einen tiefen Riss in der Wange, wo er am Tisch entlanggeschrammt war. Sein T-Shirt hatte bereits Blutflecken, aber er sah sich zufrieden grinsend nach den anderen Schülern um.
»Das ist Körperverletzung. Mr. Fatty hat mich angegriffen. Habt ihr alle gesehen, stimmt’s?«
Brenda Toner, die Schulleiterin, stand in ihrem Büro am offenen Fenster und rauchte eine Selbstgedrehte. Ihre Haare wurden langsam grau, und sie wirkte immer nervös.
»Mr. Kelly begleitet diesen widerlichen Cross in die Notaufnahme.« Brenda schnippte die Asche auf das Fensterbrett. »Es ist echt ein Kreuz mit dem Cross.«
Sie ließ die Zigarettenkippe in einen Pappbecher fallen, wo sie mit einem Zischen erlosch.
»Wir hatten bereits eine kleine Unterhaltung, der liebe Wayne und ich. Er hat mich darüber in Kenntnis gesetzt, dass er dich verklagen will. Setz dich und erzähl mir mal alles von Anfang an.«
Also erzählte Conor ihr alles, angefangen bei dem Tag, an dem er Turvey mit blutender Nase auf dem Flur getroffen hatte. Conor sprach seinen Verdacht aus, dass Cross Turvey gezwungen hatte, ihm den Essay zu schreiben. Aber er kannte die Regeln. Das Bildungsministerium war der Meinung, solange ein Schüler noch nicht volljährig war, konnte er seinen Lehrer sogar mit einem Baseballschläger angreifen, und der durfte lediglich versuchen, Kopf und Gesicht mit den Händen zu schützen.
»Mal unter uns«, sagte Brenda, »ich bewundere dich dafür, dass du Graham helfen wolltest, aber wenn Cross dich wirklich verklagt, haben wir ein ganz schönes Problem.«
Das musste Conor erst mal verdauen. Dass er Wayne davon abgehalten hatte, Turvey zusammenzuschlagen, stellte also das Ende seiner Karriere an dieser Schule dar. Drei Monate gut bezahlte Arbeit jeden Sommer, weg. Einfach so.
»Es tut mir wirklich leid, Conor, aber ich muss dich suspendieren, bis die Sache geklärt ist.«
Er zwang sich zu einem Nicken. »Verstehe ich.«
»Schreib mir einen Bericht«, sagte sie schnell, »lass nichts aus. Mal sehen, was ich für dich tun kann. Würde Turvey deine Version bestätigen?«
»Nein, die sind beide in meiner elften Klasse am St. Peter’s. Wenn er das tut, bringt Cross ihn wahrscheinlich um.«
»Was passiert, wenn dein Chef am St. Peter’s von diesem Vorfall erfährt?«
Conor schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. Aber sicher nichts Gutes.« Er lehrte seit acht Jahren dort, war aber immer noch nicht fest angestellt, was bedeutete, dass er sich jedes Jahr wieder auf seine eigene Stelle bewerben musste.
Fünf Lehrer waren mittlerweile in den Ruhestand getreten, und andere waren an ihre Stelle gerückt, aber Conor wurde jedes Mal übergangen. Sie wollten ihn nicht fest anstellen. Der Grund lag ja auch auf der Hand. St. Peter’s war eine katholische Schule. Conor lebte mit einer Frau zusammen, ohne mit ihr verheiratet zu sein, und sie hatten auch noch zwei uneheliche Kinder. Das gefiel der Schulleitung überhaupt nicht.
Außerdem war er kein guter Lehrer. Manche Leute waren dazu geboren, anderen etwas beizubringen – er gehörte nicht dazu. Er hatte nur auf Lehramt studiert, weil seine Eltern das wollten, und hatte sich nach seinem Abschluss sofort als Journalist
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