An und für dich
beworben.
Dann, genau heute vor acht Jahren, wie ihm auf einmal einfiel, hatte Jess festgestellt, dass sie schwanger war, und im August war die Zeitung pleitegegangen. Im Frühjahr darauf stand er vor einer elften Klasse, die irgendwie seinen Spitznamen von früher herausgefunden hatte, als er selbst zur Schule gegangen war. Damals hatte er kein »Mr.« davor gehabt. Damals war es einfach nur »Fatty« gewesen.
Gegenüber vom Eingang des Parkplatzes neben der Schule parkte ein Abschleppwagen. Es war nach fünf, und nur noch ein Auto stand auf dem Platz – ein nagelneuer BMW . Auf der schwarz glänzenden Motorhaube saß ein sehr dicker Mann in der Montur eines Abschleppwagenfahrers. Er hatte einen rasierten Schädel und eine wulstige Stirn. Es war offensichtlich, dass Wayne und er im selben Genpool geschwommen waren.
»Mr. Fahey?« Er blinzelte zu Conor hinauf. »Mick Cross. Waynes Dad.«
»Nett, Sie kennenzulernen.« Conor versuchte, die Entfernung zu dem Wellblechunterstand abzuschätzen, an dem er sein Fahrrad abgestellt hatte.
»Sie scheinen ein ganz vernünftiger Kerl zu sein.« Mick Cross hob eine Hand. Neben seinem Ellbogen war ein sehr unrealistisches Tattoo von einer Tarantel. »Wäre doch schade, wenn Sie Ihren beschissenen Job hier verlieren würden, weil Sie einen wehrlosen Jungen angegriffen haben.«
Conor bewegte sich vorsichtig auf den Fahrradständer zu. Waynes Dad holte hinter seinem Rücken die andere Hand hervor. Sie hielt einen Wagenheber.
»Soll ich den hier wieder verschwinden lassen?« Er flatterte mit den Fingern in der Luft wie ein Vogel. »Drei Riesen, und Wayne wird Sie nicht verklagen. Drei Riesen und Sie behalten Ihren Job. Sagen wir: Das ist ein Angebot, das Sie nicht ablehnen können.«
Adrenalin durchflutete Conor. »Da hat wohl einer ein bisschen zu viel The Sopranos geguckt, hm?«, f ragte er über die Schulter.
Waynes Vater ließ den Wagenheber auf die Motorhaube des BMW herabsausen.
»Mögen Sie Ihr Auto?«
»Ja.« Conor hatte es fast bis zum Fahrradständer geschafft. »Klar mag ich mein Auto. Sehr sogar.«
Er hörte den Wagenheber in einen der Scheinwerfer krachen. Als er bei seinem Fahrrad war, zerbarst auch der zweite.
Er drehte sich herum. Waynes Vater stand auf einem Teppich aus Glassplittern.
»Jetzt immer noch?« Er hieb mit dem Wagenheber in die Luft.
»Ja, immer noch. Mein Auto ist übrigens ein fünfzehn Jahre alter Fiat Punto«, sagte Conor, stieg auf sein Rad und zwang seine zitternden Beine, in die Pedale zu treten. Der ehemalige Boxer und Nachtklubbesitzer von nebenan rannte auf sein Auto zu, gefolgt von zwei sehr großen Securitytypen. »Der BMW gehört dem da.«
Conor schleuderte seine Tasche auf den Tisch und warf fast eine Vase um. Im Haus war es still, und irgendetwas war an der Küche anders, aber er hatte jetzt keine Zeit, das herauszufinden. Er brauchte einen Drink. Er durchsuchte den Kühlschrank, manchmal lagen ein paar Dosen Bier im Gemüsefach. Leider war jedoch nichts als ein verschimmelter Salatkopf und eine halbe Zwiebel drin.
Er überlegte kurz, in den Küchenschränken nachzusehen, ob nicht dort zufällig noch eine halb volle Flasche Wein herumstand, aber sie tranken so gut wie nie Wein, und wenn, dann tranken sie die Flasche auch leer. Dann fiel ihm der Wodka ein. Irgendwo im Tiefkühlfach musste noch eine uralte Flasche Wodka liegen. Er war sich ganz sicher. Er wühlte in dem Fach herum und fand eine Pizza, die vor fast zwei Jahren abgelaufen war, ein einsames, zerdrücktes Kabeljaufilet, das am Eiswürfelbehälter festgefroren war, und ein halbes Magnum-Eis, das Lizzie letzten Sommer angefangen und nie aufgegessen hatte. Tiefkühlerbsen regneten auf seine Schuhe herab. Aber die Flasche war noch da. Sie war noch da.
Er zog sie heraus, und ein Schauer zermahlener Eiskristalle folgte ihr. Es waren noch etwa zwei Fingerbreit in der Flasche, gerade genug, um den Schrecken und die Angst davor etwas abzumildern, was Waynes Vater mit ihm anstellen würde, wenn er ihn erwischte.
Er streckte die Hand aus, um ein Glas aus dem Abtropfkorb zu nehmen. Normalerweise bewegten sich bei ihnen Geschirr, Töpfe und Besteck lediglich zwischen Spüle und Tisch hin und her, der Küchenschrank wurde meistens gar nicht benutzt. Zum ersten Mal war der Abtropfkorb jedoch nicht nur leer, sondern strahlte auch noch, als hätte ihn jemand gescheuert. Conor sah sich um.
Kein Fleck auf dem Herd. Die Bücherstapel und Spielzeugberge, die unter dem Tisch
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