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Analog 08

Analog 08

Titel: Analog 08 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
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großen Pritschenwagen wegfahren. Auf der Pritsche war ein Gestell angebracht, das wie ein Pfeifenhalter aussah, und in jeder Nische stand ein neuer autonomer, intelligenter Josephson-Junction-Roboter, die sich für die Fahrt zum Distributionszentrum selbst desaktiviert hatten. Allein dieser eine Lastwagen enthielt hundert von ihnen. Hundert Stimmen, dachte Carrie sehnsüchtig, wobei sie davon ausging, daß alle im dreiundzwanzigsten Wahlbezirk bleiben würden – doch sie war nicht überrascht, als sie feststellte, daß der Kongreßabgeordnete nicht in denselben strategischen Bahnen dachte.
    Sie seufzte hingebungsvoll und sah ihm zu, wie er das tat, was sie erwartet hatte. Er hinkte die Reihe der ZIMs entlang und bedachte jeden mit einem freundlichen Wort und einem Händedruck – und bekam keine einzige Stimme dafür. Es war für einen Menschen kein angenehmer Ort – laut, grelles Licht der Schweißbrenner, heiß, staubig. Hier wurden die Körper zusammengebaut, die Gliedmaßen befestigt und die Effektormotorik eingebaut. Die wachsenden, leeren Roboterkörper glitten wie Rinderleiber in einem Schlachthof vorüber. Glücklicherweise war die Fähigkeit zur Unterhaltung bei den ZIMs begrenzt, daher befand sich der Kongreßabgeordnete bald in den neueren, saubereren Fertigungsanlagen. Hier wurden die letzten Feinheiten vorgenommen. Die leeren Schädel wurden mit den Josephson-Junction-Datenprozessoren gefüllt, die ihre „Gehirne“ waren. Die Gefriereinheiten, welche die Kryo-Circuits funktionsfähig hielten, wurden installiert, schließlich kamen die Energieeinheiten, welche Wasserstoffusionsreaktoren in einer Kammer aus Quarks von der Größe eines Fingerhuts enthielten. Hier war die Zeit des Kongreßabgeordneten nicht vergeudet. Jeder dieser Arbeiter war stimmberechtigt, ein Roboter mit Wahlrecht, so neu und beachtlich wie diejenigen, die hier hergestellt wurden. An diesem Fließband begannen die fertiggestellten Roboter sich zu bewegen und leise Laute von sich zu geben, während ihre Schaltkreise einem Qualitätstest unterzogen wurden, bis sie sich am Ende des Bandes selbst vom Kabel über ihren Köpfen lösten, beiseite traten, blinzelten und dann einen Augenblick stumm stehenblieben, während ihre inneren Scanner ihnen sagten, wer und was sie waren und warum …
    Und die Augen des Kongreßabgeordneten strahlten, als er sie wahrnahm, wie sie sich selbst zum ersten Mal wahrnahmen. Neue Wesen. Neue Wähler.
    Hier war der richtige Ort für einen Kongreßabgeordneten: ein Gruß für jeden neuen Wähler, ein Handschlag … eine Stimme. Carrie zog ihn nur ungern weiter, doch sie mußten ihren Zeitplan einhalten, und Martin sah schon sehr besorgt drein. „Oh, Carrie“, flüsterte er, als sie ihn am Ärmel zupfte. „Sie verschlingen mich förmlich. Wie die Enten in König Salomons Ring ! Ich bin das erste, das sie auf der Welt sehen, daher werden sie sich natürlich ewig an mich erinnern!“
    Er war nicht nur zufrieden, er quoll über vor Glück. Carrie hoffte, daß es das war – Glück, und nicht etwas, das Grund zur Besorgnis gab. Seine Augen waren fiebrig glänzend, und er sprach so schnell, daß er sich manchmal verhaspelte. Sie war unerbittlich, und dann, als sie im Auto saßen, weniger sicher. „Liebling“, bat sie, als Martin die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, „glaubst du, du könntest die Christvesper der Baptisten möglicherweise auslassen?“
    „Sicher nicht“, sagte er felsenfest.
    „Du solltest dich ausruhen …“
    „Bis zur Wahl dauert es nur noch eine Woche“, erklärte er, „und dann können wir uns ausruhen, so lange du willst – vielleicht sogar ein paar Tage in die Sahara zurück. Nun, was wirst du machen?“
    Sie sah ihn unsicher an. „Wann?“
    „Jetzt, während ich zu den Baptisten gehe. Es ist ein Männergottesdienst.“
    Dieses Mal erwischte er Carrie unvorbereitet. Nach Geschlechtern getrennte Ereignisse waren so selten, daß sie es in diesem Fall einfach vergessen hatte. „Martin kann mich absetzen und dich nach Hause bringen, wenn du möchtest“, schlug ihr Mann vor. „Aber das wird natürlich …“
    „Nein.“ Sie öffnete die Tür auf ihrer Seite. Dann küßte sie die warme Wange ihres Mannes – zu warm? fragte sie sich – und stieg aus. „Ich nehme ein Taxi. Fahr du nur weiter.“
    Sie sah dem Wagen ihres Mannes nach, der den Parkplatz gerade verließ, als am anderen Ende eine aus sechs Wagen bestehende Kolonne einfuhr. – Der Bürgermeister.
    Es war wie in

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