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Analog 07

Analog 07

Titel: Analog 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
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lernen kann, alles zu ertragen, wenn es sein muß. Bei meiner Rückkehr in den Schutzraum hatte sich der Gestank aus meinem Bewußtsein fast verzogen – hatte andere, dringendere Probleme.
    Hatte festgestellt, was das kniehohe Gras verbarg. Drei Monate eines Wisconsinschen Sommers fördern die konservierenden Methoden der Natur nicht gerade: Sonne, Regen, Insekten, Vögel, möglicherweise auch Hunde, hatten ihr Urteil gefällt über alles Weiche. Was übrigblieb, waren Skelette (meist verstreut, unvollständig, teilweise bedeckt mit halb gedörrtem Fleisch und Kleidungsstücken). Wären in einem trockenen Klima in diesem Zeitraum zweifellos vollkommen mumifiziert worden, aber die Sommer in Wisconsin sind nicht trocken. Resultat ist im günstigsten Fall unappetitlich, im schlimmsten Fall (stolperte zuerst über einen solchen in unserem Vorgarten) ein grauenhafter Schock.
    Ja, ich weiß, hätte ich vorhersehen können. Habe ich wahrscheinlich auch, auf eine distanzierte, nicht persönlich betroffene Art und Weise – rechnete aber nicht damit, gleich drei Leichen drei Meter vor der Haustür zu finden! Rechnete auch nicht damit, innerhalb von drei Minuten, nachdem ich meinen Bau verlassen hatte, meinen toten Nachbarn gegenüberzustehen. Hatte nicht mit so vielen gerechnet! Dachte, die meisten wären respektvoll im Innern der Häuser verstaut, vielleicht im Bett. Da wäre ich wahrscheinlich gewesen. Glaube ich wenigstens.
    Habe jedenfalls ersten Schock überwunden und meinen Erkundungsgang fortgesetzt. War keine systematische Erforschung, schlenderte nur durch Straßen, wohin mich meine Füße zufällig trugen. Schien auch keine Rolle zu spielen, da überall die gleichen Zustände herrschten. Warf Blicke in Häuser, Geschäfte, Autos, klopfte an Türen, brüllte herum.
    Erst als mein Zwilling seine Klauen in mich krallte, mit den Flügeln schlug und lautstark protestierte, merkte ich, daß ich blindlings dahinrannte und nach jemandem rief – nach irgend jemandem!
    Blieb dann stehen, tränenüberströmt, zitternd, keuchend (mußte wohl ein ganzes Stück gelaufen sein) und machte einen verzweifelten Versuch, wenigstens dem Anschein nach die Kontrolle über mich zurückzugewinnen. Ließ mich fallen, wo ich gerade stand, und landete im Klee. Konzentrierte meine Gedanken darauf, meinen Körper zu entspannen und physische Gelassenheit zu erreichen, hoffte, meine Psyche würde dem guten Beispiel folgen.
    Tat sie auch – wenigstens in etwa. Funktionierte jedenfalls gut genug, um einen vorsichtigen Rückzug in den Schutzraum, das vorsichtige Schließen der Tür, das vorsichtige Hinabsteigen der Treppe und das ebenfalls vorsichtige Plazieren Terrys auf seinen Stand zu ermöglichen – bevor ich einen Schreikrampf bekam.
    Verlor dabei viel von meiner aufgestauten Anspannung und amüsierte Terry großartig. Am Ende der Vorstellung wetteiferte mein Vogelbruder mit meinem Geschrei. Hysterie endete mit Gelächter. Ist zwar etwas verdreht, aber wirkungsvoll.
    Erholte mich weit genug, um obigen Tagebucheintrag zu machen. Zugegeben, gegenwärtige (therapeutische) Einträge gehen über meine Leistungsfähigkeit zu diesem Zeitpunkt, aber nachdem ich den Rest des Tages damit verbracht hatte, meine Wunden zu lecken, und nach einer Nachtruhe war ich soweit wiederhergestellt, um das Tagebuch auf aktuellen Stand zu bringen und meinen restlichen Schmerz aufs Papier zu übertragen.
    Erstaunliche Sache, die Therapie; freue mich zwar keineswegs darauf, wieder hinauszugehen, scheine jedoch das Trauma des Schocks über Leichen und die verunstaltete Stadt überwunden zu haben, kann mich der Aussicht, dem wieder ins Gesicht zu sehen, stellen. Da vorgewarnt, sollte ich in der Lage sein, mich um meine Angelegenheiten zu kümmern und wirksam zu funktionieren – unabhängig von der Umgebung.
    Wirft allerdings eine wichtige Frage auf: Was genau sind meine Angelegenheiten, Funktionen …? Wenn ich dann also draußen bin, was soll ich tun? Wohin soll ich gehen? Was soll ich tun, wenn ich da bin? Warum soll ich überhaupt gehen?
    Okay. Faire Fragen. Oberstes Ziel ist offensichtlich, jemand anders zu finden. Vorzugsweise jemanden, der schrecklich viel über Zivilisationen weiß, über deren Gründung und Erhaltung – ganz zu schweigen davon, wo man die nächste Mahlzeit hernimmt, wenn die Vorräte zur Neige gehen.
    Es gibt sicherlich andere Überlebende. Irgendwo. Muß also vernünftigen Plan aufstellen, was zu tun ist, auf der Basis logischer Auswertung

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